Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

des Landesfürsten zugunsten Steyrs entschieden wurde"). Steyr war nun unbestritten landesfürstlich privilegierte Eisenstadt. In der zweiten Amtsperiodc Flädarns, 1506, kamen die Spannungen, die zwischen den Großhändlern, die im Rate der Stadt saßen und alle wichtigen Siesten des öffentlichen Lebens besetzt hatten, und den Kleingewerbetreibenden heftig zum Ausbruch. Der Magistrat hatte verschiedene Verordnungen vorbereitet, die, auf alten Rechten und Gebräuchen basierend, die Mitwirkung der Handwerker und Krämer in der Verwaltung und im Handel verhindert hätten. Der Protest dieses Bevölkerungsteiles richtete sich vor allem gegen die Vetternwirtschaft im Rate. Eine Gruppe von Bürgern unter Führung Ulrich Prandtstetters hielt int November 1506 in dessen Haus in der Enge eine Versammlung ab, bei der nachstehende Forderungen aufgestellt wurden, die anläßlich der bevorstehenden Wahl des Magistrates der ganzen Gemeinde verlesen werden sollten: Nicht der alte Rai, sondern der neugewählte möge den Bürgermeister wählen. Die Privilegien der Stadt wären öffentlich bekannt zu machen. In den Rat wären keine Verwandten zu entsenden. Der Gemeinde solle es erlaubt sein, aus ihrer Mitte oder aus bem Rat einen Richter zu wählen. Aus dem Rat und der Gemeinde sollen zwei Personen erwählt werden, denen die Beamten Rechnung abzulegen hätten, trotz der Ansicht Bürgermeisters Flädarn, daß der Rat nicht verpflichtet sei, der Gemeinde „Raittuug zu thun" (Rechnung abzulegen)"). Der Magistrat, der von den Absichten Prandtstetters, sich an die Gemeinde zu wenden, Kenntnis erlangt hatte, schickte eine Deputation zu Kaiser Maximilian I., um ihm von der beabsichtigten Störung der Wahl Bericht zu erstatten und durch seine Intervention eine Lösung des Konfliktes herbeizuführen. Der Kaiser seinerseits beauftragte den Obersthauptmann Wolsgang von Pohlheim, den Streitfall zu untersuchen und die Widerspenstigen zu bestrafen. Pohlheim reiste nach Steyr und ordnete als erste Maßnahme die Verschiebung der Wahlen an; weiters untersagte er alle geheimen Zusammenkünfte. Nach Anhörung beider Parteien durch Pohlheim entschied der Kaiser im Februar 1507, daß den Klageführenden gewisse Zugeständnisse betreffs der Wahl in den Vertretungskörper gemacht mürben16), ihnen weiters Einsicht in die öffentliche Rechnungsführung und die kaiserlichen Erlässe gewährt werde. Versammlungen wurden an die Erlaubnis des Magistrates gebunden, und, damit nur Nützliches beschlossen werde, hätten an ihnen ein oder zwei Ratsherren teilzunehmen. Die Wahlen seien wie bisher vorzunehmen, aber zurücktretende Bürgermeister und Richter seien in den neuen Rat aufzunehmen und die Wahl müsse öffentlich bc- kanntgemacht werden. Rechnungsbücher seien im Magistrate zu führen und dem Rate und den Genannten vorzulegen. Schließlich seien Ungesetzlichkeiten sofort dem Bürgermeister mitzuteilen. Sollte der Rat versäumen, auf solche einzugehen, so könnten diese direkt dem Statthalter oder dem Kaiser vorgetragen werden. Mit dieser der Öffentlichkeit bekanntgegebenen Entscheidung schien der Streit innerhalb der Bürgerschaft ein Ende zu nehmen. Doch ging es nun um die Ent- ") Die Landesherren zogen aus Steyr, das landesfürstlich war, bedeutende Einkünfte, während Waidhofen zum Bistum Freising gehörte. — Die Waidhofener mußten alles Eisen, das sie nicht für sich oder den Bedarf einer Zone von drei Meilen um diese Stadt brauchten, aus der Enns nach Steyr führen. Aber nicht nur Eisen, sondern auch venezianische Waren, die über den eigenen Bedarf hinans- flingen, mussten während dreier Tage den Steyrern angeboten werden. ") L.V. 1, S. 174 ff. lfi) L.V. 2, S. 177, 179. „In Steyr sollen wie bisher außer dem Bürgermeister und Richter zwölf Räthe seyn, sechs von ihnen sollen jährlich austreten, sechs bleiben nach der Wahl der Bürger; dann aber soll die Gemeinde 26 Bürger auswählen, 16 aus der Stadt, 6 aus dem Steyrdorfe, 4 aus betn Ennsdorse, diese zusammen sollen, sammt den neu gewählten Räthen, dem Bürgermeister und Richter, sechs neue Räthe wählen; durch diese 12 Ratsherren und die 26 Bürger sollen' dann die 18 Genannten bestimmt werden, worunter aber die sechs austretenden Rathsmitglieder seyn müssen." 47

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