Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

zahlreicher werdenden Namen auf -Hofen. Riezler (der bayerische Historiker) bemerkt, unter allen in der agilolsingischen Periode beglaubigten bairischen Ortschaften fänden sich nur 6 oder 7 -hova. Im Oberösterreich ist in diesem Zeitraum nur das Fiskalgut (villa publica) Alkhosen, 777 Allinchova, bezeugt. Schiffmann erklärt Mattighofen und Ranshofen für fränkische Fiskal-, Königshöfe. Nach dem Beispiel der Könige errichteten nun auch die großen Grundherrschaften solche Höfe und so treten uns in der Karolingerzeit noch andere Namen auf -Hofen entgegen: Aist- Hofen, Antisenhosen, Aterhofen und Neuhofen an der Krems ... Fast alle sind Bauerndörfer geblieben und über die Bedeutung von Marktflecken hat sich keiner eihoben.. . Der Plural -Hofen bezeichnet bei den Herrenhöfen der agilolsingischen und karolingischen Zeit und den großen Meierhöfen der geistlichen und weltlichen Grundherrschaften nach dem Jahre 1000 wahrscheinlich den ganzen dazugehörigen Gebäudekomplex, bei den bäuerlichen Anwesen aber die beliebte Teilung in zwei Höfe, die in den Urbarien meist als curia superior oder inferior, Ober- und Nieder-, Vorder- und Hintermair auftreten." (K. Schiffmann, Das Land ob der Enns, 1922, S. 129—130.) Zutreffender schreibt der bayerische Ortsnamenforscher B. Eberl einige Jahre später: „Bei den -Hofen findet sich von einem Hereinreichen in die Zeit der deutschen Ursiedlung kaum mehr eine Spur. Sie sind rein Vertreter der älteren Ausbauzeit, die sich gelegentlich auch an den Rodearbeiten der Periode beteiligen. Dementsprechend lernen wir auch Gründer solcher Höfe kennen, z. B. den Tozi von To- zineshofun 794 und die vielfach schon erwähnten Bestimmungswörter solcher Ausbauorte wie in Vilshofen, Jsarhofen, Bischofshofen, Zeil-, Zeidelhcsien, Nordhofen, Sonthofen usw. Die -Hofen bezeichnen zunächst, wohl meist im Zusammenhang des Dorf- ober Weilerverbandes genommen, wie das -hovun (Mehrzahl) nahelegt, wirtschaftliche Einheiten sehr verschiedener Art. Sie können der Name sein für die komplizierte Organisation eines großen Herren- oder Königshofes ebenso wie für die Höfe von ein paar Bauernfamilien, wie sie von Anfang an nebeneinander erstanden oder allmählich durch Teilung wurden." (B. Eberl, Die bayerischen Ortsnamen als Grundlage der Siedlungsgeschichte, 1925, S. 82.) Letzteres dürste auch für Sierninghofen zutreffen. Sierninghofen gehört zu den -Hofen-Ortsnamen, die in ihrem Bestimmungswort einen Fluß- bzw. Bachnamen enthalten tote Aisthofen, Antisenhofen, Jsarhofen, Mattighofen, Vilshofen. Der Ortsname besagt: bei den Höfen am Bach Sierning. Eine ethnische Folgerung aus den Bestimmungswörtern dieser Ortsnamen zu ziehen, ist völlig unzulässig. Sonst müßte man Aisthofen als illyrische, Jsarhofen als keltische Gründung erklären. Maßgebend ist das Grundwort -hosen, althochdeutsch -hovun, und dieses spricht in allen Fällen für deutsche Ortsgründung. Man kann also Sierninghofen unmöglich mit den alpenslawischen Arbeiterkolonnen des späten 8. Jahrhunderts in Verbindung bringen. Die Erwägung eines Presseartikels der Tagespost 0.26.10.1953, daß es sich um slawische Gräber handeln könne, ist daher völlig abwegig. Nach der Aussage der Grabbeigaben ist die Gründung Sierninghofens in das 9. Jahrhundert zu setzen, also in die erste Siedlungsausbauzeit unter Karl dem Großen uttb Ludwig dem Deutschen. Das Vorhandensein von Skcamasaxen und einer Spatha spricht unzweideutig für vollberechtigte Mitglieder der bairischen Stammesgemeinschaft. Denn nur der Vollfreie, der unter der lex Bajuwariorum stand, hatte das Recht zum Waffentragen. Es ist undenkbar, daß slawische Rodungsleute mit Schwertern ausgerüstet waren, die sie als Beigaben ins Grab mitbekommen hätten. Reben den Schwertern sprechen auch die farbigen Hals perlen, die Armringe und die Tongefäße für den Bestattungsplatz einer frühdeutschen bodenständigen Bevölkerung, nicht minder auch das Vorhandensein von Männer-, Frauen- und Kindergräbern. Das Gräberfeld von Sierninghofen gehört eben zu jenen frühdeutschen Ortsfriedhöfen, wie sie überall dort aufgedeckt werden, wo nach der Christianisierung die kirchliche Organisation lange nicht nachkam und die Pfarren noch selten waren. Wenn wir bedenken, daß das Bistum Passau erst 739 von Bonifacius gegründet wurde, Kremsmünster 777 vom Baiernherzog Tas22

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2