Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 19, Februar 1959

arbeiteten und diese Gesellen konnten bei den Meistern des Wiener Handwerks keine Arbeit finden. Die Steyrer wehrten sich — auch mit Hilfe der Stadt und der Landesstände gegen dieses Ansinnen der Wiener, welches ihnen großen Schaden verursachte. Das Steyrer Handwerk blieb und in Linz und Wels (1671) wurden neue Handwerke gebildet. Das Linzer Handwerk erhielt mit großen Unkosten von Kaiser Karl VI. im Jahre 1727 eine Handwerksordnung oder Freiheit, welche im Jahre 1751 von Kaiserin Maria Theresia erneuert wurde. Nun erklärte sich Linz als Haupthandwerk oder Hauptlade und die Laden in Steyr und Wels als Nebenladen. Steyr wehrte sich gegen die Beiseitestellung und gegen die Beitragsleistung für die Handwerksordnungen der Linzer. Jedoch nach einem Verhörsbescheid der K. K. Landeshauptmannschaft von Österreich ob der Enns aus dem Jahre 1761 wurde Linz zur Hauptlade und Steyr und Wels zu Nebenladen erklärt. Die Nebenladen mußten zum Hauptmittl Linz Beiträge abführen. Mit Hofdekret vom 26. 10. 1772 wurde eine für alle oberösterreichischen Werkstätten gültige Handwerksordnung veröffentlicht. 3. Der Jahrtag Der Jahrtag wurde von dem Steyrer Handwerk am Gottesleichnamstag, Corporis Christi genannt, abgehalten. Alle Meister, Gesellen und Lehrlinge mußten sich in der Frühe versammeln, der hl. Messe beiwohnen und am Umzug geschlossen teilnehmen. Die dem Handwerke einverleibten Meister vom Lande mußten seit 1675 nur alle zwei Jahre erscheinen. Nach dem Umgang versammelten sich die Meister auf der Herberge, wo in Gegenwart eines Handwerkskommissärs (einem vom Bürgermeister bestimmten Mitglied des Rates) die Handwerksbelange besprochen und durchgeführt wurden. Vor der geöffneten Handwerkslade wurde die Jahresabrechnung des Zechmeisters verlesen und geprüft. Dann mußte jeder Weißgerber seinen Jahresschilling in die Lade legen. Die Handwerkssachen wurden beraten und Streitigkeiten durch den Handwerkskommissär geschlichtet. Dann erfolgte die Aufnahme neuer Meister und das Aufdingen und der Freispruch von Lehrlingen. Schließlich wurde alle zwei Jahre ein neuer Zechmeister gewählt. Über den Verlauf der Versammlung mußte der Handwerkskommissär dem Bürgermeister schriftlichen Bericht erstatten. 4. Die Lade des Handwerks Was dem Soldaten die entfaltete Fahne, das war im Handwerk die geöffnete Handwerkslade. Sie enthielt die wichtigsten Dokumente des Handwerks und auch die Gelder, welche für Strafen, Aufnahme und Freispruch und als Jahrschilling eingezahlt wurden. Wurde bei einer Versammlung auf der Herberge die Lade geöffnet, mußte von allen Anwesenden die strengste Disziplin gewahrt werden. Deshalb wurde statt der Bezeichnung „Handwerk" oft die Bezeichnung „Lade" in den Akten genommen. Die Lade des Linzer Weißgerberhandwerks war mit drei Schlössern gesperrt; die Schlüssel hiezu hatten der Handwerkskommissär, der Ober- und der Untervorsteher. Die Lade des Steyrer Handwerkes wurde auf der Herberge verwahrt. Herbergsvater war 1659/61 Wolf Öttinger. 1668/71 war der Gastwirt Mathias Ziegler, Grünmarkt 23, Herbergsvater. 1675 zogen die Meister von der Galmpergerin mit Geigenspiel fort, 1686 sind sie bei Achaz Pleckenfürster in der Enge 31.5 5. Zechmeister und einverleibte Meister Der Zechmeister war der Leiter des Handwerks. Die Akten nennen nur wenige Namen, so 1587 Hans Oller, 1657/58 Georg Auinger, 1659 und 1664 Tobias Pitschko, 1665/66 Hans Feilmahr, 1667/68 Christoph Paurnfeind, 1669/71 Hans Felmaür, 1675 Peter Stoll, 1772 Johann Georg Huber. 12

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