Damit war der Kall erledigt und es ging den Steyrern wie so manchem Kranken, der nicht recht weiß, ob ihm nun die gute Medizin geholfen oder sich die Krankheit von selbst zurückgezogen hatte. Hauptsache aber ist auf jeden Fall, man ist gesund. Im Briefpaket des Steyrer Archivs befindet sich nichts mehr, das von Morden und Brennen spräche, auch der Chronist ist endgültig zu neuen Zeitereignissen übergegangen und die Stadtväter konnten sich dem guten Gefühl hingeben, alles zum Wohle ihrer Stadt getan zu haben. Sie haben gezeigt, wie tadellos der Apparat funktionierte, den sie zu ihrer Bürger Schutz in Bewegung gesetzt hatten, wenn sie sich auch sicher nicht hatten träumen lassen, daß ihr Hilferuf als staatspolitisch wichtige Intervention in Prag landen würde — innerhalb von drei Wochen! Uns aber blieb in den Briefen des Falles Ulrich Prandtstetter ein Dokument aus der Zeit endgültig sterbenden Mittelalters. Formen aus der Zeit des Rittertums, wurden noch geübt, aber der Geist, der sie einst lebendig machte, war tot, die Menschen konnten ihnen keinen Sinn mehr geben, weil sie sie nicht mehr verstanden, sie lebten in einer neuen Zeit, die ihre Form erst finden mußte. Ein unruhestiftender Handwerker hatte Urfehde geschworen — und sie im Handumdrehen wieder gebrochen durch die Bedrohung seiner Mitbürger mit Mord und Brand. Ein straßenräuberischer Vagabund sandte seinen Feinden eine Absage auf Leib und Gut zur Wahrung seiner „Ehre" und als Rache für seinen Freund — niemand bekam ihn je zu Gesicht. Und Maximilian I., der letzte Ritter, hielt seine schützende Hand über Recht und Gesetz, damit auch die neue Zeit und ihre Menschen es klar und ohne Verwirrung erkennen konnten. Als Unterlagen dienten: Stadtarchiv Steyr Kasten II/Lade 16 (Tumulte und Aufruhr) Valentin Preuenhuber: Annales Styrenses S. 174 ff. 7
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