Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 13, Oktober 1953

Zur Geschichte der Grundbücher von Steyr Dr. Heinrich Demelius, o -ö. Prof, der rechts- und staatswissensch. Fakultät der Universität Wien Das Grundbuch ist für unser materielles Leben von großer Bedeutung. Nach unserer Wirtschastsverfassung ist der Teil der Erde, den wir Oesterreich nennen, nicht eine ungeteilte Fläche, sondern er ist in viele abgegrenzte Teile zerlegt, die im Eigentum verschiedener Personen stehen. Diese Liegenschaften heißen in der Rechtssprache Grundbuchskörper, da ihr Bestand an Grundstücken (ein Begriff des Grundsteuerrechts), ihre Eigentümer und die auf ihnen liegenden Nutzungs- und Sicherungsrechte anderer (Lasten) im zuständigen Grundbuch verzeichnet sind. Wer ein Haus oder einen Acker zu kaufen wünscht, erfährt aus dem Grundbuch, wer der Eigentümer der zu erwerbenden Liegenschaft ist und welche Dienstbarkeiten, Reallasten, Pfandrechte er als Erwerber in Kauf nehmen muß. Wer Geld auf fein Haus aufnehmen will, erhält es von der Sparkasse oder einem anderen Kreditinstitut erst gegen den Nachweis, daß für die Rückforderung des Geldgebers ein Pfandrecht m der dem Grundbuchskörper gewidmeten „Einlage" des Grundbuchs eingetragen ist; eine ähnliche Vorsicht wird auch der selten gewordene private Geldgeber walten lassen. In der Einlage herrscht schönste Ordnung: die den Grundbuchskörper bildenden Grundstücke sind im A-Blatt (Gutsbestandblatt), der Eigentümer ist im B-Blatt (Eigentumsblatt), die Lasten sind im C-Blatt (Lastenblatt) eingetragen. 1. Die Grundbücher 1773. Nichts Bestehendes kann voll verstanden werden, wenn, man nicht weiß, wie es entstanden ist. Die Geschichte des österr. Grundbuchs geht in das Mittelalter zurück. Zuerst aus dem Boden des heutigen Oesterreich ist das (zu privatrechtlichen Zwecken berufene) Grundbuch in Wien entsprossen; Grundbücher der Stadt Wien und des Schottenstiftes sind aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts erhalten?) In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren auch schon ländliche, von den Herrschaften geführte Grundbücher weit verbreitet. Nur Oesterreich ob der Enns machte eine Ausnahme. Seine Städte und Fluren blieben durch Jahrhunderte grundbuchlos?) Diese Lücke wurde in den Städten durch Eingelurkunden, Stadtbücher und Ratsprotokolle, auf dem Lande durch herrschaftliche Urbare und Protokolle nur notdürftig ausgefüllt?) Auf solche Quellen ist denn auch für die ältere Zeit die verdienstliche „Häuserchronik der Altstadt Steyr" aufgebaut, die Inge Krenn verfaßt und das Kulturamt der Stadt Steyr veröffentlicht hat (1961)?) Erst für das Jahr 1773 nennt sie das Grundbuch als Quelle ihrer Besitzerangaben. Das ist richtig: das älteste der drei Grundbücher von Steyr ist in dem genannten Jahre angelegt worden. 12

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