Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

Heft 15 Dezember 1955 Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr Schriftleitung : Dr. Erlefried Krobath Ein Reformationshistoriker - Valentin Preuenhueber Das karolingische Gräberfeld von Sierninghofen Nikolaus Lindtwurm Lauriacum (Lorch) Einer ehrsamen Wittib demütig Bitten Johannes Slabius Die ersten fünf Bürgermeister der Stadt Steyr 60. Jahresbericht des Heimathauses Steyr Univ. Prof. DDr. Karl Eder, Graz Dr. Franz Stroh Josef Ofner Dr. Hermann Vetters Dr. Ilse Neumann Dr. Friedrich Steinbock Dr. Erlefried Krobath Johann Pichler, Kustos

Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr Schriftleitung : Dr. Erlefried Krobath Ein Reformationshistoriker - Valentin Freuenhueber Das karolingische Gräberfeld von Sierninghofen Nikolaus Lindtwurm Lauriacum (Lorch) Einer ehrsamen Wittib demütig Bitten Johannes Stabius Die ersten fünf Bürgermeister der Stadt Steyr 60. Jahresbericht des Heimathauses Steyr Heft 15 Dezember 1955 Univ Prof. DDr. Karl Eder, Graz Dr. Franz Stroh Josef Ofner Dr. Hermann Vetters Dr. Ilse Neumann Dr. Friedrich Steinbock Dr. Erlefried Krobath Johann Pichler, Kustos

Alle Redite vorbehalten. Eigentümer, Herausgeber und Verlag: Magistrat Steyr, iir den Inhalt verantwortlich: Dipl.-Kfm. Dr. Erlefried Krobath. Druck: Vereinsdruckerei Steyr.

(Ein Beformntionshiftoriker - Valentin Vreuenkueber Univ.-Prof. DDr. KARL EDER, Graz 1. Ter Geschichtsschreiber Valentin Prcncnhncbcr (i* 1642) Die starken Antriebe, die der Humanismus der Geschichtswissenschaft gegeben hatte, wirkten auch im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation nach. Freilich geriet die Geschichtsdarstellung immer stärker in die Kiellinie der Kon- sessionspolitik, wenn sic nicht überhaupt ausgesprochene Partcigeschichte war. ES genügt, an die Magdeburger Centurien des Matthias Flaeius (Basel 1559—1574) und an die Annales ecclesiastici des Cäsar Baconius (Rom 1588—1607) zu erinnern. Der ganzen Zeitlage nach konnte wohl keine Geschichtsdarstellung von der inneren Parteinahme ihres Verfassers für die eine oder die andere Seite durchaus frei sein. Niemand sieht seine Ideen interesselos in den Kampf ziehen. Dagegen erweist sich angesichts einer solchen Spannung, ob der Darsteller ein wirklicher Historiker oder nur ein Diener einseitiger Parteiinteressen ist. Dem ersten geht es um die geschichtliche Wahrheit, dem anderen um die Förderung seiner Partei, auch auf Kosten der Wahrheit. Es ist eine reizvolle Aufgabe, diese Untersuchung an Valentin Preuenhueber durchzuführen. Denn dieser berühmte Geschichtsschreiber der Eisenstadt Steyr zählt nicht nur zu den ersten Historiographen Österreichs und des gesamtdeutschen Raumes, sondern sein geistiger Standplatz liegt zwischen dem versunkenen Humanismus und der grobschlächtigen, nurpolemischen Ideologie der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Diese Zeilen können nicht eine Gesamtwürdigung des Mannes sein, der längst ein literarisches Denkinal verdient hätte, sie wollen nur an der Hand einer, allerdings entscheidenden Frage nachweisen, ob und in welchem Ausmaße Preuenhueber das Anrecht auf die Bezeichnung eines wirklichen Geschichtsschreibers hat. Ich nehme das Ergebnis der Untersuchung vorweg: Valentin Preuenhueber war ein überzeugter Protestant, aber auch in der Darstellung der Religionsfragc ein echter Historiker, trotz mancher kritischer Vorbehalte, die zu machen sind. Da Leben, Werk und Geist dieses Mannes aus einem Guß waren, müssen ein kurzer Lebensabriß und das Verzeichnis seiner Werke vorausgeschickt werden. Valentin Preuenhueber^) entstammte einer obersteirischen Familie und wurde im letzten Viertel des sechzehnten Jahrhunderts geboren. Der Geburtsort (Eisenerz oder Radmer?) und das Geburtsjahr sind unbekannt. Während sein Onkel Hans Preuenhueber nach anfänglicher radikaler Betätigung wider die Gegenreformation Ferdinands katholisch wurde und zum Eisenamtmann emporstieg?) blieb der Vater unseres Historikers, Valentin Preuenhueber, protestantisch und wurde 1600 des Landes verwiesen. Die Festigkeit, mit der unser Geschichtsschreiber später zur Augsburger Konfession stand, beruhte auch auf Familienübcr- lieferung und auf Jugendeindrücken. Denn seine Jugend siel in die Zeit der Gegenreformation unter den Erzherzogen Karl und Ferdinand. Leidenschaftlicher Kamps durchtobte die Steiermark und entfesselte alle konfessionellen Kräfte?) Wo Preuenhueber seine Ausbildung genoß, wissen wir nicht. Angeblich hätte er in Graz seine 3

Studien vollendet?) Jedenfalls verriet seine spätere schriftstellerische Tätigkeit eine gute Schule. Zwischen 1607 und 1612 trat er, vielleicht im Zusammenhang mit dem Umschwung der allgemeinen Lage durch den Bruderzwist zwischen Rudolf und Matthias, als Beamter in den Dienst der Stadt Steyr. Im Jahre 1619 war er noch Schreiber in der Stadtkanzlei,°) anfangs 1620 hatte er diese Stelle aufgegeben. Die Jahreszahl legt wiederum einen Zusammenhang mit den großen politischen Veränderungen nahe. Ende Jänner 1620 heiratete er eine Steyrer Bürgerstochter aus dem Geschlechte der Urkauf«) und wurde vom Magistrat zum Sekretär der Eisengewerkschaft befördert. Der Ehe entstammten zwei Söhne, Valentin und Matthias?) In seiner angesehenen Stellung ist Preuenhueber noch am 30. Sep tember 1628 nachweisbar, dann verließ er Steyr und scheint sich nach Regensburg begeben zu haben. Die Jahreszahl und die Stadt Regensburg lassen eine Emigration vermuten, doch ist der Sachverhalt nicht klargestellt?) Jedenfalls hat Preuenhueber seine Annales Styrenses der Hauptsache nach noch vor seinem Weggang von Steyr zusammengestellt. In den Jahren 1630 und 1631 ist er in Rcgens- burg nachzuweisen?) 1635 treffen wir den Mann in der „oberen Gegend" Ricder- österreichs in Stellung10) und von 1636 bis 1642 ist Preuenhueber als Ober- pfleger von Salaberg bezeugt.11) Die Herrschaft Salabcrg war seit 1607 im Besitze der Freiherren von Salburg1?) und unterstand der Burggrafschaft Steyr.1«) Die zahlreichen Fäden, die Preuenhueber laut der Widmungen verschiedener Werke mit dem Grafen und mit der Beamtenschaft der Burg Steyr verbanden, sind durch diesen Rechtszusammenhang von einer neuen Seite beleuchtet. Es ist erwiesen, daß Preuenhueber in dieser seiner Eigenschaft auch die Linzer Märkte besuchte.11) Wäre er 1628 des Landes ob der Enns verwiesen worden, müßte eine weitgehende Milderung in der Durchführung der Verweisung angenommen werden. Dagegen spräche seine Anstellung in Niederösterreich nicht dagegen, da hier die politische Lage anders war. Verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, daß Preuenhueber in Salabcrg in guten Verhältnissen lebte.15) Er beschloß als „Salburgischer Regent und Oberpfleger" sein Dasein und wurde am 7. April 1642 in Haag bestattet.10) Das Prädikat „Edel und fest", das ihm die Eintragung in das Totenbuch der Pfarre gibt, gilt ivohl nur dem Oberpflcgcr, Preuenhueber selbst hat sich nie ein Adelsprädikat beigelegt.17) Sein Sohn Valentin gab später verschiedene Schriften des Vaters heraus. Spiegelt der Lebensgang Preuenhuebers die Schicksale eines Beamten in gehobener Stellung vor und während des Dreißigjährigen Krieges ab, so wurzelt die schriftstellerische Tätigkeit dieses Mannes im Boden seiner engeren Heimat lind in der Liebe zu Land und Leuten. Der Lieblingsgegenstand seiner Forschungen war die Stadt Steyr im Zusammenhange mit der österreichischen und steirischeil Geschichte. Da ihn sein Spezialgebiet auf die Genealogie und auf die Familiengeschichte verschiedener Adclsgeschlcchter und bürgerlicher Patrizier hinwies, er gaben sich von selbst verschiedene genealogische Sonderarbeiten. Diese sowohl wie die vielen Stammbäume in seinen Annalen und einige Beamtenschematismen zeigen, welche Bedeutung Preuenhueber dem Menschen in der Geschichte beilegte. Die Herkunft des Menschen, seine Einordnung in das verschluiigene Geflecht der Blutsund gesetzlichen Verwandten, die Reihe als Träger der geschichtlichell Entwicklung nach einer bestimmten Richtung, müssen Preuenhueber bedeutungsvoll geschienen haben. Es geht nicht an, diesen charakteristischen Zug mit der durch die Renaissance in Mode gekommenen Ruhmsucht des Adels und der Bürgerschaft erklären zu wollen, vielmehr erkannte Preuenhueber aus seiner naturhaften Auffassung heraus die Bedeutung der Blutszusammenhänge. In Steyr stand er allerdings auf einem Platz, der ihm nach dieser Richtung hin zahlreiche Anregungen bot. Reiche Familien der Stadt, die nicht selten Kaisern und Fürsten aushalsen, und die Ilntcr- nebmerschaft und Angestellten der Eisengewcrke ließen einflußreiche Geschlechter hochkommen. Die Burggraischaft Steyr mit ihren adeligen Beamten und der Geschäftsgang der Stadt und die Eisengewerkschaft brachten den Sekretär in nahe 4

