Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 14, Dezember 1954

Dr. Hermann Vetters, Wien: laurmnmt - Lorch Bei der Aufgabe, eine römische Stadt, also eine große Siedlung, zu erforschen, ist stets von den geographischen Grundlagen auszugehen. Sind doch die mannigfachsten Gründe für die Anlage einer solchen maßgebend. Gerade ein Großstaat wie Rom, der vom Militär geischaffen und von einem großen Kaufmannsstande erhalten wurde, hat stets auf diese Faktoren besondere Rücksicht genommen, und kein Geringerer als Vrtruv, der Baumeister des Augu- ftus, hat in seinem Werk „Heber Architektur" diesen Fragen «in eigenes Kapitel gewidmet^. Uebrigens baute auch hier der römische Großstaat auf Leistungen weiter, die bereits die Griechen in der Zeit ihrer stürmischen Kolonisation und vor allem im Zeitalter des Helenismus beachteten und sie auch schriftlich niederlegtenH. Der Ort, der uns hier beschäftigen soll, hat eine nicht ungünstige Verkehrslage. Er liegt an der uralten West-Ost-Verbindung, die Rheinland und Donaugebiet miteinander verknüpft. Entlang dieser Straße, die dem Lauf der Donau folgt, sind bereits im 4. und 3. Jahrhundert v. Ehr. Kelten ans dem süddeutschen Raum eingewandert; sie haben auch das älteste Lauriaoum, vielleicht auf dem Georgtznberg gelegen, gegründet. Diesen Handelsweg hat Rom, nachdem es im Jahre 16/15 v. Ehr. das keltische Norikerreich ohne besondere Waffengewalt besetzt hatte, ausgebaut. Als große Heerstraße bis Konstantinopel und bis an die Donaumündung spielte er stets eine bedeutende Rolle. Ursprünglich war nicht vorgesehen, diese Hauptverkehrsader so nahe der Grenze zu führen. Sie sollte vielmehr im gesicherten Hinterland laufen. Das norische Gebiet war zunächst, und zwar in einem Zuge, nur bis zur Donau besetzt worden, seine nördlich davon liegenden Teile wollte man in einem zweiten Unternehmen zusammen mit Böhmen bis zum Nordrand der Sudeten und dem angrenzenden Karpathenbogen erobern. Das Gebiet war erst kurz vorher von neu eingewanderten Swebenstämmen, den Markomannen und Quaden, besiedelt worden. Herr Böhmens war der mit römischer Kriegführung vertraute Marbod. Bon drei Seiten konzentrierte der Stiefsohn des Augustus, Tiberius, seine Armeekorps, vom Rhein längs des Maintales zog eine Marscharmee, vom Wiener Becken aus die Hauptmacht unter Tiberius und nördlich der Donau im bayrisch-oberösterreichischen Raum operierte eine dritte Armeegruppe. Die Truppen, die schon knapp vor der Vereinigung standen, mußten aber zurückgerufen werden, da im Rücken der Heere sich bte zwar seit rund vierzig Jahren unterworfenen, aber nie ganz ruhigen Pannonier erhoben hatten. Das geschah 6 n. Ehr. Als Tiberius endlich der gefährlichen Insurrektion Herr geworden war, kam die Nachricht vom Debakel im Teutoburger Wald (9 n. Ehr.). Der alte Kaiser hatte nicht mehr die Spannkraft, die Eroberung von neuem zu beginnen. So wurde die Donau die Grenze. War der Strom schon im ersten Anhieb erreicht worden, so wurde er erst jetzt zur befestigten Grenze, in deren Schutz knapp am Strom die West-Ost-Straße ihren Lauf nahm. Aber nicht nur an dieser großen Transversale liegt unser Ort, sondern er besitzt auch gute Nord-Süd-Verbindungen. Nach Süden führen Enns und Traun, die eine zum Eisen nach Steiermark, die andere zum Salz von Hallstatt. Nach Norden aber öffnet sich das sonst so sehr dem Verkehr aufgeschlossene Mühlviertel mit der tiefen Talsohle der Aist und ermöglicht so eine 15

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