Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

hueber erwähnt, nimmt Prcuenhuebcr nirgends auf Lindner Bezug. Zwischen de» beiden Annalenwerken besteht kein Gegensatz, wohl aber ein großer Unterschied. Preuenhueber hat die Gesamtgeschichte Steyrs bis 1619 im Auge, Lindner die Ereignisse von 1590—1622 unter besonderer Berücksichtigung der Religionsfrage in Steyr. Preuenhueber schreibt unter starker Konzentration auf Steyrs Geschichte im ganzen, und zwar unter entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkten. Lindner reiht sein buntes Material im Sinne von Annalen und in der herkömmlichen Chronikart mosaikartig aneinander. Preuenhueber ist überzeugter Protestant, Lindner überzeugter Katholik. Preuenhueber hat für seine protestantische, Lindner für seine katholische Überzeugung Opfer gebracht. Preuenhueber schreibt deutsch, Lindner lateinisch. Entsprechend der verschiedenen Zielsetzung der beiden Werke, — Preuen- huebers Werk betitelt sich „Annales Styrenses", dasjenige Lindncrs „Annales" —, darf man die Darstellung der Religionsfragc in den gleichlaufenden Jahren nicht mit der Elle messen. Für Preuenhueber sind Religionsveränderung und Rc- ligionsresormation eine Frage neben anderen, für Lindner bildet die .Kirchenfragc den Kern seiner Darstellung. Immerhin sind, auch unter Berücksichtigung der verschiedenen Anlage, rein gegenständlich Lindners Annalen in der Religionsfrage erheblich reichhaltiger. Nur unter Zuhilfenahme ihrer vielen Einzelheiten läßt sich ein genaueres Bild über die Reformation und Gegenreformation in Steyr und Umgebung gewinnen. Daß und wie beide Werke zusammen benützt werden müssen, um eine streng kritische Darstellung zu erhalten, ließe sich nur an Einzelheiten aufzeigen. Doch steht fest, daß, auch gemessen an Lindner, Preuenhueber wesentliche Vorgänge nicht verschwiegen oder so abgeschwächt hat, daß man sein Material gefärbt nennen müßte. Die Geister scheiden sich erst in der Auffassung der geschichtlichen Rohstoffe. Beide sind ausgesprochen Freunde der Geschichte, unverdrossen fleißig, begabt, ob ihrer Arbeiten eine Ehre für Steyr und für das Land Ober- österreich. Eine dritte Chronik von Steyr reicht von 1618—1635 und stammt von Jakob Zetl, Ratsbürger und Färbermeister in Ennsdorf.4«) Der letzte Teil dieser Chronik rührt von Dr. Philipp Dilmetz, Arzt in Wels, fier.47) Zetl hatte als überzeugter Katholik von seinen protestantischen Mitbürgern manches zu leiden und wurde besonders während des großen Bauernkrieges arg bedrängt. Sein Werk ist eine Steyrer Chronik, bedeutend als Quelle für die Geschichte des Bauernkrieges itnb als Arbeit eines lebenskundigen Bürgers bemerkenswert. Doch trifft es mit den Annales Styrenses nur im letzten Jahre zusammen und scheidet daher aus dem Nahmen dieser Arbeit aus. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Darstellung der Rciormations- geschichte in den Annales Styrenses dem Feuer der Kritik standhält. Innere und äußere Merkmale bestätigen, daß Wille und Werk Preuenhuebers übereinstimmen. Weist die Darstellung auch manche Mängel und Schwächen auf. so verdient sie als Gesamtleistung doch hohes Lob und dem Historiker Preuenhueber gebührt ein Ehrenplatz in der Historiographie Österreichs. Zutreffend sagt Johann Adam Schmidt in der Vorrede zur Nürnberger Ausgabe, daß der Leser die historischen Schriften eines Mannes beisammensinde, der wohl in Historia particulari, sive Domestica, gar wenig seinesgleichen finde. „Du magst dein Auge nun auf die Treu und Redlichkeit der Erzelung, oder auf den Fleiß und Gründlichkeit der Arbeit richten." In der Tat sind die Steyrer Annalen des Valentin Preuenhueber durch die feste Grundlage der archivaliscben Quellen und durch die kundige Form ihrer Verarbeitung die erste Stadtgeschichte Oberösterreichs und überragen in der Gediegenheit ihres Inhalts für lange alle ähnlichen Leistungen.4«) 14

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