Verbindung mit verschiedenen Herren und Rittern. Eine Reihe von Schrifteir und nicht zuletzt die Widmungen zeigen ihn im regen geistigen Verkehr mit dem Adel. Als Historiker nimmt er, was ihm der Boden, in erster Linie das reiche Archiv der Stadt, bietet. Darüber bcniitzt er die Adels- und Klostecarchive, die ihr» erreichbar waren. Klug pflegte er persönliche Beziehungen zu einzelnen Mitgliedern der Häuser, denn er wußte, daß der Zugang zu einem Archiv Vertrauenssache sei. Die einschlägige Literatur zieht er ausgiebig heran und verwertet glücklich die Quellen und Darstellungen. Die Wahl seiner Themen erwuchs aus der leiblichen Rühe zu den Menschen und Dingen, unter denen er sich bewegte. Das Hauptthema war Steyr, alle Nebenthemen gruppieren sich um dieses Zentrum oder erweisen sich als Abfälle der eigentlichen Lebensarbeit. Im Vordergründe stehen Stadt und Adel. Die Kirche kommt nur als Einschlag der Stadtgeschichte zur Geltung, fast ganz fehlt die Bauernschaft. Irgendwie bleibt Preuenhueber auch als Historiker Beamter. Da er nichts Unmögliches will, vergreift er sich weder in seinem Gegenstand, noch in den notwendigen Behelfen. Diese Selbstbescheidung ehrt Preuen- huebcr, denn ec hätte auf @runb seiner Begabung das Anrecht auf größere Themen gehabt und auf anderem Posten auch weitergreisende Werke geschaffen. Doch kommt seine wirkliche Befähigung den heimatgeschichtlichen Arbeiten außerordentlich zugute. Er verfällt nicht in die zwei Fehler, die Heimatgeschichtler so oft, auch in der Gegenwart, machen. Preuenhueber bewahrt sich den Blick auf das Ganze und er überschätzt seinen Gegenstand nicht. Er tritt zwar nicht, wie der mittelalterliche Mensch, ganz hinter seinem Werk zurück, doch zeigt er auch nicht die Ichsucht, die das geistige Klima des Humanismus und der Glaubensspaltung so großzog. Preuenhueber war ein Kind Österreichs. Infolge der Kultur dieses Raumes verzögert sich der Tiefgang geistiger Umwälzungen etwas und die österreichische „Lindigkeit" mildert auch in der Regel die äußeren Vorgänge. Ganz außer Zweifel steht die wirkliche Bildung Preuenhuebers, wenn man sei» Lebenswerk mit dem zeitgenössischen Schrifttum anderer deutscher Gebiete vergleicht. II. Tic Werke Preuenhuebers 1. Die Annales Styrenses sind die erste Arbeit des Geschichtsforschers und 1625 bis 1630 niedergeschrieben worden. Ein Vergleich mit den anderen Werken erweist sic nicht nur als das Hauptwerk, sondern es läßt sich zeigen, daß die späteren Themen nur einläßlichere Bearbeitungen von Fragen sind, die irgendwie mit dem Hauptgegenstand im Zusammenhange standen. Der vollständige Titel lautet nach der Nürnberger Ausgabe uou 1740: „Valentin Preuenhuebers Annales Styrenses, sammt dessen übrigen Historisch- und Genealogischen Schriften. Zur nöthigen Erläuterung der Österreichischen. Steyermärckischen und Steherischen Geschichten. Aus der Stadt Steyr uralten Archiv und andern glaubwürdigen Urkunden, Actis Publicis und bewährten Fontibus, mit besondern Fleiß verfaßt." Erst 1740 gab der Nürnberger Buchhändler Johann Adam Schmidt die Annales Styrenses heraus, und zwar mit vier anderen Schriften Preuenhuebers (Castrum Styrense, Alt Steycrmarck. Historischer Catalogus und Genealogia Polhaimiana). In der Vorrede bezieht sich de> Herausgeber auf die anerkennenden Worte, die Geheimrat Moser in seiner Bibliotheca Man»scriptorum dem Werke gab. Er hebt hervor, daß die Annales Styrenses nicht etwa nur eine Spezial- gcschichte der Stadt Steyr, sondern eine Geschichte der Steiermark und für die ganze steiermärkische und österreichische Geschichte höchst nützlich seien. Dem Druck lag nicht das Originalmanuskript aus der Bibliotheca Windhagiana in 2Bim,18) sondern eine beglaubigte Kopie zugrunde, die der Verleger „von hohen Handen aus einer vornehmen Bibliothec" erhielt. Das Werk reicht vom Ursprung von Steyr bis zum Tode des Kaisers Matthias (1619) und gliedert sich in zehn Bücher. Als Hauptquelle bezeichnet Preuenhueber das Archiv der Stadt Steyr. Daneben benützte er Handschriften (Alt Österreichische Chronica, Richard Strein, 5

