Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr Schriftleitung Dr. Erlefried Krobath Oktober 1953 Die Tabakmacher von Steyr Direktor Josef Ofner * Zur Geschichte der Grundbücher von Steyr Univ.-Prot. Dr. Heinrich Demelius •k Bürgermeister Gotthard Hayberger Dr. Erlefried Krobath * Die Wissenschaft interessiert sich fürs „Labmoa" Dr. Josef Rohrhofer * Volkssagen aus Steyrs bergigem Hinterland Gesammelt von Franz Harrer
Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr Schriftleifung Dr. Erlefried Krobath Oktober 1953 Die Tabakmacher von Steyr Direktor Joses Ofner Zur Geschichte der Grundbücher von Steyr Univ.-Prof. Dr. Heinrich Demelius Bürgermeister Gotthard Hayberger Dr. Erlefried Krobath Die Wissenschaft interessiert sich fürs „Labmoa" Dr. Josef Rohrhofer Volkssagen aus Steyrs bergigem Hinterland Gesammelt von Franz Harrer
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit der Genehmigung des Kulturamtes der Stadt Steyr. Eigentümer, Herausgeber und Verlag: Magistrat Steyr, Kulturamt. Schriftleitung: Dr. Erlefried Krobath. Druck: Vereinsdruckerei Steyr.
Schloß Steht - Zeichnung F. Kulstiunk. Heimat Karl Kro bath O kehre immer wieder Zum trauten Heimatort, Es sind die alten Lieder Die dich begrüßen dort. Hier stört nicht das Getriebe Der Welt dir deine Rast: Die Heimat und die Liebe öie laden dich zu Gast! Lind streicht durch Busch und Hecken Ein zarter Windeshauch: Dich segnet nun, o Wand'rer, Die liebe Heimat auch. 3
Die Tabakmacher von Steyr Direktor Josef Ofner Romano Pane, der Christoph Columbus auf seiner zweiten Entdeckungsfahrt nach Westindien (1493) begleitete, soll die erste Nachricht über den Tabak nach Europa gebracht haben. Die Verbreitung dieser Pflanze ging hier sehr langsam vor sich, man baute sie anfangs wegen ihrer prächtigen Blätter nur als Zierpflanze. Erst im Jahre 1560 wurde sie in Frankreich durch Jean Nicot eingeführt. Es ist nicht bekannt, wann in Steyr der Tabak Eingang fand und die Sitte des Rauchens verbreitet wurde. Die erste mir bekannte Erwähnung der Tabakpflanze in den Steyrer Archivalien findet sich in einem Arzneien - Verzeichnis aus dem Jahre 1605?) Das Tabakrauchen dürfte aber erst in den folgenden Jahrzehnten, vielleicht durch einquartierte Soldaten, verbreitet worden sein, denn gegen Ende des 30jährigen Krieges, am 10. De- Tabakpflanze zember 1646, bewilligte der Zeichnung von I. Ofner 9tat dem Bürger Matthias B a y r die Führung einer „Tantlerey auf Tobackh vnd Pulver Feilhabenß"?) Bayr kann somit als der erste Tabaktrafikant der Eisenstadt angesehen werden. Seine Ware bezog er vermutlich durch die hiesigen Handelsleute aus Italien (Venedig) oder Deutschland (Nürnberg). Im Lande ob der Enns ist Tabak seit 1643 im Herrschaftsgebiet Schwertberg nachweisbar?) Im Jahre 1658 ließ der Inhaber dieser Herrschaft, Graf Wilhelm von Starhemberg, durch den „Tabakmann" Christian Lang aus Frankfurt am Main auf seinen Gütern Tabak pflanzen. Der Markt Schwertberg wurde verpflichtet, zur Bearbeitung der Tabakfelder 50 Roboter zu stellen, denen täglich ein Laibl Robotbrot im Gewichte von zwei Pfund gegeben wurde. Daneben fanden durch fünf Jahre hindurch, bis 1664, noch 300 Erwachsene und bis zu 386 Jungen jährlich Beschäftigung. 4
Die Tabakpflanzen wurden in Mistbeeten gezogen und hernach ins Freie versetzt. Die getrockneten Blätter beizten die Schwertberger mit einer Mischung aus Gummi, Gallus und Anis zu gleichen Teilen. Dann wurden sie schwarz gefärbt und rollenweise, ungefähr 3 Zentner (150 Kilo), in einer Kiste verpackt. 1660 bis 1665 kostete ein Zentner 10 bis 14 Gulden, ein Pfund 9 bis 14 Kreuzers) In Steyr war um diese Zeit der Tabakoerbrauch noch gering. Erst im Jahre 1666 lesen wir wieder von einer Berechtigung zum Tabäkverschleiß. Der Magistrat erteilte sie dem Pulvermacher Veit Eisengrueber. Der Drahtzieher Georg Gassenreither, der gleichfalls den Tabakverschleiß anstrebte, wurde abgewiesen?) Aber schon im folgenden Jahrzehnt stieg der Bedarf an Tabak, denn drei neue Verkaufsstellen wurden genehmigt. 1674 erhielt Jeremias Purckholzer das Bürgerrecht auf ein „Tobäckh Krümel", 1675 gewährte man der Witwe Elisabeth Höroltin „auf Wohlgefallen" die Tabakfeilhabung und 1676 erlaubte der Magistrat dem Bürger Stephan Lobmayr neben der Fragnerei auf Mehl und Grieß und dem Hainzl-Leutgeben auch den Tabakverkauf am Wochenmarkt?) Einem weiteren Ansuchen, das im nächsten Jahre der Scherschmiedgeselle Wolf Zechetner an den- Magistrat richtete, wurde nicht stattgegeben?) Waren bisher in Steyr nur Tabakkrämer tätig, die Fertigware verhandelten, so finden wir im genannten Jahre (1677) schon zwei Tabakmacher, die sich mit der Tabakverarbeitung befaßten, b. h. die Tabakblätter für den Verbrauch zubereiteten. Es waren dies die Bürger Georg Preß! und Hans Schweinzberger?) Allein ihre Tätigkeit stieß auf erhebliche Schwierigkeiten. Nach den merkantilistischen Grundsätzen jener Zeit verpachtete die Regierung nicht selten zum Nutzen des Staates den gesamten Vertrieb ergiebiger Handelsartikel an einzelne Personen. Die Bevölkerung brachte dieser Monopolidee jedoch nur wenig Verständnis entgegen. Sie empfand es als ungerecht, daß auf Kosten der anderen nur einer Person die Nutznießung eines Handelszweiges zuteil werden sollte?) Aehnlich verhielt es sich auch damals mit der Tabakfabrikation. Bereits im Jahre 1670 verlieh der Kaiser dem Grafen Franz Christoph Khevenhüller das Tabakmonopol oder, wie man es früher allgemein nannte, den Tab akap palt?") Für Steyr war diese Maßnahme aber vorderhand bedeutungslos, da hier noch kein Tabak verarbeitet wurde. Kritisch gestaltete sich die Lage erst, als am 3. Februar 1676 Kaiser Leopold die alleinige Tabakerzeugung in der „Tobak Spinn- und Jmprägnierungs-Fabrica" in Enns an Johann Geiger verlieh.") Mit seinem Auftreten ergaben sich die ersten Zwistigkeiten, da er, um sich Geltung zu verschaffen, Tabakblätter und Erzeugnisse der Tabakmacher als Kontrabande beschlagnahmte. Auch Georg Preß! mußte daran glauben. Im Jahre 1677 wurden ihm nicht nur Tabakblätter abgenommen, sondern auch Schläge zugefügt, weshalb er die Stadtbehörde um ein Jnterventionsschreiben an die Stadt Enns ersuchte?") Damit begann ein langwieriger und zäher Kampf, den Steyr zum Schutze der bürgerlichen Tabakmacher führte. Dreimal befahl der Landeshauptmann im Jahre 1677 dem Magistrat, das Tabakschutzpatent Geigers zu affichieren und die „Fabrizierung des Tabaks" durch die Bürger einzustellen?") Die Stadt aber ließ sich nicht einschüchtern. Sie erkundigte sich vorerst in dieser Angelegenheit in Linz und Wels, sandte Berichte an die Landeshauptmannschaft und an den Kaiser. Sie wandte sich auch an den Grafen Lobgott von Kueifstain?') der ebenfalls mit dem Geigerschen Patent nicht einverstanden war, da „Untertanen in seinen Märkten Schwertberg und Tragwein sehr geschädigt seien, weil sie schon vor Errichtung der Geigerschen Fabrik in Enns Tabak gebaut hätten. Sein Schwager, der jüngst in Gott entschlafene Herr Landeshauptmann,") sei der erste gewesen, welcher vor 19 Jahren einen Meister in das 5
