bleibt strittig. Daß sie sich schließlich in einem ähnlich fruchtbaren, aber leichter zu verteidigenden Bauernland niederlassen wollten, liegt auf der Hand. Da ihnen Ungarn, wo damals zuerst die Langobarden und nach deren Abzug nach Italien die Awaren mit ihren slawischen Untertanen hausten, wegen seines damaligen Sumpfklimas ganz bestimmt nicht verlockend vorkam und die heutige Slowakei mit ihrem kargen Steinboden schon gar nicht zusagte, wandten sie sich ganz von selbst in die fruchtbaren Länder von Altbayern und ins Herzland von Oberösterreich. In Ungarn und in der Slowakei wären sie alles eher als in friedliche Gebiete gekommen, sie wären in einen richtigen Hexenkessel von kriegerischen Auseinandersetzungen hineingeraten. Damit begann bei uns die bayrische und deutsche Landnahme. Daher ist Oberösterreich dasjenige Bundesland unseres Staates, in welchem der altertümlichste deutsche Ortsnamentypus am häufigsten vorkommt, weil hier die deutsche Ansiedlung am frühesten durchgeführt worden ist. Das sind die sogenannten echten -mg-Namen. Nicht weniger als vier Prozent aller Ortsnamen sind in Oberösterreich mit dieser althochdeutschen Endung -ing gebildet, fein anderes Bundesland besitzt auch nur annähernd soviel echte -ing-Namen. Der Gelehrtenstreit darüber, was denn eigentlich dieses -ing genau bedeutet, berührt uns hier nicht. Die -ing- Formen sind vorwiegend von Personennamen abgeleitet, sie sind also Besitz- namen und lassen eine wohlgeordnete Landesaufteilung unter den Einwanderern annehmen. Zahlreiche uralte Personennamen stecken in ihnen, viele sind darunter, die es in der Urkundenzeit des 8. Jahrhunderts gar nicht mehr gibt. Ueber diese echten -ing-Namen insbesondere in Oberösterreich und darüber hinaus hat vor zwei Jahren Frau Dr. Jrmtraud Kouril eine umfassende Wiener Dissertation versaht. Sie stellte fest, daß sich in Oberösterreich die echten -ing-Namen meistens über den Bereich des fruchtbarsten Ackerbodens und über dessen angrenzendes Vorgelände ausbreiten, daß es sich also zweifellos um ein ausgesprochenes Bauerntum bei diesen eindringenden Baiern gehandelt hat. Zwischen Steyr und Enns liegen elf solche echte -ing-Namen. Es sind dies Älhaming, das ist die Siedlung des althochdeutschen Adalhelm; Enzing, die Siedlung des Enzo; Erlafing, die Siedlung des Arilolf, Gamering, die Siedlung des Goumarich; Gerling, im 11. Jahrhundert Gerlantingen, also die Siedlung des Gerlant; Gomering, die Siedlung des Gomarich; Gottschalling, die Siedlung des Gottschalch; Pfaffing, die Siedlung, die einem Pfaffen und damit einem Geistlichen zustand; Sieding, im 13. Jahrhundert Sigreting, die Siedlung des Sigrat; Tödling, die Siedlung des Todilo, und Weitling, im 11. Jahrhundert Waelhelingen geschrieben, das ist die Siedlung des Walhilo. Etliche unter ihnen haben ein altertümliches Gepräge. Zwar dauert in seltenen Fällen die Ableilungsmöglichkeit mit unserer Endung -ing bei neuen Bildungen bis gegen 1100, so daß die jüngsten echten -ing-Namen erst im 11. Jahrhundert gebildet worden sein könnten, indessen führt schon die Dichte der Belege auf älteren Ursprung hin. Wir werden am Schluß dieses Aufsatzes den Beweis dafür antreten können, daß die deutsche Kolonisation in der Umgebung von Steyr spätestens im 8. Jahrhundert begonnen hat und daß sich ferner um Steyr herum wahrscheinlich diese echten -ing-Namen im 9. Jahrhundert nicht mehr neu haben bilden können. Die Verbreitung dieses Namen- typus' auf oberösterreichischem Boden führt die Skizze 2 vor Augen. Erinnern wir uns an die Darstellung der Umgrenzung des vorrömischen Namengutes, Skizze 1, dann fällt auf, daß sich die echten -ing-Namen im Zusammenhang mit dem besten Ackerboden viel weiter ausdehnen als das vorrömische Namengut, das sich seinerseits einengt auf die alten Straßenzüge und die Herzlandschaft Linz-Enns-Steyr-Wels-Eferding. Besonders im Inn- und Hausruck73
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