Herrn zu Schwartzenau, Joseph Grüenbeck D., Christoph Jordan, Erhard Wirth. Wolf Schützenauer, Lorenz Püchler oder Collin) und gedruckte Literatur (Johannes Aventinus, Antonius Bonifinius, Caspar Bruschius, Johannes Ennenckel, Fürstenbuch von Österreich, Georgius Fabricius, Johannes Jacob Grasserus, Wi- guleus Hundt 3)., Hans Hang, Paulus Jovius, Wolfgangus Lazius, Hieronymus Megiserus, Johannes Nauclerus, Gerardus Roo, Simon Schardius, Johannes Cuspinianus, Johannes Sleidanus, Johannes Stumpflius, Aeneas Sylvius, Zacharias Theobaldus, Marcus Welser, Vita 3). Berchtoldi Abbatis Garstensis, Fundatio Monasterii St. Lamberti in Styria).Die als Quellen angeführten und die gelegentlich im Text erwähnten Namen gehören teils den bekanntesten Humanisten und Geschichtsschreibern des sechzehnten Jahrhunderts, teils bedeutenden niederösterreichischen, steiermärkischen, salzburgischen und vereinzelt auch obcröster- reichischen Autoren an. Über die Zuverlässigkeit der Annales Styrenses urteilt der hervorragende Kenner der oberösterreichischen Landesgeschichte, Franz Xaver Pritz: „Geschichtskenner wissen, daß vom Anfange seiner (Preuenhuebers) Geschichte bis Herzog Albrecht I. das meiste unrichtig ist; von da an ist er eine sichere, reichliche Quelle, wo er aus dem Archive der Stadt schöpfte, aber manches Irrige findet sich auch hier üor."20). Im Jahre 1631 erschien bei Christoph Fischer in Regensburg das Castrum Styrense. Der vollständige Titel lautet nach der Nürnberger Ausgabe tion J740: „Castrum Styrense, Das ist: Historische kurtze Beschreibung des uhralten Schloß oder Burg Steher: Darinnen dessen erste Erhebung, Bewohnung und Regierung, samt ordentlicher Konsignation derer dahin eingesetzter Burggraven, Pfleger und anderer Beamten; ihr Geschlecht und Herkommen, wie auch die hierunter furgclof- sene Veränderungen und andere denckwürdige Geschichten, begriffen: Auß Historien brieflichen Urkunden und Manuscriptis mit Fleiß zusammengetragen: durch Valentin Preuenhueber." Die Schrift ist Johann Max von Lamberg, kaiserlichem Burggrafen der Herrschaft Steyr, den kaiserlichen Räten Adam Wolf, Rentnieistcr, und Johann Mäher von Wuchenaw, Gegenschreiber, und dem Pfleger von Steyr, Johann Jakob Sonnenwald, gewidmet. Da sich der Verfasser als „gewesner Ge- werckschaffts Secretarius zu Steyer" bezeichnet, und da die Widmung mit Regensburg, den letzten Julii Anno 1631, datiert ist, ergibt sich der Weiterbestand der vertrauten Fäden zwischen dem Emigranten und der Burgbeamtenschaft von Steyr. Eine dritte Arbeit von 1637 liegt nur handschriftlich in der Wiener Nationalbibliothek oor.21) Sie betitelt sich: „Steyerische Fürsten, Grafen und Herren Stammebuech, darinnen die an- und Herkhunft der vralten Gra'en Margralen vnd Herzogen von Steyr sowoll deren von ihnen entsprossenen tails aber abgestorbener tails noch lebender löbl. Geschlechter von Steyr, Bcrncgg, Hochenberg, Starhemberg vnd Losenstein Stammen vnd verrichte Denckwierdige Thatten begriffen. Aus unterschiedenen zuer Handt gebrachten glaubwierdigen Historien, briefflichen Urkhundcn vnd verhandenen Monumentis mit sondern Vleiß zusammengetragen durch Valentin Preuenhueber." Die Schrift ist den Grafen von Losenstein und Starhemberg gewidmet. Ein kurzer Auszug aus diesem Stammebuech wurde 1653 in Wien gedruckt und ist als dritter Bestandteil in die Nürnberger Ausgabe der Preuenhueberischen Werke aufgenommen. Sein Titel lautet dort: „Historia Comitum, Marchionum Et Ducum Styriae. Alt Steyermarck das ist kurze Historische Erzchlung Von Ankunfft / Leben und Tod / der längst abgestorbenen Hochgebohrnen lind Durchleuchtigen ©raffen, Marggraflen und Herzogen von Steher. Aus unterschiedlichen Historicis, Manuscriptis, und briefflichen Urkunden zusammengetragen, durch Valentinum Prevenhuebcrn. Gedruckt zu Wienn bey Johann Jacob Kürner E. Löbl. R. Oest. Laudt: Buchdrucker. Anno MjDCLXXX." Der Herausgeber Ist der Sohn des Geschichtsschreibers. Er widmete seinen Auszug mit Datum: Wien, den 26. April 1653, Georg Jakob Frci- herrn von Hcrbcrstain. 6

Im Jahre 1(140 lieft Preuenhueber die „Genealogia des alt Edlen Geschlechts derer von oub 31t Rorbach in Oesterreich." in Linz bei Gregor Ktirner im Druck erscheinen.22) Der Druck der kleinen Arbeit (Oktav, 44 Seiten) in Linz ist ein neuer Beweis für die engen Beziehungen, die der Oberpfleger von Salaberg mit Oberösterreich unterhielt. Aus 1642 stammt die Genealogia Polhaimiana, die in der Nürnberger Ausgabe als fünfter Bestandteil anferscheint, und zwar unter dem Titel: „Genealogia Polhaimiana. Das ist: Des uralten und Löblichen Herren-Geschlechts Der Hoch- unb Wohlgebohrnen Freyherr / und Herrn von und zu Polhaim. Aus Unterschiedlichen Sippaumen / Briefflichen Urkunden, Monumentis und Historicis mit Fleiss zusammengetragen, und in gegenwärtige Ordnung gericht Durch Valentinum Prenenhneber Anno 1642." Das Werk war noch nicht vollendet, als sein Schreiber vom Tode übereilt wurde. Valentin Prenenhneber der Jüngere fertigte diese Arbeit aus und widmete sie am 12. August 1652 Matthias Herrn von und zu Pollheim. Das Werk geht zu zwei Dritteln auf die gleichnamige Genealogie des Georg von Berg zu Rottenburg au der Tauber, ehemaligen Hofmeister bei de» Pollheim, aus dem Jahre 1635 zurück.2») Für die kritische Bewertung will diese Entstehung wohl beachtet sein. Im Jahre 1646 vollendete Preuenhueber der Jüngere die „Genealogia des Uralten löbl. Herrengeschlechtes der Herren von Scherffeuberg auf Hohenwang und Spielberg." Eduard Gaston von Petenegg teilte diese Genealogie nach dem Originalmanuskript in der heraldisch-genealogischen Zeitschrift „Adler" (1871: S. 107 ff. und S. 127 ff.; 1872: S. 1 ff.) mit. Da Prenenhneber 1642 starb, handelt es sich bei diesen Schriften durchwegs um Werke äug seinem Nachlaß. Diese zeigen uns den unermüdlichen Mann in voller Schaffensfreude bis zu seinem Tode. Sicherlich nahm er manche Pläne mit in das Grab, ohne Zweifel verhinderten die schweren Zeitverhältnisse die Vollendung und Drucklegung mancher seiner Niederschriften. Die wichtigste der nachgelassenen Schriften ist wohl der Historische Katalog. Er wurde nicht weniger als dreimal, und zwar in verschiedenen Verlagen herausgegeben. Das erstemal bei Matthäus Rickhes in Wien (1653), das zweitemal bei Johann Kaspar Lebenmayr in Linz (1710) und das drittemal bei Johann Adam Schmidt in Nürnberg (1740). In der Nürnberger Ausgabe der Preuenhueberischeu Werke steht der Katalog an vierter Stelle und betitelt sich: „Historia Austriae Superioris Et Catalogus Supremorum Ibidem Capitaneornm. Historischer Catalogus darinnen neben kurtzer Beschreibung Ueber das Ertz-Herzogthum Oesterreich ob der Ennß, desselben fürgesetzte geweste Landts-Hauptleuth, Verwalter, Vitzdomb, Anwäldt und Landt-Schreiber, von Anno 1204. biß auf gegenwärtige Zeit: sammt hierunter fürgegangenen denckwürdigen Veränderungen und Geschichten, begriffen: Aus unterschiedlichen Historicis, Manuseriptis, und briefflichen Urkunden mit Fleiß zusammengetragen durch Valentinum Prevenhueber." Die Wiener Ausgabe widmete Preuenhueber der Jüngere am 24. Sept. 1652 dem niederösterreichischen Landmarschall Ernst, Herrn von Traun. Die Linzer Ausgabe veranstaltete Dr. Johann Karl Seyringer und widmete sie dem Grafen Franz Josef Samberg. Sie trägt den geänderten Titel: „Historischer Catalogus, darinnen neben kurtzer Beschreibung deß Ertzhertzogthumbs Oesterreich ob der Ennß dessen für gesetzt geweste Herrn Landtshaubtleuth, Verwalter, Anwäldt, Vitzdomb, Landschreiber und Landrichter von anno 1204 bis auf das 1252ste Jahr. Allerhand unter solcher Zeit fürgegangene Denckwürdige Veränderungen und Geschichten begriffen seynd. Aus unterschiedlichen Historicis, manuseriptis und briefflichen Ur künden ehedessen mit sonderm Fleiß zusammengetragen durch Valentinum Preueu- huebern." Die Linzer Ausgabe ist bis zum Jahre des Neudruckes fortgeführt und erwies sich als notwendig, weil der Wiener Druck vergriffen war. Inhaltlich verwandt mit dem Historischen Katalog ist Preuenhuebers Schrift: „Series und Verzaichnns der Herren Haubt- oder Laudeshaubtleuth."2^) Das 7

