Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 19, Februar 1959

87 fl. für die Tischlerarbeiten. Beim Umbau wurde das Steinpflaster und die Marmorverkleidung entfernt. Das nunmehr vollständig ausgebaute Theater wurde zu Ehren des Fürsten Lamberg an dessen Namenstag, am 16. Mai 1796 um 5 Uhr nachmittags mit der Oper „Zigeuner" von Neefe eröffnet. Nach dem Tagebuch des Besitzers der Herrschaft Ramingdorf bei Steyr, der auch seine Theaterbesuche in Linz und Steyr von 1794—1798 aufzeichnete, war das Theater bei dieser Festaufführung zum Erdrücken voll. Zur Eröffnungsvorstellung hatte man die Gesellschaft des Prinzipals Probst berufen, der somit die Reihe der Direktoren des neuen Hauses einleitet. Das neue Stadttheater wurde von der Gemeinde an Theaterunternehmer verpachtet, die hier regelmäßig in den Wintermonaten spielten; die Spielzeit begann im Oktober, November, manchmal auch schon Ende September und dauerte bis März, April oder Mai. Auch im Sommer kehrten gelegentlich Truppen zu kurzen Gastspielen zu. Die Pächter hatten eine Kaution (bis zu 400 fl.) zu erlegen und für jede Vorstellung 5, später 4, ab 1841 2 fl., ab 1848 1 fl. Pachtzins zu leisten, der nach jeder Vorstellung abgeführt werden mußte. Außerdem hatten sie eine Tageseinnahme der Spielzeit, später 50 fl. für das Armeninstitut zu widmen und das Theatergebäude fallweise den Steyrer Dilettanten zur Verfügung zu stellen. Gepflegt wurde Schauspiel, Posse, Singspiel und Operette, gelegentlich wurden auch Opern aufgeführt. Meist wechselten die Pächter, in der Regel Direktoren von Wanderbühnen, von Jahr zu Jahr, doch wurden auch manche Direktoren in Steyr seßhaft, spielten hier jahrelang im Winter und gingen im Sommer von Steyr aus an verschiedene Sommerbühnen. Nach 1850 begannen sich immer ernstere wirtschaftliche Schwierigkeiten für das Theater zu zeigen; es ist dies eine allgemeine Erscheinung, die damit zusammenhängt, daß die Theater damals ihre bisher innegehabte Stellung als bevorzugte Stätten geselliger Unterhaltung mehr und mehr verloren. 1878/79 wird der Pachtzins aufgelassen, 1883/84 muß das Theater zum erstenmal von der Gemeinde subventioniert werden, wiederholt kann kein Unternehmer mehr gefunden werden und nur mit immer wachsenden Zuschüssen der Gemeinde der Theaterbetrieb aufrechterhalten werden. Rege Theaterbeziehungen ergaben sich naturgemäß zu Linz, wenn auch - im Gegensatz zu Wels — die Selbständigkeit des Steyrer Stadttheaters gegenüber dem Linzer Landestheater immer gewahrt blieb. Als Linz noch ein Jahrestheater mit ganzjähriger ununterbrochener Spielzeit hatte, spielten die Linzer Direktoren in den zu Erneuerungsarbeiten nötigen Spielpausen des eigenen Hauses gerne in Steyr: 1798 Dengler, 1812 Mire, der den Steyrern seine großen Linzer Opernerfolgc vorführte, 1825 Pellet, der gleichfalls mit der Linzer Oper gastierte. Häufig gaben auch Linzer Schauspieler Gastspiele in Steyr, meist zu den Benefizvorstellungen von Steyrer Kollegen. Aber auch bedeutende Gäste des Linzer Landestheaters kamen nach Steyr, so 1844 einer der gefeiertsten Schauspieler seiner Zeit, Wilhelm Kunst, der „ein Stern erster Größe am Horizont der Steyrer Theaterwelt", hier den Hamlet spielte, eine seiner großen Rollen, in der ihm Goethe den Vorrang vor allen anderen Darstellern gegeben haben soll. In den Wintern 1884/85, 1886/87, 1889/90 übernahm der Direktor des Linzer Landestheaters, Julius Laska, das Steyrer Stadttheater; die Linzer Kräfte spielten zwei- bis dreimal wöchentlich in Steyr. LaskaS Plan, Linz, Wels und Steyr als Winter- und Ischl, Gmunden und Bad Hall als Sommerbühnen dauernd zu einer Spielgemeiuschaft zu verbinden, kam jedoch nur teilweise und auf kurze Zeit zur Ausführung. Auf die künstlerische und wirtschaftliche Entwicklung des Steyrer Stadttheaters, auf die Spielplangestaltung und auf den künstlerischen Wert der einzelnen Truppen kann hier im einzelnen nicht eingegangen werden. Das Steyrer Theater unterschied sich hierin nicht wesentlich von dem allgemeinen Bild der kleinen österreichischen Provinzbühnen. Manche vielgenannte und noch mehr unbekannte Wandertruppenprinzipale haben die kleine Bühne in der Eisenstadt mit mehr oder weniger künstlerischem und wirtschaftlichem Erfolg geleitet. Mancher später bedeutende Schauspieler und 40

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