fi(o, so können wir »ns vorstellen, wie wenig Pfarren cs im 9. Jahrhundert noch gab. Es war ganz selbstverständlich, daß die Leute in den Siedlungsausbaugebiete», in die die kirchliche Organisation nicht schnell genug nachrückte, nach alter Sitte in Reihengräberfeldern mit Beigaben bestattete. Erst dann, als überall Kirchen gebaut und geweihte Friedhöfe bei ihnen angelegt wurden, kam der Zwang zur Bestattung in den kirchlichen Gottesackern und das Verbot der Beerdigung außerhalb derselben. Unser Gebiet gehörte zur Diözese Passau, die aber die Aufgabe der kirchlichen Organisation im 8. und 9. Jahrhundert nur langsam bewältigen konnte. Es ist höchstwahrscheinlich, das; erst nach der Schlacht am Lechfeld 955, durch die die Ungarn endgültig zurückgeschlagen wurden, eine Festigung und Sicherung der ganzen Lebensverhältnisse eintrat und nun auch Taufkirche um Taufkirche gebaut ivurde. Aufschlußreich ist in dieser Hinsicht die Urkunde über die Synode von Mi- sielbach bei Wels, aus der Erzbischof Piligrim von Passau im Jahre 985 die Zehente zu den Taufkirchen neu ordnete und den Taufkirchen (ad baptismales ecclesias) zuteilte. An erster Stelle (imprimis) wird in der Urkunde Sirnihea (Sierning) genannt, wohin aus folgenden Orten die Zehente (decimationes) entrichtet werden müssen: Garstina (Garsten), Sapinihca (Sarning), Stiurpure (Steyr), Riuti (Reut), Suamara (Schwamming), Wolfeswanc (unbekannt) und Tuncinesdorf (Tinsting). Zum Jahre 985 ist also in Sierning der Bestand einer Tauskirche bezeugt; vermutlich wurde sie von Erzbischof Piligrim von Passau, der dem Traungau und der Ostmark, die seiner Diözese unterstanden, seine besondere Obsorge widmete und auch in Lorch, Mautern und Tulln Kirchenversammlungen abhielt, bald nach seinem Amtsantritt im Jahre 971 gegründet. Auf Passau weist ja auch der Kirchenpatron Stephan. Von nun an mußten die Einwohner von Sierninghofen ihre Toten zum Friedhof von Sierning bringen. Wir gewinnen damit eine untere Zeitgrenze für die Belegung des Gräberfeldes von Sierninghofen, die sich mit der Aussage der Grabbeigaben vollkommen deckt. Wie eine Reihe frühdeutscher Ortsfriedhöfe in Niederösterreich läßt sich auch unser Gräberfeld der Zeit des 9. u. 10. Jh. zuweisen. Leider war es nicht möglich, die Zahl der vor der Plangrabung zerstörten Gräber festzustellen. Nach dem Ausmaß der abgegrabenen Hangfläche dürfte die Gesamtzahl der Gräber rund 30 betragen haben, die der Wohnbevölkerung einer Zwei- oder Drei- höfe-Siedlung im Zuge von rund hundert Jahren völlig entsprechen. 23
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