Pfleger wie ein Idyll au. Ihre Grundlage war das gemeinsame Interesse an der Vergangenheit der Stadt Steyr und die Achtung vor der geschichtlichen Wahrheit, bei voller Wahrung der Unterschiede im religiösen Bekenntnisse. Ein glückliches Geschick hat es gefügt, daß wir zu den Annales Styrenses Prcuenhuebers ein katholisches Gegenstück in den Annalen des Wolfgang Lindner haben. Diese Annalen reichen von 1590—1622 und versetzen uns in die Lage, die erste Periode der Gegenreformation und die zweite Periode der ständisch- protestantischen Machthöhe bei Preuenhueber mit einer katholischen Darstellung zu vergleichen und auf ihre Stichhältigkeit zu überprüfen. Wolfgang Lindner«») war lateinischer Schulmeister in Wien, kam 1590 nach Waidhofen an der Abbs und 1603 in gleicher Eigenschaft nach Steyr, wohin ihn Abt Johann Wilhelm l. Heller von Garsten (1601/14) berufen hatte. In Steyr war gerade die Gegenreformation in vollem Gange, sodaß für den strengkatholischen Schulmeister eine sehr schwierige Lage gegeben war. Die evangelische Lateinschule in Steyr war unter den Rektoren Thomas Pcgaeus (Brunner) und M. Georg Mauritius in deutschen Landen berühmt geluorben40) und wies ein bedeutendes Schultheater auf.41) Im Jahre 1599 hatten die Lehrer der Lateinschule und die deutschen Schul- und Rechenmeister Steyr verlassen müssen.42) Gegenüber der reich mit Stiftungen ausgestatteten Lateinschule hatte Lindner, der die alte Schule am Berg bezog, einen schweren Stand. Um so anerkennenswerter ist es, daß er, wie in Waidhosen, schon 1604 mit katholischen Theaterstücken hervortrat uitb einigen Erfolg davontrug 4«) Der politische Rückschlag des Jahres 1608 öffnete den protestantischen Schulen wieder die Tore und Lindner sah sich auf seinem eigensten Gebiete einem übermächtigen Gegner gegenüber. Nach Jakob Zetl war Steyr 1617 bis auf 18 Bürger crzlutherisch. Doch hatte die katholische Religion in dem Abt Anton II.. Spindler von Hofegg (1615—1642) einen44) hochstehenden Vorkämpfer gefunden. Er war es, der den Schulmeister Lindner zur Zusammenstellung seiner Annalen bewog. Die Grundlage der Annalen sind sorgfältig geführte Auszeichnungen, die sich nicht selten durch Erlebnisfrische und Anschaulichkeit auszeichnen. Ihr Schwerpunkt liegt, nach der ganzen Zeitlage und nach der Stellung ihres Verfassers verständlich, auf der Kirchenfrage. Doch ist damit nicht gesagt, daß Lindner sonst nichts wahrnimmt. Er verzeichnet auch die großen europäischen Zeitvorgäuge, besonders die Türkensrage, bringt Aufzeichnungen über Wirtschaft, Wetter und Himmelserscheinungen und verschiedene Zeitereignisse. Sein Horizont ist keineswegs enge,45) wohl aber gehört sein Hauptinteresse dem großen Kampf zwischen Reformation und Gegenreformation. Sein geistiger Standplatz ist der des kirchentreuen Katholiken, näherhin der eines Angestellten des Abtes von Garsten. Er sieht die Vorgänge mit dem Auge eines Katholiken und fällt manches scharfe Urteil gegen die Häresie des Protestantismus. Dagegen müssen angesichts der schwierigen Lage und der scharfen Opposition, der er ausgesetzt war, seine Urteile über Personen immerhin noch als maßvoll bezeichnet werden. Wir sind durch Lindner über die inneren Vorgänge in den Klöstern, besonders in Garsten, über die Ereignisse im Pfarrnetz von Garsten, vorzüglich aber über die Geschehnisse in der Stadt Steyr einläßlich unterrichtet. Man muß Preuenhueber und Lindner nebeneinander lesen und die gleichzeitig angeführten Ereignisse zusammenhalten, dann kommt man der Wirklichkeit beträchtlich näher. Es ist kein Zweifel, daß der wohl juristisch gebildete Preuenhueber Lindner als Gesamtpersönlichkeit überlegen ist. Preuenhuebers Annalen liegen auf einer höheren Ebene. Doch ergänzen Lindners Annalen die Annales Styrenses nicht nur, sondern sie lassen uns, bei aller Einseitigkeit des Standpunktes in entscheidenden Partien die volle Wahrheit erst ahnen. Als besondere Vorzüge seien die Beachtung des Volkslebens und ein gewisser volkskundlicher Einschlag hervorgehoben. Preuenhueber lebt für Adel und Bürgerschaft, Lindner für den katholischen Klerus und für das Volk. Als er 1622 wegen Kränklichkeit mit einer Stiftspension seines Postens enthoben wurde, war Prcuen- hueber noch Sekretär der Eisengewerkschaft in Steyr, und die beiden Männer mögen einander wohl gekannt haben. Während aber Lindner die Familie der Preuen13
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