»»vollendete Manuskript wurde, wie aus einer Eintragung Seite 164 hervorgeht,^') von seinem Sohne ergänzt. Ein weiteres nachgelassenes Werk Preuenhuebers betitelt sich: „Styria antiqua et praesens, das alte vnd gegenwärtige Steyr. In Beschreibung hierin begriffener unterschiedlicher denckwürdigen Sachen der Antiguitet zu Lieb vnd den noch Le- bendten zu Anuemblicher Wissenschaft, Vorgestölt vnd in Sechs Dekatcs zusammengetragen durch Valentin Preuenhueber. "2«) Die späteste Jahreszahl der Schrist ist 1644. Die letzte Arbeit, die Preuenhueber plante, sind die Collectanea Gencalogica, eine Genealogie des oberösterreichischen Adels. Er hinterließ jedoch nur verschiedene Vorarbeiten und Materialien für dieses Werk, an denen spätere Hände weiter arbeiteten, ohne daß irgend ein Abschluß erzielt wurde. Das Manuskript gelangte 4714 in das Archiv des bekannten Genealogen Johann Georg Adam von Hoheneck und wird jetzt im oberösterreichischen Landesarchiv verwahrt.^) Es trügt de» Titel: „Collectanea Genealogica. Von verschiedenen maistentail oestcrreichische» Geschlächtern Welche Weyland Valentin Preuenhueber eigenhändig zusaminen- getragen und Seine Exelenz der Hoch- vnd Wohlgebohrne Herr Otto Hainrich deß Heil: Röm: Graf vnd Herr von Hohenfeld, Herr der Herrschafften Aisters- haimb, Eilmcck vnd Walterskirchen, des Röm: Kays: Mäht: Cammerer vnd Ge haimber mid) einer Löbl: Nideröstcrrcichische» Landschafft Perpetuilicher Ausschuß, Rath ctz. dem Wohlgebohrne» Herrn, Herrn Johann Georg Adam deß Heyl. Röm. Reichs Freyherr» von Hoheneckh, Herrn der Herrschafften Schlißlbcrg, Prunhof, Trätteneckh vnd Gallspach in sein Geschlechts-Archiv verehrt vnd ge- schenkct hat den 13 Augusty 17 Anno 14." Eine Zusammenschau der Themen, mit denen sich unser Historiograph beschäftigt, ergibt als Mittelpunkt die Stadt Steyr und ihre Geschichte. Die österreichische und die steiermärkische Geschichte kommen als Hintergrund der Stadtentwicklung, die genealogischen Arbeiten als Ergänzung und Weitersührung der Angaben über Geschlechter in Frage, die in Steyr handelten oder mit Steyr irgend eine Verbindung hatten. Man erinnere sich, daß Steyr als Eisenstadt und als Sitz der Burggrafschaft eine ausgesprochene Bipolarität innerhalb seiner Mauern aufwies. Hie die Bürgerschaft, repräsentiert durch Bürgermeister, Richter und Rat, hie die kaiserliche Styraburg, repräsentiert durch den Burggrafen und seine Beamtenschaft. Genau diese zwei Lager sind es, in denen Preuenhueber die Achse der Stadtgeschichte sich drehen läßt. Seine Arbeiten, die ans den ersten Blick in städtische und genealogische Themen auseinanderfalten, erweisen sich bei näherem Zusehen nicht als zwei verschiedene Interessengebiete, sondern als die zwei Hemisphären, die zusammen die eine Kugel ausmachen. Burg und Rathaus, heute noch bei einer Wanderung durch das obcrösterreichische Nürnberg zu sehen, sind die kraftvollen äußeren Symbole der zwei Hauptmächte, die Steyrs Geschicke schmiedeten. Denn die dritte Größe, die das Werden der Stadt und ihr geistiges Antlitz mitformte, das Benediktinerkloster Garsten, lag außerhalb des Burgfriedens. Zwar reichte Garsiens Jurisdiktion durch die Stadtpfarre mitten in den Rechtskrcis der Stadt hinein und das Kloster ist der dritte Eckpunkt, der mit Schloß und Rathaus ein Kräftedreieck bildet. Aber die Geschichte dieser Klosterpfarre, die zugleich Stadtpfarre war, ist rechtsgeschichtlich sonderbar genug, und das geistliche Zentrum lag eben doch „draußen". Auch nach der kirchengeschichtlichen Seite spiegeln die Annales Styrenses den wirklichen Sachverhalt wider. Man könnte vermuten, daß der Protestant Preuenhueber in seiner Darstellung den Einfluß der Beuediktinerabtci absichtlich abschwächte. Er tut das im allgemeinen nicht, dagegen geht der kirchliche Einschlag größtenteils im geschichtlichen Lebensrhythmus der Stadt auf. Anders ausgedrückt, Preuenhueber kennt keinen eigenständigen kirchlichen Sektor, wohl aber Tönungen des Lebens seiner Stadt durch kirchliche Einflüsse. Freilich müßte, um in dieser Frage klar zu sehen, das innere religiöse Leben der ehrwürdigen Abtei eines seligen Berthold aufgehellt werden. Bis heute ist es ein großes 36. überblickt 8