Land, sowie den Bau und die Spinnung des Tabaks in Uebung gebracht habe?") Von Jahr zu Jahr verzögerte nun der Magistrat die Durchführung des Tabakschutzpatentes in Steyr. Einen Befehl der kaiserlichen Hofkammer vom Mai 1680, Geiger bei seinem Privilegium zu schützen, suchte der Rat dadurch hinauszuschieben, daß er bei der Landeshauptmannschaft um „Stillstand" ansuchte. Geiger selbst verlangte einige Male von Steyr die Einstellung der Tabakerzeugung.^) Doch alle Maßnahmen blieben erfolglos, ja die Tabakverarbeitung in der Eisenstadt erlebte gerade in jenen Jahren, in denen Geiger den Tabakappalt inne hatte (1676—1682), einen Aufstieg. Die Zahl der Tabakmacher nahm stetig zu, so daß 1682 sieben bürgerliche Tabakmacher in der Stadt tätig roctren.18) Unter solchen Umständen mußte Geiger zur Selbsthilfe greifen und die Einfuhr von Rohtabak nach Steyr zu verhindern suchen. Im Jahre 1681 lieh er durch den Mautner in Mauthausen dem Tabakmacher Lobmayr etliche Zentner Tabak im Werte von 49 Gulden abnehmen und beschlagnahmte kurze Zeit hernach abermals „um viel Gulden Werts" Tabakblätter der Steyrer Tabakerzeuger?5) Im folgenden Jahre (1682) endete die Verpachtung des Tabak-Appalts an den bürgerlichen Handelsmann Johann Geiger. Eine Verlängerung des Patents wußten die Landstände beim Kaiser zu verhindern, der gleichzeitig das Tabakmonopol vorübergehend aufhob."") Die bürgerlichen Tabakmacher der Stadt nahmen besonders scharf Stellung gegen jene, die unbefugt Tabak verarbeiteten^) und suchten jede neue Gewerbeberechtigung auf die Tabakzubereitung zu vereiteln. Ihre Angriffe richteten sich auch gegen solche Mitbürger, die neben einem anderen Gewerbe die Tabakfabrikation ausübten. Der Magistrat erhob jedoch gegen diese Tätigkeit meist erst dann Einspruch, wenn besondere Beschwerden laut wurden. So befaßten sich der bürgerliche Tabakkrämer Balthasar Schröckh und der bürgerliche Klingenschmied Gabriel Pichler bereits durch längere Zeit mit der Herstellung von Tabakwaren. Im Jahre 1680 aber mußten sie über Ersuchen der sechs Tabakmacher ihre Tätigkeit aufgeben, doch hatten ihnen die Supplikanten die vorrätigen Tabakblätter und den fertigen Tabak abzulösen. Zwei Jahre später fabrizierten Schröckh und Pichler neuerlich Tabak, ersterer sogar mit Bewilligung des Rates vom Jahre 1681. Abermals erhoben die Tabakmacher dagegen Einspruch und erklärten sich dem Magistrat gegenüber bereit, über ihre gewöhnlichen Steuern hinaus noch jährlich 50 Gulden für das Tabakmachen bezahlen zu wollen. Da der Rat auf dieses Ansuchen nicht gleich einging, beschwerten sie sich abermals über Schröckh und Pichler. Letzterer, so klagten die Tabakmacher, „verderbe" sie mit seiner Tabakerzeugung. Der Magistrat untersagte ihnen nun zum zweiten Male die Erzeugung und den Verkauf von Tabak. Pichler, dem die Tabakmacher den Blättervorrat, die Blätterpresse und die übrigen Geräte zur Tabakherstellung abkaufen sollten, forderte aber hiefür einen so hohen Preis, daß die Käufer erklärten, „ohne merklichen Schaden" diese Bestände nicht ablösen zu können. Da die Schätzung derselben durch ein Mitglied des äußeren Rates auch au keiner Regelung führte, wurden sie vorübergehend von der Stadtbehörde beschlagnahmt. Pichler und Schröckh ließen sich aber nicht entmutigen. 1683 erreichten auch sie die Bewilligung zur Tobakerzeugung, doch hatte ein jeder den Tabakmachern 15 Gulden zu geben und den entsprechenden Beitrag zur 50-Gulden-Steuer zu leisten.25) Das Bestreben der Tabakmacher ging dahin, in der Stadt eine solche Stellung zu erreichen, wie sie die übrigen Handwebksverbände besaßen. Aus diesem Grunde ersuchten sie 1682 beim Magistrate um die Ratifizierung einer sieben Punkte umfassenden „Tabak-Fabrikations- und Verkaufsordnung" und erklärten sich bereit, die oben erwähnte 50-Gulden-Steuer zu reichen, um sich dadurch das alleinige Recht der Tabakerzeugung zu sichern.22) 6
Wie das Beispiel Schröckh -und Pichler zeigte, war die Errichtung neuer Tabakwerkstätten mit großen Schwierigkeiten verbunden. Es gelang zwar in diesem Jahre noch dem Bürger Tobias Seyfridt, eine solche zu eröffnen, aber jedenfalls auch nur deshalb, weil er sich erbot, seine Erzeugnisse nicht in Steyr zu verhandeln, sondern nach Graz zu liefern.'") In den Reihen der Tabakmacher spielten Brotneid und Mißgunst eine bedeutende Rolle. Im Jahre 1683 richteten vier Tabakmacher, und zwar Stephan Lobmayr, Hans Perger,23) Paul Schaursperger und Georg Preßl ihre Angriffe gegen die Berufskollegen Schröckh, Seyfridt, Pichler und wahrscheinlich auch gegen Schweinsberger. Sie stellten an den Magistrat die Forderung, er möge nur ihnen allein bei der Tabakerzeugung Schutz angedeihen lassen. Die Stadtobrigkeit, bei der die Tabakmacher in diesem Jahre wegen ausständiger Quartalsgebühren nicht besonders angesehen waren, ging auf dieses Ansinnen wo-hl nicht ein. Sie hob sogar am 24. März 1684, da die Tabakmacher „allerlei Unordnung" begingen, die 50-Gulden-Steuer auf und stellte allen Bürgern die Tabakerzeugung frei.26) In den folgenden Jahren traten die bürgerlichen Tabakmacher vor allem gegen die unbehausten Tabakerzeuger auf.2') Nachdem wieder einige Bürger wie Koloman Leichtenhamer (1687), Hans Jakob Durst (1690) und Thomas Preßl (1691) die Tabakverarbeitung anstrebten, richteten sie im Jahre 1691 an den Rat die Bitte, weitere Ansuchen um Ausübung des Tabakgewerbes abzulehnen.26) Sie trachteten auch, die Einfuhr von Tabakwaren aus anderen Orten des Landes, z. V. aus Enns, zu verhindern.26) Durch zwei Jahre (1696 —1698) führten sie einen Kampf gegen den vom Magistrat genehmigten Tabakhandel der Mefferin Maria Eschlberger und erreichten auch dessen Einstellung?6) Im Jahre 1693 waren in Steyr elf Tabakmacher ansässig?") Damit war der Höchststand erreicht. Schon im folgenden Jahre scheiden zwei von ihnen aus. Gabriel Pichler starb und Balthasar Schröckh legte das Gewerbe zurück. Er bezog aus dem Bruderhaus wöchentlich zwei Laibl Brot. Vorübergehend befaßten sich die Tabakkrämer Andreas Polixmayr (um 1695) und Albrecht Durst (um 1702) mit der Tabakherstellung?2) Schon drei Jahre nach Aufhebung des Geigerischen Tabakschutzpatentes war wieder die Rede von einem neuen Tabackappaldo. 