Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

der berümte Freudenlechner das Lied: „Johannes schilt die Pharisäer ottcrngczücht in Doctor hainrich Frauenlobs 51uppferweis"2") und toibmctc ihm am 21. Juni 1600 ein Meisterlied"3). Besonders verdient machte sich der Bortenschlagcr als Veranstalter von Singschulen. Innerhalb von vierzehn Jahren holte er sich siebenmal beim Rate hiezu die Bewilligung, am 4. Juni 1601, 1. April 1602, 30. Mürz 1606, 28. März 1608, 30. Dezember 1609, 15. Juni 1612 und am 26. März 1614'-). Die Stadtobrigkeit genehmigte zwar jede Veranstaltung, doch war sie sehr darauf bedacht, daß „Verdrießliches oder Unglimpfliches, darauf die Deputierten fleißig Acht geben sollen, nicht eingemenget toerbe"23). Sie verlangte vom Supplikanten, daß er sich „vncrborlicher gsäng nit gebrauche"23), daß er „gebuerend bschaidenhait" zeige23) und schickte 1612 Hans Mischer als Beobachter in die Singschule Lindtwurms23). Ähnliche Weisungen erteilte der Rat auch den anderen Meistersingern, die in der Zeit von 1599 bis 1624 Singschulen durchführten2'). Sie dichteten ja nicht allein nur geistliche, sondern auch weltliche Lieder, in denen sie gelegentlich die Schwächen und Fehler ihrer Zeitgenossen in humorvoller Weise aufzeigten. Auch von Lindtwurm sind uns solche Gesänge erhalten geblieben. So ergötzt er sich in dem Lied „Das gerechte Urteil" oder „Das Pferd mit dem Ehrtrunk" in der „gülden Mundlippenweiß Con- rat lipps" über einen Steyrer Apotheker, dem das Roß eines Grazer Kaufmannes den zum Auskühlen in den Hof gestellten Arzneitrank ausleckte. Nach dem Urteil des Richters konnte der Apotheker vom Handelsmann keinen Schadenersatz fordern, weil das Pferd nicht sitzend, sondern stehend, wie bei einem „Ehrtrunk" üblich, die Arznei ausgetrunken hatte. Als Beispiel für die damalige Ausdrucksweise möge hier Lindtwnrms Dichtung im Wortlaut folgen: Haus Pfarrgasse 7 l. „Nun höret feine Eine geschicht Sich zu trüge Alhie in diser state begeben hate ein Appodecker macht ein Julip23) an mit fleiss / In ein schaff Reine vnd seczt den Selben kluge in Seinen hoff gar Eben Jedoch darneben An Julip nie gedacht vnd Ir auf solche weiss // Allein liess füllen abe Kein Achtung er drauf gäbe vnd gleich die Zcite Zu Reisen vil Kauffleute von graicz23) daselbst herause In ein Gasthause ein kehrten Jrer acht begerten branef vnd speist /// °) •22) -23) 21) -5) 26) F. Mayer, a. a. £>., S. 16, 20. H. Widmann, Zur Geschichte und Literatur des Meistergesanges in Oberösterreich. Mit Benützung unedierter Handschriften. 15. Jahresbericht der k. k. Staats- Oberrealschule in Steyr (1885), S. 11. St. Rp. 1601, f. 167; — 1602, 106; — 1606, 44; — 1608, 58; — 1609, 179; 1612, 162; — 1614, 79. St., Rp. 1601, 167. St., Rp. 1608, 58. St., Rp. 1609, 179. St., Rp. 1612, 162. Von 1599 bis 1624 wurden in Steyr 35 Singschulen durchgeführt. I. Ofnei Zur Geschichte des Meistergesanges in Steyr. OÖ. Heimatblätter (1948), Jg. 2. Heft 2, S. 166 f. 26

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