5 Eine lange Keile von Verbindungen des reich begüterten Eisenpatriziats mit führenden Persönlichkeiten der damaligen Zeit aus dem politischen Leben und der Hohen Geistlichkeit spricht von dessen Wohlstand und überragendem Einfluß?'") Der Gegensatz zur übrigen Stadtbevölkerung, den Handwerkern, war in jeder Hinsicht groß. Die führende Stellung der Eisenbürger im Stadtrat und die Kämpfe der Handwerker um dortigen Einfluß haben wir schon beleuchtet. Aber auch auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet standen diese durch das im Eisengewerbe herrschende Verlagswesen in voller Abhängigkeit von den Händlern; besonders in Steyr, wo von den Eisenhandwerkern Massenwaren für den Fernhandel hergestellt wurden, wo die Hochblüte dieser Spezialindustrie stattfand, nahm das Verlagswesen beherrschenden Raum ein. Im Zuge dieser Entwicklung war es auch manch tüchtigem Messerer gelungen, als letzte Stufe im Fertigungsprozeß die Schmiede und Schleifer zu verlegen, sich selbst zu einem Händler emporzuschwingen und den ertragreichen Verkauf an sich zu reißen?--) In Zeiten guten Geschäftsganges bewährte sich dieses System leidlich, obwohl auch da ständig um „gerechte.Preise" gestritten wurde und die Handwerker sich immer beklagten, daß sie von den Verlegern gedrückt würden. Wie aber wirkten sich diese Umstände in Tagen schlechten Absatzes aus? Teilweise zogen sich die Kaufleute überhaupt auf ihre Landgüter zurück und gaben ihr bürgerliches Gewerbe auf, ließen Verträge Verträge sein und nahmen die Waren von den Handwerkern einfach nicht ab; andere wieder nötigten ihnen aus teilweise spekulativen Ueberlegungen ihre Erzeugnisse zu so niedrigen Preisen ab, die oftmals unter den 'Gestehungskosten lagen, so daß auch diese Leute sich nur mit äußerster Anstrengung erhalten konnten, größtenteils aber auch feiern mußten. Die Auswirkungen, die solche Absatzkrisen mit sich brachten, waren sehr ungünstig; es entstand ein aufrührerisches Proletariat, von Preuenhuber als „lediges Messerergesindel" bezeichnet, das seine Stimme oftmals nicht zu Unrecht gegen die profitgierigen Händler erhob, die durch ihre egoistische Haltung viele Eisenarbeiter brotlos machten. Ja, diele nun zu Ehren und Würden gekommenen Steyrer Kaufleute zählten hohe Adelige zu ihren persönlichen Freunden, so daß sie es für Schande und Schmach hielten, ihre Voreltern als „Bürger von Steyr" zu bezeichnen; es ist jedoch ein schlechter Dank der Nachkommen, die Herkunft der Eltern zu verleugnen, aber sich mit dem ererbten Vermögen und Gut zu schmücken. Diese Worte unseres mehr erwähnten Chronisten sind nicht zuletzt auf die Eisenhändler gemünzt"--). Bedenkt man aber, daß nahezu 2600 Feuerstätten kaum zwei Dutzend Verleger gegenüberstanden, die die Stadt wirtschaftlich und finanziell beherrschten, dann tritt ihr überragender Einfluß kraß vor Augen?-") Sehr aufschlußreich ist eine Erklärung des Rates der Stadt, als im Jahre 1566 Kaiser Maximilian für seinen Feldzug gegen die Türken alle Adeligen zur Teilnahme aufgefordert hatte: „es sey zwar nicht ohne (es sei ohne Zweifel wahr), daß theil ihrer burger Voreltern um ihrer dienste willen mit adels- befreiungen von den landesfürsten begabt worden seien, sie hätten sich aber derselben weder mit landgütern, titel oder in andere wege gar nicht bedient, sondern bürgerliche geroerb, als eisen- und hammerwerckshandthierung betrieben und dahin ihr gut und vermögen verwendet,""--) Da die meisten Verleger auch Stadtämter bekleideten, erfolgte tatsächlich eine Aushebung dieses Befehls. Es scbeint, die schlauen Kaufleute haben die augenblickliche Lage immer günstig für sich ausaenützt und sind mit dieser Methode bestens durchgekommen; einerseits waren sie die Eisenbürger der 45
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