1687 hielt sich der Tabak-Ueberreiter Johann Steinmäßl „wegen des Towäckhs appaldo" auf Befehl des Grafen von Königsegg in Steyr auf?3) Demnach mußte um diese Zeit der Tabakappalt wieder verpachtet gewesen sein, obwohl in der einschlägigen Literatur hierüber nichts berichtet wird. Es mag auch fein, daß Oberösterreich nicht in den Geltungsbereich dieses Appalts gehörte. In diesem Lande bewarb sich darum 1693 Augustin Verdura?") Für die Steyrer Tabakmacher war erst der Tabakappalt des Ennfer Fabrikanten Johann Höllinger wieder von Bedeutung. Kaiser Leopold verlieh ihm am 22. Februar 1694 auf die Dauer von sechs Jahren die Rauchtabakfabrikation in Enns, das alleinige Tabak-Kauf- und Verkaufsrecht und auch die Administrierung des Tabak-Appalts?3) Der Steyrer Magistrat erhob dagegen Einspruch, indem er sich im April über den Abt von Garsten, der damals den wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt in jeder Hinsicht förderte, an die Landesstände wandte, welche diese Angelegenheit bei der kaiserlichen Hofkammer anhängig machten. Unterdessen erschien im Mai 1694 der Appal- tator Höllinger selbst in Steyr, er forderte die Tabakmacher in sein „Lo- giment" und verhandelte mit ihnen. Gleichzeitig beschlagnahmten Höllinaers Leute mit Bewilligung des Stadtgerichts innerhalb des Burgfrieds Tabakblätter, die ein Tabakmacher, vermutlich Paul Preßl, gerade in die Stadt gebracht hatte. Dieses Vorkommnis trug dem Stadtrichter eine Rüge ein, weil er sich vorher bei Bürgermeister und Rat hätte erkundigen sollen?6) Der Protest der Stadt und der Stände gegen dieses Privilegium scheint 7
keinen Erfolg gehabt zu haben. Als sie 1695 ein Patent der Landeshauptmannschaft in Erinnerung brachten, „daß auf Herrn Johann Höllingers als kaiferl. Hofkammer Tabak Appoldv Administrators gehorfambs Anhalten kein Tabak außer ihn zu Enns fabriziert werden soll", wagte die Stadt, wie früher gegen Geiger, keinen Einspruch mehr, sondern beauftragte das kaiserliche Stadtgericht, diesen Befehl gebührend zu beobachten?') Zwei Jahre später wurde bekannt, daß Hüllinger eine Verlängerung seines Schutzpatentes anstrebe, was als „höchst schädlich" für die Bürgerschaft angesehen wurde. Der von Steyr damals gemachte Vorschlag, den landesfürstlichen Städten den Tabak-Appalt zu übertragen, drang aber nicht durch. Mit kaiserl. Patent vom 20. 5. 1701 wurde Höllinger das Tabakprivilegium noch auf „einige Jahre" und laut Patent der Landeshauptmannschaft vom 18. Mai 1703 auf „andere 3 Jahr" verliehen.39) Zu Beginn des Jahres 1703 wurde von der Regierung der Tabakaufschlag eingeführt und Georg Bartholomäus Fischer als „Tabakaufschlager" im Lande ob der Enns bestellt. Im nächsten Jahre verpachtete' die kaiserliche Ministerial-Deputation den Tabakappalt an Baron Looc-telli, der Fischer mit der Durchführung betraute.39) Wie sich das Verhältnis zwischen Höllinger und den Steyrer Tabakmachern gestaltete, geht aus den Archivalien nicht hervor. Wahrscheinlich arbeiteten sie im Dienste des Appaltators, der sie ja auch mit Rohtabak belieferte?9) Zu Anfang des 18. Jahrhunderts treten die Tabakmacher immer weniger in Erscheinung, die meisten verlegten sich auf die Tabakkrämerei. Schon im Jahre 1683 befanden sich in Steyr zwölf bürgerliche Tabakkrämer. Zeitweilig gab es zwischen ihnen und den Tabakerzeugern größere oder kleinere Konflikte. Befaßten sich ja gelegentlich auch die Händler mit der Tabakerzxugung oder es verlangten die Tabakmacher, daß der Tabakverkäuf am „Platz" (Stadtplatz) nur am Wochenmarkt zu geschehen habe. Aber auch die Erzeugnisse der Tabakmacher waren nicht immer zufriedenstellend. Im genannten Jahre verlangten die Händler, daß sie „gerechten Tabak" erzeugen, ihn um billigen Preis geben und nicht unter einem Viertelzentner verkaufen.") Im Jahre 1684 kommt es zwischen ihnen hinsichtlich des Kaufes der Tabakblätter und der Ablöse von Tabakwaren zu einem Vergleich, der von beiden Teilen bei vier Reichstaler Pönfall „unverbrüchlich" zu beachten mar.4-) Einige Tabakkrämer betrieben den Tabakhandel als Nebengewerbe, so die Pulvermacher Veit und Martin Eisengrueber, die aber wegen Explosionsgefahr für das Pulver und für den Tabak je einen Verkaufsstand haben mußten, ferner der Gewerkschafts-Eisenbeschauer Wolf Teiflberger, der Lett- schlosser Wolf Gottlieb Rechberger, der Sockenstricker Johann Wibmer und der Stadtbader Wilhelm Matheß?3) Die Tabakwaren bezogen die Krämer oder „Ständler" im 17. Jahrhundert hauptsächlich von den städtischen Tabakmachern, doch gab es auch Ausnahmen?4) Ueber Tabakschmuggel berichten die Ratsprotokolle aus dem Jahre 1719. Damals beklagten sich die Tabakhändler wider den Bürger und Salzbereiter Sebastian Ledermayr, weil er oberländischen Tabak hereinbringe?3) Das kaiserliche Patent vom 11. März 1723 untersagte bei Strafe neuerlich die Einfuhr ausländischen Tabaks und wies die Käufer an die zu Linz eingerichtete Tabak-Verfchleiß-Adminiration?9) In den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts verringerte sich merklich die Zahl der Tabakkrämer. 1723 wurde ihnen das Tabakfeilhalten an den Vormittagen der Sonn- und Feiertage eingestellt, 1724 mußten sie der Landeshauptmannschaft namentlich gemeldet werden und im Frühjahr 1725 konnten sie aus einem am Rathaus angeschlagenen landesfürstlichen Befehl ersehen, daß im Tabakwesen eine Neuordnung geplant war?') 8
Die Nachricht, daß in Steyr eine Tabakniederlage errichtet werden sollte, veranlaßte 1727 die fünf bürgerlichen Tabakkrämer, den Magistrat zu bitten, ein „nachdrucksames" Jnterventionsschreiben an den kaiserlichen Tabakgefälls Oberadministrator o. Hillebrand in Wien zu richten?3) Die Eröffnung einer Tabakniederlage in Steyr kam aber erst im Jahre 1734 zustande.") In der ersten Ratssitzung zu Anfang dieses Jahres behandelte der Rat ein Schreiben des kaiserlichen Tabakamts-Administrators, worin er mitteilte, daß in Steyr eine Tabakniederlage errichtet werde. Gleichzeitig stellte er an den Magistrat die Anfrage, ob nicht ein Bürger der Stadt sich um diese Stelle annehmen möchte?") Wahrscheinlich im Zusammenhang mit dieser Neueinführung kam es bald hernach zu einem Zwischenfall, den das Linzer Tabakamt veranlaßte. Den Tabakkrämern Sebastian Bichler und Andreas Polixmayr wurde nämlich, ohne den Magistrat zu verständigen, der vorrätige Tabak abgenommen, der Laden gesperrt und über beide eine hohe Geldstrafe verhängt. Die Stadt protestierte gegen dieses Vorgehen, da man „ohne vorhero getane Anzeig gleich in denen bürgerlichen Häusern diesen Gewalt ausgeübet und den Kontraband gemacht fjabe."51) Ueber Vorsprache des Magistrates wurde Polixmayr vom kaiserlichen Tabak-Administrationsamt in Wien die Geldstrafe erlassen?") Die Tabakniederlage übernahm 1734 vermutlich der Stadt-Unterkämmerer Hans Georg Peyr, dem in Linz ein „Lizenz Zettl" zum Tabakhandel angetragen wurde und dem auch der Rat hiezu seine Genehmigung erteilte?3) In einem Zeitraum von nahezu einem Jahrhundert entwickelten sich aus bescheidenen Anfängen Tabakhandel und Tabakerzeugung zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig, dessen