man die Lebensarbeit Preuenhuebers, so kann man auf sie ein Goethewort anwenden: Er sammelte im kleinsten Punkt die höchste Kraft. Dieser Punkt heißt Steyr. So hat er die österreichische und die gesamtdeutsche Geschichtsschreibung um eine bedeutende Gabe bereichert. III. Die Kirchenfragc in den Annales Styrcnses Eine kritische Würdigung des Preuenhueberischen Gesamtwerkes liegt, so dankbar sie wäre, außerhalb der Grenzen dieser Arbeit. Sie hätte sich vor allem in der Erhebung und Überprüfung der Quellen, die Preuenhueber benützte, in der Analyse der verschiedenen Stofskomponenten, in der Kritik seiner Auffassung, seiner Methode und Darstellung, nicht zuletzt im Zusammenhalt und Vergleich mit anderen zeitgenössischen Berichten zu bewegen. Die Geschichte wird bei Preuenhueber von Menschen (Dynasten, Adeligen, Bürgern) gemacht, nicht von Ideen, von Vorsehung oder Zufall, von der Masse. Doch zeigen besonders die Annales Sty- renses einen für die damalige Zeit scharfen Blick sür Recht, Verfassung und Wirtschaft. Auf dem Gebiete des Rechtes überrascht der Steyrer Historiograph durch die Herausarbeitung der rechtsgeschichtlichen Entwicklung. Ja er geht sogar dem Bedeutungswandel einzelner Rechtsausdrücke nach. Ohne juristische Studien, vor allem ohne einen ausgesprochen historischen Sinn wäre er zu solchen Ausführungen nicht gekommen. Da Preuenhueber im Zeitalter der Glaubensspaltung mit ihren tiefauswühlenden Ereignissen lebte und in Steyr selbst den Konfessionskampf und die Wellenschläge des großen obderennsischen Bauernkrieges von 1626 verspürte, bildet die Kirchenfrage den eigentlichen Prüfstein für den Historiker Prcuenhueber. Die Annales Styrenses bringen bis 1525 kirchliche Vorkommnisse in völliger Einordnung in die Stadtgeschichte und lassen erst mit diesem Jahre die „Veränderung in der Religion" als neue geschichtliche Größe die Bühne der Geschichte betreten. Im allgemeinen sind die umstrittenen kirchlichen Vorgänge, besonders die Ketzerprozesse, bis 1525 sachlich dargestellt, wenngleich in unauffälligen Kleinigkeiten der protestantische Sinn des Verfassers durchschimmert. So erzählt er, daß 1311 Erzbischof Konrad von Salzburg und Bischof Bernhard von Passau23) zwei Theologen nach Steyr sandten, „die allda Herfürgrünende Ketzerey auszureuten" (S. 47). Über den Prozeß zitiert er die Annales ©erstense8.29) Preuenhueber hält diese Ketzer unter Berufung auf Strein und dessen Bericht über Konrad von Marburg für Waldenser. Ausführlicher berichtet Peuenhueber über den großen Waldenserprozeß 1395 1397, bei dem der Inquisitor, der Cölestiner Fr. Petrus, über tausend Personen verhörte, und der mit der Verbrennung von 80 bis 100 Ketzern im „Trüxental" endete (S. 72 ff.). Doch meldet er die Untaten dieser Sektierer nicht, die 1396 den Vikar Johann voir Wolfern samt seinen Leuten im Pfarrhof von Wolfern verbrannten und 1397 dem Vikar Jakob von Wolfern dasselbe Schicksal bereiten wollten.99) Als Quellen zitiert er die Alt-Oesterreichische Chronik, den Catalogus Testium veritatis des Matthias Flaeius, der von dem Prädikanten Michael Stiefel31) hörte, daß im Kloster Garsten drei große Bücher Verhörsprotokolle aus diesem Prozeß lägen, die 1623 erschienene Waldenserchronik des Johann Jakob Erasser und des Kaspar Bruschius Schrift De Laureaco veteri. Schließlich übernimmt er ein Wort des Philippe de Comines zum Tode Sa- vonarolas: ,.Meum non est vel accusare, vel condemnare homines, ignoro enim an bene an male perempti sint“ — und fügt hinzu: „Womit auch ich diese, wider die Waldenser zu Steyer. gedachter massen vollzogene feurige Exekution hie- mit beschließen will." Zwei Hostienfrevel berichtet Preuenhueber ohne persönliche Meinung. Im Jahre 1312 verschaffte eine Buhlerin einem verhafteten Dieb eine konsekrierte Hostie als Schutzzauber gegen Überführung und gegen die Todesstrafe, und 1420 durchstachen Juden von Steyr und Garsten Hostien, die sie von der Mesnerin von Garsten gekauft hatten mit Messern (S. 83 f.). Andere Begebenheiten, wie die Predikt des Johannes Capistranus (S. 109), die Entstehung des 9

Dominikanerklosters in Steyr 1472 gegen den Willen Garsiens (©, 128), die Ermordung des Abtes Leonhard von Garsten 1493 (S. 156 ff.), die Ablaßpredigt des Kardinals Peraudi 1502 (@. 171), der Anschlag der kaiserlichen Achtserklärung gegen Luther in Steyr 1521 u. a., sind rein sachlich geschildert. In dem traditionellen Streit zwischen der Bürgerschaft und beut Klerus von Steyr neigt Preuenhueber aus die Seite der Bürger (€5. 207). Die Auszählung der sonderbaren Reliquien des Dreifaltigkeitsaltares der Schneiderzunft wirkt durch die bloße Wiedergabe seltsam (S. 220 f.). Da auch die Zeit der Gegenreformation schärfere Worte der Kritik und eine einseitigere Ausmalerei der angezogenen Vorfälle gc- stattet hätte, ist der Verfasser innerhalb der heiligen Gesetze der Geschichtsschreibung geblieben. Den Beginn der Glaubensspaltung in Steyr im Jahre 1525 schildert er etwas breiter unter Berücksichtigung der entfernteren und näheren Ursachen. Er beginnt mit den eigentümlichen Rechtsverhältnissen der Pfarre Steyr zwischen 1305—1437, hebt die Aufwendung der Bürgerschaft für die Pfarrkirche (Neubau 1443 und Wiederaufbau nach dem Brande von 1522) hervor, zählt die reichen Stiftungen der Bürgerschaft auf und gibt unter einer Sicherungsformel als Motiv aris den Stiftsbriesen den Glauben an die Verdienstlichkeit der guten Werke an.33) Bei den reichen Gefällen war der Klerus so zahlreich, daß der Rat beim Landesfürsten um die Erlaubnis einkam, einen halben Dom aufzurichten, da jeder Benefiziat eine eigene Wohnung beanspruchte. Es gab außer dem Pfarrer, 4 Gesellen und 3 Kaplänen 10 Benefiziaten und 22 Zechen und Bruderschaften. Auf die Predigten des Bar- jüßermönches Calixtus, für dessen Weiterverwendung sich der Rat und Dr. Johannes Faber verwendeten, nahmen 1525 die Einkünfte des Klerus stark ab. Der Kampf um den Mönch, den schließlich Administrator Ernst von Passau 1527 wegbrachte, ist unter starker Bevorzugung des Calixtus dargestellt (S. 226 ff.). Das Gleiche gilt von der Rückberusung des Stadtpfarrers M. Michael Förster 1527 in die Abtei (S. 232). Auffallend breit (S. 233—240) ist der große Miedertäuferprozeß von 1527 behandelt. Den Streit zwischen Garsten und Steyr wegen Neigung der Steyrer zu neuen Lehren, bzw. wegen Mangels an „gelehrten Predigern", beendet Preuenhueber mit der Bemerkung: „Welche Theil nun, Steyer oder Garsten hierinnen Recht oder Unrecht gehabt, ist nunmehr ferner nicht zu disputieren: Vielleicht ist beydes bey beydeir gestanden" (S. 242). Zur Verehelichung des Pfarrers Waldner von Steyr im Jahre 1548 bemerkt er: „Das war nun ein unerhörter neuer Handel zu Steyr" (S. 267). Die Vorladung nach Passau glojsiert Preuenhueber so: „Herr Wolffgang konnte ihm die Rechnung leicht machen, daß er mit seiner Erscheinung zu Passau ein unannehmlichcs Hochzeits-Präsent haben würde; daher machte er sich mit samt seinem neuen Ehegatten, fein in der Still von hinnen, und gar nach Augspurg" (S. 267). In einem Schreiben an den Bürgermeister spielte er auf das Schicksal des „Leonhardt Kayser (welcher Anno 1527 zu Schärding verbrennet worden)" an. Unter 1557 verzeichnen die Annalen die Unterlassung der Elevation während der Messe. Wegen der Annahme des Gregorianischen Kalenders wurden die Steyrer Prädikanten vom Superintendenten von Regensburg 1584 beschuldigt, sie hätten sich wieder unter das Papsttum begeben. Die wirtschaftlichen Gravamina der Bauern im Jahre 1595 findet Preuenhueber „nicht gerade so ohne", doch hätten die Bauern zu dem unrechten Mittel der Waffen gegriffen (S. 311). Den Bauernaufstand faßt er rein wirtschaftlich auf, obwohl dieser mit dem Mühlviertler Kirchensturm begonnen hatte.34) Die Gegenreformation von 1597—1600 im Anschluß an diesen langwierigen Aufstand ist ziemlich ausführlich geschildert, doch geht Preuenhueber über zahlreiche Ausschreitungen des Pöbels gegen die Katholiken mit der Bemerkung hinweg: „Dergleichen Tumult und Unruhen trugen sich hernach öfters zu, die ich als verdrießlich, nicht all erzehlen mag" (S. 325). Dieser Abschnitt ist, wie ein Vergleich mit Lindncrs Annalen ergibt, ungenügend bearbeitet und muß als das schwächste bezeichnet werden. Am letzten August 1608 wurde das Religionscxerzitium A. C. im ganzen Lande wieder eröffnet „mit höchstem Frohlocken und Freude derselben Rcligions10

