Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 19, Februar 1959

(Die Weiß-Rcher oder WelUerber und Ssmischmscher von Stepr Von Oberbaurat i. N. Dipl.-Ing. B e r n b t Der Handwerkername „Jrcher" ist heute ganz unbekannt. Im Steuerbuch des Jahres 1567 finden wir nur Jrcher angeführt, deren Werkstatt ein „Gäulwerk" war. Im Steuerbuch des Jahres 1598 dagegen finden wir nur „Weißgerber", die mit einer „Walk" arbeiteten. Wann sich der erste Weißgerber in Steyr niedergelassen hat, wissen wir nicht. Die alten Lederer behaupteten 1576, daß seit Menschengedenken nur zwei Weißgerber im ganzen Land ob der Enns gewesen seien und in Steyr nur einer, welcher immer nur Weißirch und nicht Sämisch gearbeitet habe. Jetzt seien in allen Städten und Märkten gar viele, in Steyr fünf oder sechs, obwohl einer genüge. 1. Die Arbeit der Weißgerber Die Weißgerber bearbeiteten die Felle von Kleintieren, wie von Hirschen, Rehen, Gemsen, Böcken, Gaißen, Schafen, in geringen Ausmaß auch von Kalben, Kühen und Ochsen. Rach der gewöhnlichen ersten Reinigung der Felle wurden die von Kälbern und Rehen durch den Kalküscher zum Enthaaren vorbereitet; die Hammelfelle aber wurden, um die Wolle gut zu erhalten, geschwödet, d. i. nur auf der Fleischseite mit Kalk und Asche bestreut, zum Schwitzen aufeinander gelegt und aus dem Abstoßbaume geblößet, d. i. der Wolle beraubt. Nach dem Enthaaren wurden die Felle noch einige Riale gestrichen und dann mit hölzernen Stoßkeulen in der Walk gewalkt. Dann kamen sie in die Kleienbeitze, welche aus Weizenkleie, Salz und Wasser bestand, um sie völlig vom Kalk zu reinigen. Nachdem sie vorher ausgewunden wurden, kamen sie in die Alaunbrühe, die aus Alaun und Kochsalz gemacht wurde. Nachdem sie getrocknet und wieder angefeuchtet worden waren, wurden sie mit einer eisernen Scheibe geschabt, um ihnen noch mehr Geschmeidigkeit zu geben. 2. Der Kampf um's Handwerk Im Jahre 1577 befanden sich in Steyr mehr Weißgerber als an einem anderen Ort im Lande ob der Enns. Sie schlossen sich zu einer Zeche oder einem Handwerk zusammen und luden die auswärtigen Meister ein, sich ihrem Handwerk einverleiben zu lassen. Solche arbeiteten in Linz, Freistadt, Enns, Waidhofen an der Mbs, Eferding, Peurbach, Kremsmünster und Wels. Ein Handwerk mit zahlreichen Meistern konnte die Belange ihrer Arbeit viel kraftvoller vertreten. Um gute Manneszucht im Handwerk halten zu können, besorgten sich die Steyrer eine vom Rate der Stadt Breslau bestätigte Abschrift der Handwerksordnung der dortigen Weißgerber. 1587 waren in Steyr sechs Meister. Einverleibt waren aus Wels ein, Freistadt zwei, Haslach zwei, Gallneukirchen ein, Perg ein, Hofkirchen ein und Padtneukir- chen ein Meister. Doch schon im Jahre 1584 erhoben die Wiener Weißgerber Einspruch gegen dieses Handwerk und wollten das alleinige und Haupthandwerk in Österreich sein. Sie sperrten allen beim Steyrer Handwerk incorpierten Meistern die Gesindeförderung, das heißt, sie erklärten alle Gesellen für unehrlich, welche bei diesen Meistern 11

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