Verstaatlichung im 18. Jahrhundert vollständig durchgeführt wurde. Der Sitte des Tabakrauchens standen die Stadtväter allerdings ablehnend gegenüber. Sahen sie doch darin eine beständige Feuersgefahr für die Stadt. Im Jahre 1679 rügte der Rat das „Tabaksaufen" des ob seines liederlichen Lebenswandels in Ungnade stehenden Advokaten Johann Franz Mayr und untersagte ihm 1681 gänzlich das Rauchen?H Auch den Gesellen des Maurermeisters Hans Prandstetter wurde 1698 das „Tabaktrinken" eingestellt?") Am 27. Juni 1725 faßte der Rat folgenden Beschluß: „Und weilen der tägliche Augenschein gibt, daß nit allein das Bauernvolk, als auch die Zimmerleut, Maurer, Tagwerker und sogar die Stallbursch und Hausknecht den ganzen Tag die angefeuerte Tabakspfeife im Maul herumtragen und damit sobald in einem Heu- oder Holzstadl als die Ställ f-elbsten unvorsichtig eingehen, so ist zu Abwendung der hievon zu sorgenden Feuersgefahr resolviert worden, die Gerichtsdiener zu instruieren, jedwederen, der ihnen solchergestalten vorkommen wird, davon abzuwarnen, und der sich die Tabakspfeifen alsobald hinweg zu tun weigern würde, dem sei sie mit Gewalt aus dem Maul zu nehmen und also gleich zu zerbrechen.""") Nach dem gewaltigen Stadtbrand im August 1727 scheint man in dieser Hinsicht noch vorsichtiger geworden zu sein. So beschwerte sich 1733 der Son- dersiechenhausverwalter Mühldorffer über den Pfründner Frechinger, weil er mit „dem so excessivo — als gefährlichen Tabäkrauchen noch immer fortfahre und fast alle Winkel ausschliese, allwo zu besorgen, daß durch ein aus der Tabakpfeifen etwa herausfallenden Funken die größte Feuersgefahr entstehen könnte.""") Bis ins 19. Jahrhundert hinein war das Tabakrauchen von der Stadtobrigkeit nicht gerne gesehen. Noch 1812 wurde das Rauchen auf dem Stadtplatz mit einem 24stündigen Arrest geahndet?3) * 9
Verzeichnis der Tabakmacher. Zusammengestellt aus den Ratsprotokollen der Stadt Steyr. Georg Preßt (1677) Hans Schweinzberger (1677) Paul Schaursperger (1679) Stephan Lobmayr (1681) Tobias Seyfridt (1682) Jakob Wernberger (1683) Balthasar Schröckh (1683) Gabriel Pichler (1683) Hans Perger (1683) Paul Preßl (1684) Balthasar Durst (1684) Hans Jakob Durst (1690) Thomas Preßl (1691) Andreas Polixmayr (1695) Albrecht Durst (1702) Anmerkungen: (Rx. — Ratsxrotokoll, S. sich im Stadtarchiv Steyr.) H J., Allgem. Sanitätswesen. Nr. IV. -) Rp. 1646, 345’. 3) A.Hoffmann, Wirtschaftsgeschichte des Landes ©berösterreich. (Salzburg 1952). S. 101. 4) <5. Grüll. Der erste oberösterreichische Tabak. ©.-©e. Heimatblätter. Ig. I, Best 4. 5. 336 ff. 5) Rp. 1666, 236’, 238; — 1667, 445. °) Rp. 1674, 19’; — 1675, 21; — 1676. 44. 7) Rp. 1677. 219. 8) Rx. 1677, 244, 254. 9) <E. Fließ und ©. Schund, Tabakschmuggel in (Oesterreich im 17. u. 18. Jahrhunderte, mit besonderer Berücksichtigung des Landes ob der Enns. Heilmatgaue 1953, Ig. 14, S, 26 ff. 10) Np. 1671, 4. “) G. Grüll, a. a. ®. 12) E. Frieß u. ©. Schmid, a. a. ®. — Np. 1677, 244. 13) Np. 1677, 244, 278, 341. ") Np. 1677, 244, 254, 321. 15) Heinrich Wilhelm v. Starhemberg war seit 1672 Landeshauptmann von ©ber- österreich; gest. 2. 4. 1675 zu Wien. G. Grüll, a. a. ©. >°) G. Grüll, a. a. ©. 17) Rp. 1680, 78, 92, 115a. ls) Np. 1682, 149, 154. 19) Rp. 1681, 24, 209. i0) G. Grüll. a. a. ©. -') Np. 1679, 233; — (680, 19. «) Np. 1680. 164, 166; — 1681, 184; — 1682, 34, 64, 57, 100, 108, 110, 175; — 1683, 6, 12, 18, 123, 129, 131, 152, 139. 146. *>) Np, 1682, 73, 154; — 1683, 14. 10 — Faszikel. Sämtliche Archivalien befinden 24) 1682, 72, 109, 121, 149. — Max Hue- ber und Georg Benedikt Haidenprun- ner wurde das Tabakmachen nicht bewilligt. Rip. 1682, 145, 150; — 1683, 52. " 25) Hans perger, Tabakmacher seit 1683. Rp. 1683, 35. -28) Rp. 1683, 130, 132, 133, 137; — 1684, 64. 27) Rp. (684, 156. -8) Rp. 1687, 109; — 1690, 92; — 1691, 59, 118'. 29) Rp. 1687, 120. 30) Rp. 1696, 25; — 1697, 109, 151; — 1698. 15, 83. 31) E. Frieß u. ©. Schmid. a. a. ©. 32) Rx. 1694,, 95, 102, 112. 160, 202; — 1695, 70, 84; — 1696, 124; — 1701, 233; — 1702, 48. 33) Rp. 1685, 106; — 1687, 54. 34) Rp. 1693, 18. 3ä) G. Grüll, a. a. ©. 3«) Rjp. 1694, 68, 86, 95, 140. 37) Rp. 1695, 127. 35) Rp. 1697, 7; — 1701, 165; — 1705, 175. 39) G. Glüll, a. 3. ©. — Rp. 1705, 19, 52, 188; — 1706, 24. 40) Rp. 1694, 104; — I695. 37; — 1702, 48. ") Rp. 1681,. 209, 213; — 1683, 41. 4-) Rp. 1683, 63, 89; — 1684, 9. 43) Rp. 1682, 168; — 1687, 130, 142; — 1709, 64; — 1710, 7; — 1725, 130. ") Martin Lisengrueber erhielt vom Rat die Bewilligung, Tabak bei Höllinger in Enns zu kaufen. Rp. 1687, (42. 4ä) Rp. 1719, 100. 48) Rp. 1725, 93-
47) Rp. 1722, 130; — 1724, 208; — 1725, 109. — Seit August war der Tabakaufschlag an den Grafen zu Wartenburg verpachtet, Rp. 1722, 165, ,s) Rp. 1727, 18. ") 1730 erschien ein kaiserl. Patent betreffend die Andauung, verfchleißung und gesetzten Preis des Tabaks. Rp. 1730, 53. 5») Rp. 1734, 2. 51) Zip. 1733, 328; — 1754, 42. “) Zip. 1734, 206, 251. — Sebastian Bichler wurde mit 100 fl. bestraft. ®b ihm die Geldstrafe geschenkt wurde, ist nicht bekannt. Zlip; 1734, 287. 53) Zip. 1734, 67. — In diesem Jahre erschien ein kaiserl. Patent, den Rauch- und Schnupftabak betr. Zip. 1754, 41. — 1754 ersuchten die Steyrer Tabakkramer um Verlegung mit besserem Rauchtabak. Rp. 1734, 524. M) Rp. 1677, 3io; — 1679, 241; — 1681, 166. 55) Rp. 1698, 47. 66) Rp. 1725, 117. 57) Rp. 1755, 150. 5S) ZI. tzackel. Aus dem bürgerlichen Leben vergangener Tage. Kulturgeschichtliche Bilder aus den Ratsprotokollen der alten Eisenstadt Steyr. Sonderabdruck aus dem XXVII. Jahresberichte des k. k. Elisabeth-Gymnasiums. Wien 1912. S. 51 ff. 50) In Klammer das Jahr der ersten Erwähnung in den Ratsprotokollen. 11
Zur Geschichte der Grundbücher von Steyr Dr. Heinrich Demelius, o -ö. Prof, der rechts- und staatswissensch. Fakultät der Universität Wien Das Grundbuch ist für unser materielles Leben von großer Bedeutung. Nach unserer Wirtschastsverfassung ist der Teil der Erde, den wir Oesterreich nennen, nicht eine ungeteilte Fläche, sondern er ist in viele abgegrenzte Teile zerlegt, die im Eigentum verschiedener Personen stehen. Diese Liegenschaften heißen in der Rechtssprache Grundbuchskörper, da ihr Bestand an Grundstücken (ein Begriff des Grundsteuerrechts), ihre Eigentümer und die auf ihnen liegenden Nutzungs- und Sicherungsrechte anderer (Lasten) im zuständigen Grundbuch verzeichnet sind. Wer ein Haus oder einen Acker zu kaufen wünscht, erfährt aus dem Grundbuch, wer der Eigentümer der zu erwerbenden Liegenschaft ist und welche Dienstbarkeiten, Reallasten, Pfandrechte er als Erwerber in Kauf nehmen muß. Wer Geld auf fein Haus aufnehmen will, erhält es von der Sparkasse oder einem anderen Kreditinstitut erst gegen den Nachweis, daß für die Rückforderung des Geldgebers ein Pfandrecht m der dem Grundbuchskörper gewidmeten „Einlage" des Grundbuchs eingetragen ist; eine ähnliche Vorsicht wird auch der selten gewordene private Geldgeber walten lassen. In der Einlage herrscht schönste Ordnung: die den Grundbuchskörper bildenden Grundstücke sind im A-Blatt (Gutsbestandblatt), der Eigentümer ist im B-Blatt (Eigentumsblatt), die Lasten sind im C-Blatt (Lastenblatt) eingetragen. 