Verwandten" (S, 336). Als bei der Gründung des Kapuzinerklostcrs 1614 in einer Sandgrube viel Totengebein gefunden wurde, erklärt Preuenhueber gegen andere Auffassungen, es handle sich nach seiner Meinung um Überreste einer Jn- fektionszeit. „Wer es nicht glauben will, mag am jüngsten Tag, bey der allgemeinen Auferstehung, weiter nachfragen" (S. 354). Die Annalen schließen mit dem Hinweis aus die großen Veränderungen, die das Jahr 1618 mit dcni „zu Prag vorgegangenen Fenster-Auswurfs der hinterlassenen König!. Statthalter" gebracht habe, die noch im frischen Gedächtnis seien. Er läßt cs dabei bewenden: „Weil es doch sicherer ist, alte Geschichte auszeichnen als neue, gegenwärtigen Händel beschreiben. Nam Vera scribere, interdum periculosum est: Falsa vero, semper Crimen" (S. 358). Preuenhueber gibt seine Darstellung in einem sachlichen, schnittigen Chronikenstil, der durch gelegentliche schalkhafte Bemerkungen und durch volkstümliche Redewendungen belebt ist. Auch die Vorgänge der Glaubensspaltung machen von dieser Regel keine Ausnahme, wenngleich der Verfasser der Annales Styrenses seine Leser mit einer vielsagenden Andeutung entläßt. Allerdings war die Zeit, die Ereignisse nach dem Prager Fenstersturz ungeschminkt darzustellen, ja wirklich noch nicht gekommen. Die Schilderung der Religionsfrage in Steyr ist trotz der protestantischen Gesinnung des Verfassers, die zwischen den Zeilen deutlich abgelesen werden kann, im großen und ganzen sachlich. Vergleicht man die Annales Styrenses mit verwandter geschichtlicher Literatur der Zeit zwischen 1600—1630, so erheben sie sich um ein Bedeutendes über den Durchschnitt. Alan darf sie mit Fug als eine hervorragende Leistung der österreichischen Historiographie im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges und als eine der besten Städteannalen im gesamtdeutschen Raum bezeichnen. Ein besonderer Reiz liegt gerade auf den Abschnitten der Reformationsgeschichte. Man gewahrt, wie trotz eines protestantischen Herzens der Kops des Verfassers dem heiligen Gesetze jeder wahren Geschichtsschreibung folgt: die Wahrheit und nur die Wahrheit darzustellen. Mit dieser Liebe zur Wahrheit erhebt sich Preuenhueber aus dem engen und zeitgebun- denen Anschauungskreis seiner kampferfüllten Zeit und ragt in eine höhere Welt hinein. Der Eindruck der Zuverlässigkeit, den die Annales Styrenses auf den Leser machen, wird durch verschiedene äußere Zeugnisse vertieft und bestätigt. Vor allem war sich Preuenhueber selbst der Schwierigkeiten, die eine sachliche Darstellung der Reformationsgeschichte in sich barg, durchaus bewußt. Er bemerkt eingangs35): „Hab ich mir fürgcsetzt, solches (= Veränderung in der Religion) als eine denkwürdige Sache, etwas umständig, doch ohne allen Affeet und unpartheyisch zu beschreiben. Darbey werde ich nun derjenigen geistlichen Personen, so damahlen währender Religions-Veränderung allhic zu Steycr gelehrt, denen auch die Sorge der Seelen obgelegen, nothwendig gedenken müssen: Bedinge mir aber gleichwol vorher anfs beste, daß alles so ich an diesem Orte, wie auch von einer Zeit zur andern hernach, in diesen Annalibus melden werde, weder aus Haß gegen die Religion, noch der gemeldten längst verstorbenen Personen (denen es gleichwohl, weder wohl noch weh thut) zur bösen Nachrede oder Verkleinerung keineswegs gemeint; Auch von mir im geringsten nichts, weder mehr oder weniger hinzugesetzt sey, als wie sich die Sach, in denen noch vorhandenen Actis, und Schriften aufgezeichnet gefunden habe; daher ich mich versehe, solch Historische doch wahrhaiftc Erzchlung, werde mir bey unpassionirten und verständigen Leuten keinen Unglipf gebehren. Nam talia si dicantur, quae vera, quae nota sunt, ex Historiis et Chronicis (ex archivis) non detrahitur Existimationi bonae, sed excitantur viventium studia, bonos quidem ad imitandum, malos autem ad detestandum: schreibt der vornehme Jesuit und Professor zu Dillingen Paulus Laymann; Das wird verhoffentlich auch mir dißfalls gelten, und recht seyn," Der Hinweis auf diesen hervorragenden deutschen Moralthcologen der Gesellschaft Jesu zeigt, daß sich Preuenhueber auch mit der maßgebenden katholischen Literatur seiner Zeit beschäftigte.35) 11

Noch wichtiger ist, daß Prcuenhuebcr auch mit katholischen kreisen in Verbindung stand. So korrespondierte er mit dem Garstner Archivar Pater Scraphin (Georg) Kirchmayr O.S.B.37) Dieser Benediktiner war 1595 zu Rottenmann in Steiermark als Sohn protestantischer Eltern geboren worden, trat als Jurist in Köln zur katholischen Kirche über und wurde 1627 Benediktiner in Garsten. Er betätigte sich mit Hingabe an der Ordnung des Abtciarchivs und arbeitete seit 1630 an der Geschichte seines Hauses. Im Jahre 1635 ordnete er das Archiv von Gott- weig, war 26 Jahre Novizenmeister und 1654/60 Prior seines Hauses, wo er im Jahre 1660 starb. Dieser Landsniann Preuenhuebers schrieb am 17. März 1630 an seinen Freund in Regensburg, er möge nichts Nachteiliges über die katholische Religion und über Garsten bringen. In seiner Antwort vom 31. März 1630 bc ruhigte Preuenhueber den Mahner und schreibt unter anderem: „In meinen unter Henden Habenten Collectareis wirdet nichts wider die catholischc Religion directe vel indirecte geschriben und ob wollen die von anno 1524 ungesehr daselbst zu Steyr angesangne, in volgenden Jarn aber continuirte Religions-Veränderung und sonderlich wass sich darunter mit Fr. Calixto und den Widertauffern zucgc- tragen, also auch die anno 1598 et segq. sürgenumbene Religions-Reformation, die Entsezung Abbt Anthoni Prundorfferss -und Äbt Geörgenss zu Gürsten neben andern mehr eingeführth wirbt, doch solches allein nur historice et nude auss den verhandte- nen Actis erzelt, von der. Religion selbst aber weder pro vel contra etwass und also ohn alless Urtl oder Affect gemelt und eingefürth, im Politischen aber neben Einführung der Fundation dess Closters vom Herkhumen und geschlecht D. Berch- toldi (wass ich hievon gefunden) Verenderung der Heren Prelaten, Erzelung des unbestendtigen Verlauffs (ex actis und der Thätter Bergichten benumben) in Er- mördtung Abbt Leonhardts, item dess Closters mit der Statt strittig geweste Purksrids Sach und wass bergt Particularia mehr, ist alles dermassen doch der Wahrheit ohne Schaden moderiert, dass khainem Thaill ainichcs Preiudiciuw drauss zu besehren."33) Preuenhueber bedankt sich im gleichen Brief für die vom Abt zugesagte Förderung seiner Arbeiten und bat, ihm wieder zu schreiben. Der Gedankenaustausch zwischen diesen zwei Historikern setzte sich fort, als Prcuen- hueber längst Oberpfleger von Salaberg geworden war. Ein Brief vom 9. August 1636 enthält die bittere Bemerkung, daß die Steyrischen Annalen bei ihrem Verfasser liegenblieben, da bei den jetzigen Steyrcrn keine Nachfrage gespürt würde. Es ist sonderbar genug, daß gerade das Hauptwerk Preuenhuebers erst 1740 gedruckt wurde. Der Forscherdrang des Mannes war glücklicherweise durch diese Gleichgültigkeit seiner Mitbürger nicht gebrochen. Zwei Sachen von Garsten, schreibt er im gleichen Brief, möchte er nur aus eine Stunde sehen: die Privilegien des Klosters und die Bücher mit den Jahrtägen der zu Garsten Begrabenen, die ihm für seine Zusammenstellung der österreichischen Herren- und Adelsgeschlechtcr von großem Werte wären. Die Wendung: „Davon etwan mündlich", bezeugt doch wohl den persönlichen Verkehr zwischen diesen zwei bedeutenden Männern. In einem Punkte allerdings blieb Preuenhueber unnachgiebig, in seiner religiösen Überzeugung. Kirchmayr scheint ihm den Gedanken einer Aussprache über die eigene Religionsauffassung nahegelegt zu haben. Preuenhueber wollte sich, wie er in einem Brief vom 2. Mai 1637 zurückschreibt, in theologische Kontroversen nicht einlassen. Es sei vermessen und unweise, sich mit einem besser Armierten in einen Kampf einzulassen. Er sei jetzt ohne Wehr und Waffen (Bücher und gelehrte Leute), die er sonst wohl zur Hand hatte. Niemand hätte Mitleid, wenn er in diesem Falle geschlagen würde. Der ganze Glaube der Zeit an den Wert der Bücher und an den Wert des Umganges mit Gelehrten spricht ebenso aus dieser Auffassung wie die Trauer darüber, daß er in seiner jetzigen Stellung von diesen Anregungen abgeschnitten war. Da er „sonst" der alte Valentin Preuenhueber bleiben wollte, erwies sich arich angesichts dieser heiklen Frage die Liebe zur Wissenschaft der Geschichte als das einzige Scmb.. Inmitten der Verwüstungen, die der Dreißigjährige Krieg im Seelenleben der damaligen Geschlechter anrichtete, mutet die Freundschaft zwischen dem katholischen Benediktiner ttttb dem protestantischen 12

