Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

der Humaniora Eingang in die Universitäten zu verschaffen. Ccltis war schon 1492"in Wien gewesen, hatte aber eine Lehrkanzel bislang wegen der Humanistenfeindlichkeit der Wiener Alma mater abgelehnt. Nun herrschte ein freundlicherer Geist. Seine Gesinnungsgenossen, die kaiserlichen Räte Pierius Gracchus (Krachenberger) und Fusemanus (Fuxmagen) waren Regenten der Universität geworden; sie setzten die Berufung des Ccltis durch. Ein Schreiben Kaiser Maximilians bestellte Celtis zum professor ordinarius oratoriae et poeticae. Des Celtis Aufenthalt in Wien wurde auch für Stabius von großer Bedeutung. Schon 1497 war Stabius an der Universität in Ingolstadt auf Vermittlung des Celtis in dessen Nachfolge Lektor für Mathematik und Astronomie geworden. Im Jahre 1502 jedoch holte Celtis seinen ehemaligen Schüler und nunmehrigen Vertrauten nach Wien nach. Celtis hatte im Jahre 1501 von Kaiser Maximilian die Stiftungsurkunde für sein „Collegium poetarum et mathematicorum" erhalten. Der Zweck dieser Gründung war, neben der Universität, an der die Scholastik noch immer sehr mächtig war, ein Institut zu haben, in dem die Studierenden, die es besuchten, ganz nach dem Bildungsideal des Humanismus unterrichtet werden könnten. An diesem Institut waren außer der Lehrkanzel für Poetik und Rhetorik auch zwei Professuren für Naturwissenschaften vorgesehen. Stabius erhielt die Lehrkanzel für Mathematik und begann im Wintersemester 1502/03 seine Vorlesungen. Noch im Jahre 1502 wurde Stabius eine Ehre zuteil, die dem Humanisten ein höchst erstrebenswertes Ziel war. Im Auftrag Kaiser Maximilians wurde er von Johann Cuspinian (Spießhaymer) als erstes der Collegmitglieder zum Dichter gekrönt. Nach dieser feierlichen Zeremonie konnte er sich als „poeta laureata“, als gekrönter Dichter, bezeichnen. Erworben hatte er sich diese hohe Ehrung durch ein in lateinischer Sprache abgefaßtes Gedicht auf den heiligen Koloman, einen der Schutzheiligen Österreichs^). Nun darf freilich dieser lateinischen Gelehrtcnpoesie, deren sich Stabius wie alle anderen Humanisten befleißigte, nur geringer Wert beigemessen werden; sie war eine Manie seiner Zeit. Johannes Stabius wirkte indes nicht lange am Collegium poetarum et mathematicorum, denn Maximilian, der die Genialität dieses Gelehrten erkannte, zog ihn schon 1503 in seine Nähe. Zunächst begleitete Stabius den Kaiser auf mehreren Reisen. Bald ernannte ihn Maximilian zu seinem Hofhistoriographen und persönlichen Geschichtsschreiber. Seit dem Jahre 1508 war Stabius als Sekretär ständiger Begleiter des Kaisers, der unentwegt die Länder seines Reiches bereiste. Maximilian verlieh Stabius auch ein Wappen und als Wappentier den Adler. Von den Arbeiten des rastlos tätigen Gelehrten können hier nur die bedeutendsten genannt werden, und zwar vor allem jene, die ihn zum Kaiser selbst oder zu Albrecht Dürer, der hervorstechendsten zeitgenössischen Künstlerpersönlichkeit, in nahe Beziehung setzten. Johannes Stabius halte von Kaiser Maximilian den Auftrag erhalten, ein österreichisches Geschichtswerk auszuarbeiten. Der Gelehrte, der dieses Werk als „historia austriaca“ abfassen wollte, arbeitete jahrelang an der Sammlung des Materials. Zum Studium von alten Schriften, Chroniken, Archiven und Urkunden waren ihm als Mitarbeiter die Gelehrten Jakob Manlius von Freiberg und Ladislaus Suntheim beigegeben worden. Stabius selbst kam nicht mehr dazu, sein reiches Material zu verwerten, wohl aber hat, unter Benützung seines Materials, der Humanist Johann Cuspinian ein umfassendes Werk unter dem Titel „Austri a“ zusammengestellt. Diese „Austria" erschien jedoch auch erst lange nach Cuspinians Tod, im Jahre 1553, in Basel. Die „Austria" beschreibt die österreichische Geschichte von den Babenbergern bis zu Maximilians Tod, zugleich findet sich in dem Werk eine genaue Topographie *) Es ist nicht ausgeschlossen, daß hier eine pietätvolle Beziehung auf die Heimat stabt des Stabius vorliegt, denn einer der Schutzpatrone der Stadtpfarrkirche Steyr ist der heilige Koloman. 39

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