1. Die Grundbücher 1773. Nichts Bestehendes kann voll verstanden werden, wenn, man nicht weiß, wie es entstanden ist. Die Geschichte des österr. Grundbuchs geht in das Mittelalter zurück. Zuerst aus dem Boden des heutigen Oesterreich ist das (zu privatrechtlichen Zwecken berufene) Grundbuch in Wien entsprossen; Grundbücher der Stadt Wien und des Schottenstiftes sind aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts erhalten?) In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren auch schon ländliche, von den Herrschaften geführte Grundbücher weit verbreitet. Nur Oesterreich ob der Enns machte eine Ausnahme. Seine Städte und Fluren blieben durch Jahrhunderte grundbuchlos?) Diese Lücke wurde in den Städten durch Eingelurkunden, Stadtbücher und Ratsprotokolle, auf dem Lande durch herrschaftliche Urbare und Protokolle nur notdürftig ausgefüllt?) Auf solche Quellen ist denn auch für die ältere Zeit die verdienstliche „Häuserchronik der Altstadt Steyr" aufgebaut, die Inge Krenn verfaßt und das Kulturamt der Stadt Steyr veröffentlicht hat (1961)?) Erst für das Jahr 1773 nennt sie das Grundbuch als Quelle ihrer Besitzerangaben. Das ist richtig: das älteste der drei Grundbücher von Steyr ist in dem genannten Jahre angelegt worden. 12
Diese Anlage war den sieben landesfürstlichen Städten des Erzherzogtums Oesterreich ob der Enns durch das „Fürmerkungspatent" Maria Theresias von Wien, den 20. Dezember 1771 aufgetragen worden?) „Nachdem Wir bereits", so sagt die Kaiserin, „unterm 3ten Octobris des 1754. Jahres nach dem Beyspiel anderer Unserer Kaiserlich-Käniglich-Böhmisch- und Oesterreichischen Erblanden auch Hierlands eine Landtafel, jedoch nur, soviel die im Landhause inliegende Herrschaften, Güter und Gülten, auch Freyhöf und Freyhäuser, und sonstige Unbeweglichkeiten betrift, so in dem ständischen Einlag- Buch inliegen, eingeführet, und hiedurch dem allgemeinen Trauen, und Glauben bey den im Lande Begüterten mit verspürter guter Wirkung vorgesehn haben; als haben Wir auch nunmehro respectu der übrigen im Land befindlichen Gütern, so in der Landtafel nicht eingezogen werden können, sondern den Grundbüchern, wohin selbe unterthänig seynd, auch der Vormerkung halber zu unterstehen haben, die gehörige Sicherheit zu> verschaffen, und sofort den gemeinen Handel, und Wandel auch bey den! Inhabern ermeldteter Realitäten durch den gleichmäßigen Weg einer verläßlich, und gesicherten Vormerkung zu steuern, nach vernommen-allseitiger Behörde, und Uns darüber be- schehenen gehorsamsten Vortrag für gut befunden, und allergnädigst entschlossen, daß bis eine gleiche Verfassung seiner Zeit Überhaupts auch bey all übrigen Herrschaften auf dem Land hergestellt werden möge, bey den Landesfürstlichen Städten dieses Erzherzogtums ob der Enns ordentliche Vormerkbücher errichtet, und hiemit es einiger maßen auf gleiche Art, wie bey allhiesiger Landtafel dergestalten gehalten werden solle...". Wie sind diese „Vormerkbücher" einzurichten? „Finden Wir für Nothwendig, daß zu gesicherter Erfüllung dieses Vormerkungs-Werks bey Unseren sämmtlichen Landesfürstlichen Städten in Unserem Erzherzogthum Oesterreich ob der Ennß 3. Bücher, nemlich lmo das Dienst- oder Grundbuch, worinnen das unbewegliche Gut, oder Haus, sammt dem Namen des Possessoris mit Referirung auf das Folium des Gewehrbuchs vorgeschrieben, 2do das Gewehrbuch, allwo des Possessoris Titulus possidendi zu dessen Legitimation, sammt den hierzu erforderlichen Instrumenten eingetragen, wie auch die hierauf haftende onera mit Beziehung auf das sogenannte Satzbuch angemerkter sich befinden, und endlich 3tio das besondere Satzbuch selbsten, in welchem alle auf solch unbeweglich Gut, oder Haus heftende, von Zeit zu Zeit aufgebürdete onera realia secundum prioritatem temporis mit den allda ebenfalls eingeschriebenen, oder aufbehaltenen, hierzu gehörigen Instrumenten vorgemerket sich befinden, ordentlich geführet werden, welche 3. Bücher all-jenes, was ein Vormerk- mit dem Instrumentenbuch in sich begreifen sollte, in der That vollkommen enthalten; Jedoch seynd solche alsobald, und zwar längstens bis Ima Januarii künftigen 1773. Jahrs bey 20 Ducaten Poenfall herzustellen; Wie dann im widrigen Sie Magistratuales für allen etwa durch diesfällige Unrichtig- und Unverläfsigkeit den Partheyen zuwachsenden Nachtheil zu haften allerdings angehalten sein sollen." Mit dieser Vorschrift war den oberösterr. Städten eine Gvundbuchseinrich- tung zugedacht, wie sie nach den Erhebungen des Gesetzgebers, die er in dem Fürmerkungspatent für die landesfürstlichen Städte und Märkte Niederösterreichs 1765 niedergelegt hatte,°) dort üblich war. Der Wille eines absoluten Herrschers muß befolgt werden und ist stets befolgt worden, sind wir heute zu glauben geneigt; aber die Grundbücher der oberösterr. Städte vom Jahre 1773 bestätigen diese These nicht. Eine Durchsicht der stattlichen Reihe von Bänden, die in der Grundbuchskanzlei des Bezirksgerichts Steyr neben einer neueren und einer neuesten Serie stehen, zeigt eine vom Fürmerkungspatent 1771 deutlich abweichende, aber nicht unzweckmäßige Konzeption?) „Das bey der if. k. und landesfürstlichen Camergut Stadt Steyr im Jahr 773 eingeführte Grund Buch über die in der Einlag befindliche bürgerliche 13
Häuser und Realitäten" widmet jeder Liegenschaft unter Beifügung des Besitzernamens (3. B. „Aennetschlägers Johann Hauß in der Stadt in Grien Marckt") ein Blatt, das dazu bestimmt ist, in zeitlicher Reihenfolge Einträge über Besitzerwechsel aufzunehmen (3. B. „Vermög -des fub dato 27t Febr. 733 errichteten sub praes: 10t Martij in Thomo 2t Jnstr: Fol 145 eingetragenen Kaufs-Contract pr 3600 fl ist die Johann Ainnetschlägerische Huefschmied:s- behausung in der Stadt sub Ro 59 dem Johann Mesner Huefschmidsgesöllen von Linz gebürtig käuflich überlassen, und zuegeschrieben worden".)9) Der zweite Bestandteil der Grundbuchseinrichtung 1773 ist das „Saz-Buch derer auf die bey der kayl: förttgl: und Landesfürstl. Stadt Steyr in der Einlaage stehende bürgerliche Häuser, und Realitäten beschechende Vormerckun- gen." Auch hier beginnt das Blatt mit der Angabe des Hauses und des Besitzers (mi-e im Grundbuch). Dann folgen unter der allgemeinen Bezeichnung „Hierauf hafftende Onera" Einträge über die „Fürmerkung" von Schuldbriefen, deren Beträge rechts am Rand in fl. und