Pfleger wie ein Idyll au. Ihre Grundlage war das gemeinsame Interesse an der Vergangenheit der Stadt Steyr und die Achtung vor der geschichtlichen Wahrheit, bei voller Wahrung der Unterschiede im religiösen Bekenntnisse. Ein glückliches Geschick hat es gefügt, daß wir zu den Annales Styrenses Prcuenhuebers ein katholisches Gegenstück in den Annalen des Wolfgang Lindner haben. Diese Annalen reichen von 1590—1622 und versetzen uns in die Lage, die erste Periode der Gegenreformation und die zweite Periode der ständisch- protestantischen Machthöhe bei Preuenhueber mit einer katholischen Darstellung zu vergleichen und auf ihre Stichhältigkeit zu überprüfen. Wolfgang Lindner«») war lateinischer Schulmeister in Wien, kam 1590 nach Waidhofen an der Abbs und 1603 in gleicher Eigenschaft nach Steyr, wohin ihn Abt Johann Wilhelm l. Heller von Garsten (1601/14) berufen hatte. In Steyr war gerade die Gegenreformation in vollem Gange, sodaß für den strengkatholischen Schulmeister eine sehr schwierige Lage gegeben war. Die evangelische Lateinschule in Steyr war unter den Rektoren Thomas Pcgaeus (Brunner) und M. Georg Mauritius in deutschen Landen berühmt geluorben40) und wies ein bedeutendes Schultheater auf.41) Im Jahre 1599 hatten die Lehrer der Lateinschule und die deutschen Schul- und Rechenmeister Steyr verlassen müssen.42) Gegenüber der reich mit Stiftungen ausgestatteten Lateinschule hatte Lindner, der die alte Schule am Berg bezog, einen schweren Stand. Um so anerkennenswerter ist es, daß er, wie in Waidhosen, schon 1604 mit katholischen Theaterstücken hervortrat uitb einigen Erfolg davontrug 4«) Der politische Rückschlag des Jahres 1608 öffnete den protestantischen Schulen wieder die Tore und Lindner sah sich auf seinem eigensten Gebiete einem übermächtigen Gegner gegenüber. Nach Jakob Zetl war Steyr 1617 bis auf 18 Bürger crzlutherisch. Doch hatte die katholische Religion in dem Abt Anton II.. Spindler von Hofegg (1615—1642) einen44) hochstehenden Vorkämpfer gefunden. Er war es, der den Schulmeister Lindner zur Zusammenstellung seiner Annalen bewog. Die Grundlage der Annalen sind sorgfältig geführte Auszeichnungen, die sich nicht selten durch Erlebnisfrische und Anschaulichkeit auszeichnen. Ihr Schwerpunkt liegt, nach der ganzen Zeitlage und nach der Stellung ihres Verfassers verständlich, auf der Kirchenfrage. Doch ist damit nicht gesagt, daß Lindner sonst nichts wahrnimmt. Er verzeichnet auch die großen europäischen Zeitvorgäuge, besonders die Türkensrage, bringt Aufzeichnungen über Wirtschaft, Wetter und Himmelserscheinungen und verschiedene Zeitereignisse. Sein Horizont ist keineswegs enge,45) wohl aber gehört sein Hauptinteresse dem großen Kampf zwischen Reformation und Gegenreformation. Sein geistiger Standplatz ist der des kirchentreuen Katholiken, näherhin der eines Angestellten des Abtes von Garsten. Er sieht die Vorgänge mit dem Auge eines Katholiken und fällt manches scharfe Urteil gegen die Häresie des Protestantismus. Dagegen müssen angesichts der schwierigen Lage und der scharfen Opposition, der er ausgesetzt war, seine Urteile über Personen immerhin noch als maßvoll bezeichnet werden. Wir sind durch Lindner über die inneren Vorgänge in den Klöstern, besonders in Garsten, über die Ereignisse im Pfarrnetz von Garsten, vorzüglich aber über die Geschehnisse in der Stadt Steyr einläßlich unterrichtet. Man muß Preuenhueber und Lindner nebeneinander lesen und die gleichzeitig angeführten Ereignisse zusammenhalten, dann kommt man der Wirklichkeit beträchtlich näher. Es ist kein Zweifel, daß der wohl juristisch gebildete Preuenhueber Lindner als Gesamtpersönlichkeit überlegen ist. Preuenhuebers Annalen liegen auf einer höheren Ebene. Doch ergänzen Lindners Annalen die Annales Styrenses nicht nur, sondern sie lassen uns, bei aller Einseitigkeit des Standpunktes in entscheidenden Partien die volle Wahrheit erst ahnen. Als besondere Vorzüge seien die Beachtung des Volkslebens und ein gewisser volkskundlicher Einschlag hervorgehoben. Preuenhueber lebt für Adel und Bürgerschaft, Lindner für den katholischen Klerus und für das Volk. Als er 1622 wegen Kränklichkeit mit einer Stiftspension seines Postens enthoben wurde, war Prcuen- hueber noch Sekretär der Eisengewerkschaft in Steyr, und die beiden Männer mögen einander wohl gekannt haben. Während aber Lindner die Familie der Preuen13

