Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

Das karolingische Gräberfeld VON SIERNINGHOFEN DR. FRANZ STROH In Sierninghofen läuft die eiszeitliche Schotterhochflur, die am linke» Steyr-Ufer in Richtung SW—NO streicht, in einen spornartigen Rücken aus, der gegen Neuzcug steil abfällt, während er auf der Rordostseite am Ortsrand von Sierninghofen mehr oder minder sanfte Hänge aufweist. Hier wurde von Baumeister Franz Wintermayr in Sierning vor 'mehr als 30 Jahren eine Schottergrube eröffnet, in der die Arbeiter häufig menschliche Skelette fanden, die sie auf den Friedhof von Sierning brachten, wo sie wieder beigesetzt wurden. Daneben fand man auch „Bajonette" und „Blunientöpfe", die man entweder als wertlos liegen ließ oder wirklich zum Holzzerkleinern und Blumeneinsetzen verwendete. Niemand kam auf den Gedanken, daß es sich um frühgeschichtliche Gräberfunde handeln könne, die für die Besiedlungsgeschichte der Sierninger Gegend bedeutungsvoll seien. Wie in vielen Fällen nahm man auch hier an, Bestattungen aus dem Dreißigjährigen Krieg oder aus der Franzosenzeit vor sich zu haben. Aus diesem Grunde unterblieb jegliche Meldung an die zuständigen Stellen. Erst im Jahre 1951 wurde das oberösterreichische Landesmuseum durch den Gemeindearzt von Sierning. Dr. Max Pitscheneder, und durch Uhrmacher Sepp Rennerstorfer, Sierning, auf die Gräberfunde von Sierninghofen aufmerksam gemacht. Herr Rennerstorfer wies eines Tages folgende Fundeinheiten im Landesmuseum vor, die sich im Besitz mehrerer Arbeiter befanden (sie konnten später durch Auszahlungen von Fundprämien größtenteils erworben werden): 1. eine blaue und zwei grüne Halsperlen 2. eine blaue Drillings-, eine blaue Zwillingsperle, eine grüne Perle, ein bronzener Ohrring und ein Bronze-Fingerring 3. eine grüne Perle und zwei zinnarme Bronze-Fingerringe 4. Sieben gelbe, fünf grüne und fünf blaue Perlen und ein Ohrgehänge aus dünnem Bronzedraht mit einem konischen Anhänger. Diese Grabbeigaben bewiesen, daß die Gräber von Sierninghofen aus der Karolingerzeit stammen. Es handelt sich durchwegs um frühdeutschen Schmuck, wie ihn Dr. Karl Dinklage in seinen beiden Veröffentlichungen überzeugend vor Augen führte (K. Dinklage, Studien zur Frühgeschichte des deutschen Südostens, 1940; Frühdeutsche Volkskultur in Kärnten und seinen Marken, 1943). Besonders die blauen Zwillings- und Drillingsperlen bieten eine gute Datierung; sie erscheinen nicht vor 800 n. Chr. und gehören zu den kennzeichnenden Beigaben frühdeutscher Gräber. Derartige Perlen liegen bereits aus den karolingerzeitlichen Gräbern von Holzwiesen im Mühlviertel, aus Hainbuch u. Steinabruun in Niederösterreich vor. Im März 1952 konnte das o.-ö. Landesmuseum drei weitere Grabinhalte bergen, die folgende Beigaben aufwiesen: ein langes Eisenmesser mit breiter Klinge, einen großen, doppelkonischen Spinnwirtel aus gebranntem Ton und einen Topf aus Glimmerton (Bodenteil). Im Oktober 1952 konnte ein viertes Grab gehoben werden, das als Beigaben ein kleines Eisenmesser und einen Eisenring enthielt, llber diese vier Gräber konnte bereits im 98. Band des Jahrbuches des oberösterreichischen Musealvereines (1953) Seite 30 berichtet werden. Da die Zeitstellung dieses Bestattungsplatzes durch die bis dahin vorliegenden Beigaben geklärt war, 17

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