kr. ausgeworfen sind; eine links anschließende Spalte ist zur fortlaufenden Numerierung der Lasteneinträge bestimmt (3. B. „1. — Den 14 Jenner 774 ist fürgemercket worden lauth Schuld Obligation bat: Steyr 1 8bris 767 Andre Schefftlmayr mtj_100. — Vide Tom. 1 Jnstr. Fol. 230". Darunter: „2. — Den 17 Jenner 778 seynd fürgemercket worden die Joh. Annetschläger' 2 Kinder laut Schuldbrief ddo 19 Tbris 774 mit 1250. — Vide Tom. 1 Jnstr. fol: 361". Aber mitten unter den Lasteneinträgen ist auch hier der Besitzerwechseleintrag eingeschoben (für Johann Mesner), den wir schon aus dem Grundbuch kennen, und eine eigene Spalte zur Linken, überschrieben mit „Neue Possessores" ist dazu bestimmt, den Namen des Erwerbers besonders hervorzuheben. Es ist klar: damit ist ein Buch geschaffen, das mit dem niederösterr. Satzbuch, einer zeitlich angeordneten Sammlung von Auszügen aus Verpfändungsurkunden, nur mehr den Namen gemein hat, ein Buch, neben dem das parallel geführte „Grundbuch" entbehrlich scheint, ein Buch, das man nach seiner zentralen Bedeutung als Hauptbuch bezeichnen könnte, ein Buch, das ohne Zweifel nach dem Vorbild des bahnbrechenden Hauptschuldenbuchs der Oberösterr. Landtafel 1754 angelegt worden ist, womit die Urheber der städtischen Grundbücher 1773 der allgemeinen Weisung des Fürmerkungspatentes, sich an das Muster der oberösterr. Landtafel zu halten, entsprochen, dagegen die speziellen Vorschläge für die Ausgestaltung der Bücher ignoriert haben. Auch die im Fürmerkungspatent enthaltene Anweisung hatte die Ver- bücherung von Abschriften über die in den Einträgen genannten Rechtsgeschäfte vorgesehen und diese Abschriften auf Gewährbuch und Satzbuch ausgeteilt. Es ist wieder Landtafelrecht, wenn in der Grundbuchseinrichtung der oberösterr. Städte nur ein „Jnstrumentenbuch" für diesen Zweck bestimmt wird. Der Wert, den die Stadt Steyr ihren neuen Grundbüchern beilegte, kommt nicht nur in dem Pergament, in das sie die Bände kleidete, sondern auch darin zum Ausdruck, daß die Bestätigung des Eingangs der Gesuche („Präsentatum am...") und die Bewilligung der Einträge („Jntabuletur") im Namen des Bürgermeisters selbst — bis 1781 Richard von Paumgartten —9) erfolgten 2. Die Grundbücher 1794. Einhundertzwanzig Jahre lang ist die nach 1754 errichtete oberösterr. Landtafel, an der auch Steyr Anteil hatte'"), geführt worden; erst nach 1874 durch das Grundbuch Linz für landtäfliche Liegenschaften ersetzt worden. Nur zwanzig Jahre Lebensdauer waren den schönen Grundbüchern von Steyr 1773 be- schieden. Seit 1785 waren — auf Betreiben der oberösterr. Stände — in Linz und Wien Vorbereitungen für Grundbücher über die untertänigen Häuser und 14
Gründe Oberösterreichs im Gange; sie hatten zum Grundbuchspatent Leopold II. vom 24. Juli 1791 und zu dessen Reproduktion unter Franz I. am 2. November 1792 geführt.") Wie sollten die Grundbücher nach dem oberösterr. Gmndbuchspatent eingerichtet sein? Das neue Patent bezog sich nicht auf alle nichtlandtäflichen Liegenschaften Oberösterreichs, sondern nur auf untertänige Häuser und Gründe, betraf aber damit auch die sieben landesfürstlichen Städte, da sie außer den bürgerlichen Häusern, über die sie schon 1773 Grundbücher angelegt hatten, auch untertänige Gründe (Rustikalien) besaßen. Für diese Städte bestimmte also das Patent (§ 3 II), sie sollten die alten Grundbücher, sofern sie sie weiterzuführen wünschten, der Landesregierung vorlegen, die durch eine Kommission untersuchen und entscheiden lassen werde, ob sie den neuen Anforderungen entsprächen. Aber die Stadt Steyr machte von dieser Möglichkeit feinen Gebrauch, sondern entschloß sich, für alle ihre Realitäten, bürgerliche und untertänige, Grundbücher nach dem neuen Patent anzulegen, was sie am 8. April 1793 der Landesregierung unter Anschluß des von ihr in Aussicht genommenen Grundbuchformulars mitteilte.") So kamen 1794 die zweiten Grundbücher der Stadt Steyr zustande, die erst später in Ganzlederbände mit blindgepreßten Stadtwappen und Jahreszahlen (1829, 1833, 1839) gebunden wurden.") Im Mittelpunkt der neuen Einrichtung steht das zehnbändige „Grundbuch", dessen „Grundbuchseinlagen" die Angaben des Grundbuchs und des Satzbuchs des vorangegangenen Systems 1773 vereinigen und übertreffen, indem sie nicht nur die Besitzer und die privatrechtlichen Natural- und Geldlasten, sondern auch die „Gaben" (Steuern) und die „Gefälle" (Gebühren) ausweisen. Diese Bereicherung des Inhalts ist auf Vorschläge der Landesregierung und der Stände in Linz zurückzuführen; die Verlegung des Schwerpunkts vom Satzbuch auf das Grundbuch haben die Wiener Zentralstellen, insbesondere als deren Exponent der Referent der Obersten Justizstelle, Franz Georg von Keeß, hinzugefügt. Für die Aufnahme der Urkunden über Besitzerwechsel und Belastung war im Patent 1792 ein „Urkundenbuch" vorgesehen; es „kann aus mehreren Teilen bestehen, und wird in das Gewährbuch und Satzbuch abgesondert" (§ 38). Von dieser Zweiteilung des Urkundenbuches hat Steyr diesmal Gebrauch gemacht. Die alten Namen bedeuten nun freilich ein Neues. Die Zeit der Gewähreinträge („N. N. hat empfangen Nutz und (Berner eines Hauses hie zu Wien am Hochenmarkht... als das von I. D. um 300 tl mit Kauf an ihn kommen ist..."), die durch Jahrhunderte die Gewährbücher gefiUIt hatten, ist vorbei; dieses Getvährbuch (in 7 Bänden) enthält für jeden Grundbuchseintrag abschriftlich das Grundbuchsgesuch der Partei, die Eintragsbewilligung des Stadtmagistrats, den Kaufvertrag. Ganz ebenso ist der Inhalt des Satzbuches (in 14 Bänden); nur stehen anstelle der Kaufverträge die Schuldbriefe oder ähnlichen Urkunden (z. B. Heiratsbriefe). Sd wurden die zweiten Grundbücher von Steyr seit 1794 (der im Patent 1792 bestimmte Anfangstermin vom 1. November 1793 war auf 31. Januar 1794 verlegt worden) geführt. Die im Jahre 1848 ausgelöste Gerichtsreform bringt die Verstaatlichung der Grundbücher; mit Ende Mai 1850 beschließt der Magistrat der Stadt Steyr seine Tätigkeit in Grundbuchsachen: der Grundbuchführer seines Grundbuchamtes (Neuber) übergibt die Grundbücher an das k. t. Bezirksgericht Steyr, das sie zunächst in gleicher Art fortführt. Die kaiserliche Verordnung, 1851 RGBl. Nr. 67, erlassen, „um die den Realkredit lähmenden Verzögerungen in dem Landtafel- und Grundbuchsgeschäfte zu beseitigen, und die dringend gebotene Beschleunigung desselben herbeizuführen", schaltet Gewährbuch und Satzbuch von weiterer Benützung aus und ersetzt sie 15
