erlangte sie weit über die engeren Grenzen hinaus besten Ruf, ja, übte auf ausländische Kaufleute starke Anziehungskraft aus. Zahlreich sind die Handelsherren aus dem Reich, die auf ihren Reisen hier Aufenthalt genommen haben, um in der Verlagsstadt selbst Eisen und Stahl einzukaufen. Hier haben viele ihre eigenen Lager errichtet und der Einfluß der Fremden machte sich infolge ihrer finanziellen Vormachtstellung sehr stark bemerkbar. Die große Verpflichtung, die Steyr mit der Verleihung des Verlagsrechtes übernommen harte, stellte die Stadt zu allen Zeiten, besonders aber in Krisenperioden, vor schwere Aufgaben. Eine Stockung des Eisentransportes nach Steyr, sei es aus welchen Gründen immer, zog daher für das gesamte wirtschaftliche Leben unseres Landes schädliche Folgen nach sich. Nicht nur die Eisenhandwerker standen ohne Arbeit und mußten ihre Essen löschen,2'28) Flößer, Holzfäller, Fertiger, Eisenheber, Schleifer und viele andere, die indirekt vom Eisen lebten, fanden keine Beschäftigung: die Einkehrgasthöfe an der Enns standen leer, Fuhrleute hatten für ihre Gespanne keine Auftraggeber, — es fehlte das lebenbringende Element des Landes, das den größten Teil seiner Bewohner im Banne hielt. Außerdem wirkten sich Exporthindernisse nachhaltig auf die gesamte Organisation des Eisenverlages aus, dessen Hauptgeldgeber größtenteils im Reich saßen. Wie die gesamte Wirtschaft im Eisenland unter dem Einfluß der Stadt Steyr stand, wurde diese auch bestimmender fiulfurmiftetpunff, ja, sie erlangte weitesten kulturellen Einfluß auf die gesamte Umgebung. Der Südosten von Oberösterreich und der Südwesten von Niederösterreich wurde von ihm erfaßt und dadurch diesen Landstrichen eine einheitliche kulturelle Formung gegeben. Anfangs bestimmte der Erzberg allein das kulturelle Gepräge seiner Umgebung; von hier bezog man das Eisen, hierher lieferte man Holz und Lebensmittel. Allmählich,-aber unaufhaltsam verschob sich das Schwergewicht nach Norden; ein Kampf zwischen dem Erzberg im Süden und dem Mittelpunkt der Eisenverarbeitung und des Handels im Norden war entbrannt. Steyr wurde Kulturmittelpunkt des Eisengebietes, wurde Vorkämpfer für Kulturerneuerungen des Nordens, die es nach Süden vortrieb. Die Großhändler Steyrs galten ihren ganzen Lebensgewohnheiten nach als Vorbild. Sie hatten sich durch Auslandsreisen weiter gebildet, hatten fremde Städte gesehen und große Kulturmittelpunkte der damaligen Zeit kennen gelernt. So war besonders für die Steyrer Eisenhändler ihre alte Verbindung mit der Handelsmetropole im Süden, Venedig, von entscheidendem Einfluß. Mit Schmiedewaren der verschiedensten Sorten, jedoch keinem geschlagenen Zeug, zogen sie seit dem 13. Jahrhundert nach Venedig; schon 1287 genossen sie Mautermäßigungen auf den Straßen dorthin und durften als Bürger einer landesfürst- lichen Stadt den für den allgemeinen Handelsverkehr gesperrten Pyhrnpaß die kürzeste Verbindung vom Lande ob der Enns nach Venedig benüßen. Von Venedig gingen unsere Waren weiter in die Länder des Islams, also in die ganze Levante. Unsere Händler saßen im Fondaco bei Tedeschi an der Schwabentafel und nahmen eine sehr angesehene Stellung ein.'227) Sie nahmen als Rückfracht die kostbaren „Venediger Waren" mit, die sie hier in der Stadt um teures Geld verkauften oder in die nordöstlichen Gebiete weiter verhandelten. Unter Venediger Waren hat man die Spezialerzeugnisse des Südens und des Orients zu verstehen, wie Seidenstoffe, kostbare Gold- und Silber- stickereien, Spiegel, Luster und andere Glaswaren, Seife, Süßweine, Gewürze aller 2Irt.M8) Gerade mit Rücksicht auf den Absatz der Eisenfertigwaren wurde die Stadt Steyr zum eigentlichen Mittelpunkt des Handels mit Venediger Waren, was im besonderen der Stadt selbst zugute kam. Kostbare Erzeug4 49
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