hueber erwähnt, nimmt Prcuenhuebcr nirgends auf Lindner Bezug. Zwischen de» beiden Annalenwerken besteht kein Gegensatz, wohl aber ein großer Unterschied. Preuenhueber hat die Gesamtgeschichte Steyrs bis 1619 im Auge, Lindner die Ereignisse von 1590—1622 unter besonderer Berücksichtigung der Religionsfrage in Steyr. Preuenhueber schreibt unter starker Konzentration auf Steyrs Geschichte im ganzen, und zwar unter entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkten. Lindner reiht sein buntes Material im Sinne von Annalen und in der herkömmlichen Chronikart mosaikartig aneinander. Preuenhueber ist überzeugter Protestant, Lindner überzeugter Katholik. Preuenhueber hat für seine protestantische, Lindner für seine katholische Überzeugung Opfer gebracht. Preuenhueber schreibt deutsch, Lindner lateinisch. Entsprechend der verschiedenen Zielsetzung der beiden Werke, — Preuen- huebers Werk betitelt sich „Annales Styrenses", dasjenige Lindncrs „Annales" —, darf man die Darstellung der Religionsfragc in den gleichlaufenden Jahren nicht mit der Elle messen. Für Preuenhueber sind Religionsveränderung und Rc- ligionsresormation eine Frage neben anderen, für Lindner bildet die .Kirchenfragc den Kern seiner Darstellung. Immerhin sind, auch unter Berücksichtigung der verschiedenen Anlage, rein gegenständlich Lindners Annalen in der Religionsfrage erheblich reichhaltiger. Nur unter Zuhilfenahme ihrer vielen Einzelheiten läßt sich ein genaueres Bild über die Reformation und Gegenreformation in Steyr und Umgebung gewinnen. Daß und wie beide Werke zusammen benützt werden müssen, um eine streng kritische Darstellung zu erhalten, ließe sich nur an Einzelheiten aufzeigen. Doch steht fest, daß, auch gemessen an Lindner, Preuenhueber wesentliche Vorgänge nicht verschwiegen oder so abgeschwächt hat, daß man sein Material gefärbt nennen müßte. Die Geister scheiden sich erst in der Auffassung der geschichtlichen Rohstoffe. Beide sind ausgesprochen Freunde der Geschichte, unverdrossen fleißig, begabt, ob ihrer Arbeiten eine Ehre für Steyr und für das Land Ober- österreich. Eine dritte Chronik von Steyr reicht von 1618—1635 und stammt von Jakob Zetl, Ratsbürger und Färbermeister in Ennsdorf.4«) Der letzte Teil dieser Chronik rührt von Dr. Philipp Dilmetz, Arzt in Wels, fier.47) Zetl hatte als überzeugter Katholik von seinen protestantischen Mitbürgern manches zu leiden und wurde besonders während des großen Bauernkrieges arg bedrängt. Sein Werk ist eine Steyrer Chronik, bedeutend als Quelle für die Geschichte des Bauernkrieges itnb als Arbeit eines lebenskundigen Bürgers bemerkenswert. Doch trifft es mit den Annales Styrenses nur im letzten Jahre zusammen und scheidet daher aus dem Nahmen dieser Arbeit aus. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Darstellung der Rciormations- geschichte in den Annales Styrenses dem Feuer der Kritik standhält. Innere und äußere Merkmale bestätigen, daß Wille und Werk Preuenhuebers übereinstimmen. Weist die Darstellung auch manche Mängel und Schwächen auf. so verdient sie als Gesamtleistung doch hohes Lob und dem Historiker Preuenhueber gebührt ein Ehrenplatz in der Historiographie Österreichs. Zutreffend sagt Johann Adam Schmidt in der Vorrede zur Nürnberger Ausgabe, daß der Leser die historischen Schriften eines Mannes beisammensinde, der wohl in Historia particulari, sive Domestica, gar wenig seinesgleichen finde. „Du magst dein Auge nun auf die Treu und Redlichkeit der Erzelung, oder auf den Fleiß und Gründlichkeit der Arbeit richten." In der Tat sind die Steyrer Annalen des Valentin Preuenhueber durch die feste Grundlage der archivaliscben Quellen und durch die kundige Form ihrer Verarbeitung die erste Stadtgeschichte Oberösterreichs und überragen in der Gediegenheit ihres Inhalts für lange alle ähnlichen Leistungen.4«) 14

') 35erfll. 91. Dßern^iiicmer, Valentin Pvcuenhneber unb andere Steyrer Historiographen, ungedruckte Wiener Dissertation, H J910, PN 2837. 2) K. Schiffmann, Die Annalen (1590—1622) des Wolfgang Lindner, Archiv für die Geschichte der Diözese Linz, 6. Bd. (1910), S. 59 f. 3) I. Loserth, Die Reformation und Gegenreformation in den inneröstcrrcichischen Ländorn im XVI. Jahrhundert, S. 287 ff., unb L. Schuster, Fürstbischof Martin Brenner, S. 324 ff. 4) Leo Wurzbach, 23. Teil, (1872), S. 282 s. 5) Schiffmann, a. a. O., S. 343 f. 6) Da Preuenhuciber mit seiner Braut im 2. und 3. Grade blutsverwandt war und die Steyrer Prädikanten die Einsegnung verweigerten, ließ sich das Paar von einem Prädikanten des benachbarten Niedcrösterreich trauen. Ebenda, S. 365. Die Stammtafel der Urkauf in den Annales Styrenses, S. 306. 7) Valentin ist geboren am 20. Jänner 1626, Matthias am 5. Juli 1627. Laut Ausweis der Tausmatrikel im Stadtarchiv Steyr war für beide Andreas Stander Pate. 8) A. Rollcdcr, Heimatkunde von Steyr, S. 180, schreibt: „Zur Zeit der Gegenreformation wanderte er, einer der letzten, 1628 mit Zahlung einer Nachsteuer von 300 fl. der Religion wegen nach Regensburg aus, wo er 1652 starb." Das Todesjahr ist sicher unrichtig. Die Angabe der Nachsteuer ist allerdings auffällig. *) Unter 31. März 1630 schreibt er an P: Scrafin (Georg) Kirchmayr in Garstm, K. Schiffmann, Zur Historiographie des 17. Jahrhunderts im Lande ob der Enns, MJOG, 25. Bd. (1904), S. 333. Das Castrum Styrense erschien 1631 bei Christoph Fischer in Rcgensbnrg. 10) Originalbrief, datiert St. Peter 20. Juli 1635, an Graf Hans von Hoheneck im o.-ö. Landesarchiv. n) Vecgl. sechs weitere Originalbriefe Preuenhuebers an Graf Hans von Hoheneck im o.-ö. Landesarchiv. Ä) I. Höllrigl, Geschichte der Pfarre und Gemeinde Haag, N.-O., S. 165. 15) Mündliche Mitteilung des Herrn Dr. Erwin Wascher tiom 4. 2. 1937. ") Vergl. den Brief vom 2. Mai 1637 an P. Serasin Kirchmayr, a. a. £)., S. 335. **) Im Totenbuch der Psarre Haag, N.-O.. finden sich folgende Eintragungen: Am 9. 5. 1637 wurde „des Prcvenhubers Kindsweib", am 26. Dezember 1639 Leonhard Koßner, „des Herrn Preuenhuebers praeceptor", bestattet. Mitteilung des Pfarramtes Haag an Dr. Zibermayr. 16) Im Totenbuch der Pfarre Haag steht unter dem 7. April 1646 die Eintragung: „/14: Den 7 dito ist der Edl vnd vcst Herr Vallentin Prcuenhnebcr Salburgi- fcher Regent vnd olberpflcger alda Zu Haag Zur Erde Bestattet worden." Für das Lichtbild von dieser Eintragung und für verschiedene Hinweise! sage ich Herrn Archivdirektor Dr. Zibermayr meinen besten Dank. ") Dies gegen A. v. Pantz, Die Gewerken im Bannkreise des Steirischen Erz- berges, 254. ls) Graf Johann Joachim zu Windhag vermachte seine berühmte Bücherei (11.773 Bände) letztwillig an die Wiener Universität. 19) Zu den einzelnen Namen vergleiche man die Universallexika, dazu Nagl-Zeidler, Deutsch-österreichische Literaturgeschichte', 1. Bd. (1899), und R. Newald, Bei trüge zur Geschichte des Humanismus in Oberösterreich, Jahrbuch des ober- österreichischen Mnscalvcreines, 81. Bd. (1926), S. 153 ff. 2a) Beschreibung und Geschichte der Stadt Steher etc. (1837), S. III f. 21) Tab. codd. Nr. 8148 A Oberhuemer, a. a. O., S. 118. “) Ein Exemplar (B. IV. 13 10/5.) im o.-ö. Landesarchiv in Linz. Über den Buchdrucker Kürner vergl. F. Krackowizer, Der erste Linzer Buchdrucker Hans Planck und seine Nachfolger im XVII. Jahrhundert. Baustein« zur Kultur- u. Literaturgeschichte von Oesterreich ob der Enns, Archiv für die Geschichte der Diözese Linz, 3. Bd. (1906), S. 168 ff. Bei H. Commenda, Materialien zur landeskundlichen Bibliographie Oberöstermichs, S. 656, als Ms. im Museum angeführt. Bei Oberhuemer fehlt diese Genealogie. 23) Schlüsfelberger Archiv, Hs. 191, o.-ö. Landesarchiv. Vergl. F. Krackowizer, Das Archiv vom Schlüsselberg, S. 74. 24) Hs. des 17. Jahrhunderts im Schlüsselberger Archiv, Nr. 33, o.-ö. Landesarchiv. 15

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