Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

Ministerialen verbrieften Freiheiten, die größer waren als die der österreichischen Dienstmannen. Sie durften z. B. Lehengrundstücke frei veräußern, itmren befreit von der Zahlung bisher nicht gebräuchlicher Abgaben, sic konnten ihren Besitz weiblichen Nachkommen erblich übertragen und sich am Hofe des Kaisers beschweren, falls der Herzog die im Georgenberger Vertrag festgelegten Rechte mißachten sollte. So wurde, um mit Hantsch zu sprechen, der Erbvertrag „eine Handfeste für die Ministerialen, die Magna Charta ihrer späteren ständischen Machtentsaltung." Diese bedeutungsvolle Urkunde im Archiv der steirischen Landesregierung ist in lateinischer Sprache abgefaßt und beginnt mit folgenden Worten: „In nomine sancte trinitatis et individue unitatis. Otakarius dux Stire omnibus fidelibus in perpetuum“. Herzog Otakar bekräftigte den Vertrag mit einem kleineren, Herzog Leopold V. mit einem größeren Siegel. Obwohl schwer leidend, wollte der steirische Herzog noch am Dritten Kreuzzug (1189—1192) teilnehmen. Er mußte aber diesen Plan aufgeben. Otakar verschied am 8. Mai 1192. Noch im gleichen Jahre belehnte Kaiser Heinrich VI. die Babenberger auf dem Wormser Reichstag mit der Steiermark. Die Residenz der Otakare auf der Styrabnrg war für die Entwicklung der Stadt Steyr von größter Bedeutung. Sie wurde dadurch zur bedeutendsten Stadt im Traungau und in der Steiermark und übernahm damit die Rolle des einstigen Ovilava in Binnennorikum. Wie das Albrechtinische Privileg vom Jahre 1287 vermuten läßt, war die Stadt schon zur Zeit der Traungauer, in deren Herrschaftsgebiet ja auch der Erzberg lag, mit Eisenhandelsfreiheiten begabt. Nach dem Aussterben der Otakare blieben diese wichtigen Rechte auch weiterhin Steyr erhalten, was möglicherweise der gesicherten Machtstellung der hier seßhaft gewordenen Ministerialen und Ritter zuzuschreiben ist, die durch ihre Beziehungen zum Hofe der Babenberger ein Abgleiten des Eisenhandels an die hiefür günstig gelegene alte Handelsstadt Enns zu verhindern wußten. Durch die Georgenberger Handfeste wurden Burg und Herrschaft Steyr Eigentum der österreichischen Landesfürsten, doch im Panther des Stadtwappens vermögen wir noch heute die enge Verbundenheit unserer Stadt mit dem einst so einflußreichen Markgrafen- und Hcrzogsgeschlecht erkennen. Der Styraburg und dem Erzberg verdankt die geographisch günstig gelegene Stadt Steyr nicht nur ihre Entstehung, sondern auch ihren raschen Aufstieg zur österreichischen Eisenmetropolc nördlich der Alpen. (Hantsch, Die Geschichte Österreichs. — Zibermayr, Noricum, Bayern und Österreich. — Pirchegger, Geschichte der Steiermark. — Hoffmann, Österreich und das Land ob der Enns. — Vancsa, Geschichte Nieder- und Oberösterreichs.) 44

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