für die Zukunft durch die aus Parteiabschriften zusammenfließende Urkundensammlung. Das „Grundbuch" des Systems 1794 aber lebt weiter. Noch im Jahre 1861 wird für die „Ortschaft Stadt" ein Fortsetzungsband eröffnet (12/2), für den ein bis dahin unbenutzter Lederband 1829 Verwendung findet. 3., Die Grundbücher 1880 Im Jahre 1871 bringt das Allgemeine Grundbuchsgesetz die Vereinheitlichung des formellen und materiellen Rechts der öffentlichen Bücher in Oesterreich. Das Grundbuchsformular ist zwar Landessache, aber gleichlautende Grundbuchanlegungsgesetze für die einzelnen Länder, für das Erzherzogtum Oesterreich ob der Enns das Gesetz 1874 RGBl. Nr. 89, sehen auch die Kongruenz der inneren Einrichtung aller Grundbücher aller Länder vor. Aber gut Ding braucht Weile: erst im Jahre 1880 wurde das neue, noch heute in Gebrauch stehende Grundbuch für Steyr eröffnet. So ist das Eigentumsrecht auf das Haus in Zwischenbrücken für Ludwig Werndl um 53.000 fl ö. W. auf Grund des Kaufvertrages vom 12. Mai 1873 noch in dem obgenannten Grundbuch der zweiten Serie einverleibt (12/2 Grundbuchbogen 1); erst die späteren rechtlichen Schicksale dieses Objekts haben im dritten Grundbuchsystem (Grundbuch der Katastralgemeinde Steyr, Einlage 1) in drei Einverleibungen des Eigentumsrechtes ihren Niederschlag gefunden: 1881 für die österreichische Waffenfabriksgesellschaft in Wien, 1891 für die Steyr-Werke Aktiengesellschaft, 1935 für die Steyr-Daimler-Puch Aktiengesellschaft. Das Grundbuch, hier und sonst, ein Register des persönlichen und wirtschaftlichen Lebens! Möge die erfolgreiche Sorge, die erst die Stadt Steyr und dann der Staat in den Grundbüchern von Steyr für die Klarstellung der Liegenschaftsverhältnisse dieser schönen Stadt aufgewendet haben, bei deren Bewohnern und Besuchern nicht ohne dankbare Anerkennung und Verwertung bleiben. Anmerkungen !) vgl. tn. Aufsatz „Ueber die alten Wiener Grundbücher" im Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stabt Wien, Band 9 (1951), S. 110—US. 2) <2. Trinks in den Mitteilungen des Dberösterr. Landesarchivs, t. Band 1950, S. 49, der die Geschichte der oberösterr. Grundbücher kurz schildert. *) vgl. zu diesen (Quellen: Zibermayr. Das oberösterr. Landesarchiv in Linz. dritte Auflage igso; <£. Trinks, Die Bestände des oberösterr. Landesarchivs, Mitteilungen I, 5. 7 ff; 21. Hoffman n, Die (Quellen zur Geschichte der wirtschaft im Lande ob der (Enns, Mitteilungen I. S. 107 ff. 4) Dessen tatkräftiger und gastfreundlicher Leiter Mag.-Rat Dixl.-Kfm. Dr. Lrlefried Krobath hat auch meinen Beitrag angeregt. 5) Abgedruckt bei 3. 5t. Kräckwitzer, vollständige Sammlung aller Gber-Befterr. Gesetze, Bd. XXXVI 1772. °) Cot). Austr. VI, 5. 753. 7) Daß ich diese Durchsicht außerhalb der Amtszeit vornehmen konnte, danke ich — unter Vermittlung des Kulturamts — der besonderen Güte des Gerichtsvorstehers Dr. I. werndle. s) Dieses Haus ist bei 3- Krenn als Stadtschmiede, pfarrstiege 2, auf 5. 7 angeführt. 9) vgl. 3. Krenn, S. loo. 10) vgl. 3- Krenn, S. 45, 50, 51. n) Genaueres über die Entstehungsgeschichte der beiden patente hoffe ich nächstens an anderer Stelle berichten zu können. 12) Cberösterr. Landesarchiv, Akten der Landesregierung. Nr. 6419, Nr. 857. 1S) Die eingepreßten Jahreszahlen geben nicht das Alter des Grundbuches, sondern des Einbandes an. sollten daher nicht wie von I. Krenn („Gb. 1833") zur Kennzeichnung der zweiten Grundbuchserie verwendet werden. 16
Kürgermeister Gotthard Hayderger Ei» Künstler des Karockbaues Dr. Erlefried Krobath Unter den vielen bedeutenden Männern, die seit 1500 als Bürgermeister die Geschicke der Stadt Steyr lenkten, ragt die Persönlichkeit Gotthard Haybergers besonders hervor. Er war nicht nur ein geschätzter Bürger der Stadt, den das Vertrauen seiner Mitbewohner an viele wichtige Posten des öffentlichen Lebens berief, sondern er war auch einer der genialen Baumeister seiner Zeit, dessen Werk den Nachfahren noch heute Bewunderung abringt. Sein Name ist durchaus würdig, mit denen der großen österreichischen Baumeister des Barock und Rokoko in einem Zuge genannt zu werden. Hayberger wurde am 28. April 1695 als fünftes unter den 7 Kindern des Paul und der Maria Hayberger geboren?) Sein Vater Paul, der aus der Ortschaft Bruck nach Peuerbach im Bezirke Grieskirchen zuwanderte, war Maurer und Bürger zu Peuerbach. Es kann wohl vermutet werden, daß Hayberger die Anfangsgründe des Maurerhandwerkes bei seinem Vater erlernte, jedoch ist nicht bekannt, wo er seine Gesellenzeit verbrachte. In einem Ansuchen vom April 1721 schreibt er: „---- habe auch das Maurer Handtwerch erlehrnet und ausgelehrnet vndt mich darinnen seithero solchergestalten perfectionieret, das ich dermalen die Stöll eines Maurer Palliers versehe."") Der Vater muß ein sehr tüchtiger Mann gewesen sein, da er, obwohl nach Peuerbach zugewandert, „Maurer und Bürger" genannt wird. Sein Verdienst und sein Fleiß werden es ihm trotz der siebenköpfigen Familie ermöglicht haben, ein Haus zu erwerben, denn sonst würde er nicht zu den Bürgern gezählt haben. Wir wissen nicht, wann Hayberger nach Steyr zugezogen ist, doch scheint dies bald nach seiner handwerklichen Ausbildung gewesen zu sein?) Als Maurerpolier fand er hier Gelegenheit, die Witwe des Mathias Gallbrunner, eines Maurerpoliers unter der Stiftsherrschaft Garsten, kennen zu lernen und zur Braut zu gewinnen?) Margarethe Gallbrunner war die Tochter des Stadtmaurermeisters Johann Prandftetter (ober auch Prandftötter genannt), H Geb.-Urk. des Pfarramtes peuerbach, tom. III, xag. 205. Die Geschwister waren: Matthias, geb-. HO. (. (678; Magdalena, geb. (?. 3,"'(679; Lva Rofina, geb. n. U. (680; Anna Regina, ((. (0. (686; Franz, geb, 50. 9. (697; Anna, geb. (7. 2. (703. Die (Eitern verstürben rasch hintereinander: die Mutter am 8. (2., der Vater am (o. (2. (729. *) St.A, Steyr, Bv R. II. £. 9. ad 37(8. 3) Im Alter von noch nicht 26 Jahren suchte er um das Bürgerrecht an 4) Bv 37(4. Gotthard Hayberger (Nach einem Gemälde von Morzer; 17
die sich am 17. 2.1716 mit Gallbrunner verehelichte. Prandstetter, als künftiger Schwiegervater, versprach Hayberger, ihm sein „Haus in billigem werth neben dem Handwerch" zu überlassen. Damit war dem Bräutigam die Möglichkeit geboten, sich um das Bürgerrecht zu bewerben und er konnte beim Magistrat Steyr ein Gesuch um Gewährung desselben einreichen?) Am 15. März 1721 richtete er an die Stadt ein „wiederholtes gehorsam- bes anmessen amb Bitte", ihm das Bürgerrecht zu erteilen und ihm ein „Ley- dentliches burgergelt außzuwerfen"") unter dem Hinweis darauf, daß auch die Maurer-Innung „wider die aufnembung zu Einem Mayster Khain bedenkhen Trage". Nachdem sich der Rat der Stadt von der Richtigkeit der Uebergabe des schwiegerväterlichen Hauses überzeugt hatte?) wurde Hayberger am 18. April 1721 das Bürgerrecht verliehen?) Den Bürgereid legte er am 10. Juni 1721 ab?) Das Schaffen Haybergers fällt in eine Epoche, in welcher Steyr eine zweite Blütezeit des Wohnhausbaues erlebte und „die um die Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte"?) Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges hatte sich im deutschen Kulturkreis überall der Barockstil durchgesetzt, für den süddeutschen Bereich bildeten die siegreichen Türkenkriege und die damit in Zusammenhang stehende religiöse Erneuerung die seelischen Grundlagen?) Es werden in dieser Zeit weniger Neubauten'geschaffen als Fassaden mit verschwenderischer Fülle neu gestaltet. Neben dem Rokoko, das um das Jahr 1750 einsetzte, blieb auch die spätbarocke Bauart erhalten?) Die Meister dieses Stiles waren sehr eigenwillig, selten ähneln bestimmte Motive an den Fassaden einander oder waren gar gleich. Dies macht ein sicheres Erkennen der von einem bestimmten Baumeister durchgeführten Bauten sehr schwierig ober fast undurchführbar. Diese letztere Erkenntnis verhindert ein genaues Bestimmen aller von Hayberger durchgeführten Bauten. Im städtischen Archiv fehlen die Stadtrechnungsbücher dieser Jahre, die auch wertvolle Ausschlüsse geboten hätten: die Bauakten dieser Zeit wurden nach dem ersten Weltkrieg eingestampft?) Die in diesem Aufsätze angeführten Bauten Haybergers können daher auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.* * 3 4 * * * * 9 1) Bv K. n, £. 9, ad 2718. prandstetter übergab sein Haus „am Ahirchweg (heute pfarrgasse 2)". Rp 1721. 35. -) $D 4. 5. 62. Die Bitte des Bewerbers, ein „leidentliches" Bürgergeld festzusetzen, läßt darauf schließen, daß der Rat die Höhe des Betrages nach der materiellen Leistungsfähigkeit des Gesuchstellers bestimmte. Rp 1721. 42. 3) Rp l?2l: „Man der Suppl. dis prandstötterfche haußybergab vorhero würd zur richttgkheit gebracht haben, fob-art folgt fehrnerer bfchaid. actum im Stadt Rath. 15 Marty 1721." — Rp 1721. 62: Hanns prandstetter, bürgerst Maurermeister. (Obrigkeitliche Ratifications Erteilung über den zwischen ihm und seinen sonstigen Tochtermann Gotthard Hayberger vorbeigegangenen resp. Haus Verkauf u. Uebergab. 4) Rp 1721. eo: G. Hayberger. Maurer Palisr P. nunmehr» absolute würkhliche Bürgerrechtsertheilung yber innjberührte zur Richtigkeit gebrachte Prandstetterische Haus Z)bergab mit Äuswerffung eines leidentl. Bürgergeldes; fiat vnd würd dem Suppl. das gebotene burgerrecht auf sein handwerkh gegen alsobaldigen Erlag zu gemainer Statt kamwerambt vier Reichsthaller Bürgergelt mit dem anhang verwil- fiepet, daß er sich auf erfordern zur ablegung der gewöhnlichen Pflicht mit ainer aus gmer. Statt erkhauften Flinten Musqueten. dan habenden Attestato wegen bezahlten burgergelts vor Rath stellen, volglich bey Herrn Stadthaubtmann einverleiben lassen solle, actum im Stadt Rath. 18. April 1721. *) RP 1721, 90. *) Lv 3, S. 206. ') Lv 41 U. Lv 12, 5. 14. 5) Lv 3, s. 206. 9) Mitteilung des Herrn Amtsrates Roller. 18
Als Hayberger erstmalig 1721 um Stadtarbeit ansuchte, wandte sich der bürgerliche Maurermeister Michael Zachhueber an den Magistrat, um eine Anordnung an die Maurerzunft zu erreichen, nach welcher Hayberger nicht früher zum Meister gemacht werden sollte, als bis er sein Meisterstück geliefert habe?) Das Maurer- und Steinmetzhandwerk legte hieraus die Hay- berger und Zachhueber als Meisterstücke aufgegebenen „zwei Riß oder Visierungen" dem Rate zur Einsichtnahme vor?) Schon sehr bald sehen wir Gotthard Hayberger mit Aufträgen für den Magistrat beschäftigt. Im Jahre 1728 scheint in den Ratspvotokollen von ihm eine Rechnung für Kalk gu den Stadtgebäuden über 25 fl. 42 kr. auf?) Inzwischen war es Zachhueber gelungen, eine „Landeshauptmannisch gnädige Verordnung" zu erreichen, daß auch ihm Stadtarbeit gegeben werde?)5) Jedoch diese wird weiterhin an Hayberger vergeben, der 1731 die Ausbesserung der Wallmauer im Schießgraben um 128 fl. 24 kr. durchführte«) und 1736 das Dach über der Taborstiege um 30 bis 40 fl. erneuerte?) Als Mitglied des äußeren Rates, das er feit 1736 war, gelang es ihm, seinen Konkurrenten Zachhueber gänzlich aus dem Felde zu schlagen, denn auf dessen neuerliches Ansuchen um Erteilung von Arbeit erklärte der Magistrat, daß seit Juni 1729 für diese Hayberger zuständig sei?) 1745 beschäftigte er sich mit dem Bau eines Joches bei der Neutor-Brücke und verlangt hiefür 400 fl?) Die häufigen Hochwasser der Steyr machten auch einen Neubau der Steyr-Brücke dringend erforderlich: für diesen Zweck werden ihm am 13. 3. 1748 vom Rat statt der geforderten 500 fl. nur 400 fl. bewilligt?") Der Steyrer Bürger Bernhard Grohrucker stiftete 1754 zu Ehren der hl. Anna eine Kapelle beim Plauzenhofe, an deren Erbauung 1755 Hayberger beteiligt ist (heute St.-Anna- Kapelle).") Gemeinsam mit dem Spitalverwalter Kintz verpflichtete er sich 1762, „daß nach dem Riß entworfene Spitalgebäude (Bürgerspital)" um 3487 Gulden 30 kr. herzustellen?") Eine gewaltige Feuersbrunst zerstörte am 29. 8. 1727 den Großteil der Stadt.") Nach diesem Brande wurde den Stadtbewohnern, die eingeäscherte Häuser wieder aufbauten, eine Anzahl von Steuer-Freijahren gewährt.") Sicher hat Hayberger an dem Wiederaufbau der niedergebrannten Stadtteile mitgearbeitet. Die vernichteten Bauakten könnten uns darüber berichten. Wir wissen, daß auch er von Eva Freiberger 1730 eine solche Brandstatt in Ennsdorf kaufte.") 1732 verkaufte er das Simmerhuberische Haus in Ennsdorf (heute Kollergasse 9) samt Leutgebschaftsgerechtigkeit an den Steinmetz Johann Georg Blumenschein (Bluemenschein) aus Steyr?") Es ist wahrscheinlich, daß es sich bei der Brandstätte und dem verkauften Hause um dasselbe Objekt handelt. Die einst schöne, verzierte Hausfront ist heute arg beschädigt. 1) 2tp 1721, 66. -) 1721, 152. — =) Rp 1728, 18. — 4) 1728, 130. — 3) Rp 1728, 306. — 6) Rp 1731, 123. — 7) H|p 1736, 155. — 8) Hp 1737, 15. — 9) Rp 1746, 49. — 10) Rp 1748, 42 und Lv 14, 344. — ") Rp 1755, 223 und rv 14. 342. — !-) Rp 1762, 29. 13) Ignatz Schroff verfaßte 1837 eine Abschrift der preuenhuber'schen „Annales Sty- renfes": „Da in diesem Buche welches anno I642 vorgelegt und aus des £?. Valentin prevenhuber feinen Annales Styienfes ausgezogen worden noch mehrere Blätter übrig sind so habe ich die vorhergehenden Catalog bis 1834 fortgesetzt, und einige neue beygefügt wie jenseits folgt. Ignatz Schroff Justiziar und gewester Magistrats» rat in Steyi Stadt. Auszüge: „Am 29. August 1727 am einem Freitag um /410 Uhr vormittag entstand das Feur in Radinger Färberhaus in Lnnsdorf, woibey das ganze Lnnsdorf, die Hälfte der Stadt, das Schloß, das Frauenkloster mit mehreren Häusern am Berg und die Drtschaft Vogelfang, sowie die unter Lnnsbrück und Steyr, brück abbrannten..." — 1749, 9. 5.: „ ... war die große Feursbrunst allhie in der Drtschaft lviserfeld ob. bey der Steyr sogenannte Bruderhausgassen, es sind 55 Haus samt Bruderhaus und Uirche abgebrannt." ») sb 4 und Bv 5727, 28. 8. 1730. — “) Rp 1730, 94. — ") Rp 1732, 319. 19
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