Steyr und die Glaubenskämpfe

allen Bürgern, sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Als der Kaiser den Ständen befahl, ihre Truppen zu entlassen, kamen nur die u.=ö. Stände dem Befehl nach und erhielten die evangelische Dredigt bewilligt. Die Stände des Landes o. d. Enns gingen weiter ihren eigenen Weg und ignorierten den Befehl. Im Juli 1619 wurden über Anraten des ständischen Hauptmannes Fuchs die Befestigungen der Stadt verstärkt; am 28. Dezember besetzten dessen Soldaten in Ab¬ wesenheit des Burggrafen das Schloß von Stepr. Stadtrichter Wolfgang Madlseder wurde zum obersten Kriegskommissar ernannt. Wahlen wurden wegen des Kriegs¬ zustandes keine abgehalten.!) Der Haß der Protestanten richtet sich nun gegen die Katholiken, die als Verräter bezeichnet werden, und gegen den König; Flugblätter gegen Oesterreicher und Böhmen sind die Antwort von katholischer Seite.?) Die Schanzarbeiten wurden indessen fieberhaft fortgeführt, ein italienischer Schanzmeister mit 40 fl Monatsgehalt anfangs 1620 aufgenommen und an Sonn= und Feiertagen durchgearbeitet.s) Rekrutierung folgte auf Rekrutierung. Zu Ostern kommu¬ nizierten in der katholischen Pfarrkirche 100 Bürger was Lindner mit Genugtnung verzeichnet (Li., S. 567), während die Drotestanten für einen Sieg ihrer Sache beteten und die Jugend bewaffneten. Es war alles umsonst; Herzog Maximilian, der seine Truppen bei Ulm gesammelt hatte, marschierte mit 24.000 Mann gegen Schärding; unaufhaltsam rückte er von dort gegen Linz vor, nahm es ein und am 20. August 1620 leisteten die Stände dem Herzog als Stellvertreter des Kaisers unbedingte Huldigung. In Stepr waren am 14. August baprische Truppen einmarschiert, und zwar 7 Fähnlein Fußvolk vom anhaltischen Regimens unter dem Oberst Gallas meist aus Niederländern und Franzosen bestehend. Der Rat der Stadt übergab die Schlüssel zum Rathaus, zum Zeughaus und zu den Toren. Sterr war gänzlich in der Hand des Kaisers ebenso das Land o. d. Enns. Als Statthalter wurde von Herzog Maximilian der mit seinen Truppen nach Unterösterreich weiterzog, Graf Adam Herberstorf eingesetzt. Noch hofften die von der baprischen Einquartierung gedrückten Drotestanten auf einen Sieg ihrer Sache in Böhmen, noch wagten die von der Soldateska nicht wenigen belästigten Katholiken nicht an einen Triumph der ihren zu glauben. So verfolgten beide Parteien gleich gespannt die weitere Entwicklung des Krieges. Herzog Maximilian hatte sich mit den kaiserlichen Truppen unter Boucquoi vereinigt und marschierte gegen Drag, in dessen Nähe das Heer König Friedrichs am 8. November 1620 in der Schlacht am Weißen Berge unterlag. Mit dieser Niederlage und mit der Flucht des „Winterkönigs“ aus Prag, das sich dem Kaiser ergab, war der böhmische Aufstand niedergeworfen und während im Reich der Kampf gegen die Anhänger Friedrichs von der Pfalz weitergeführt wurde, begann der Kaiser mit dem Strafgericht. Mit der Vernichtung der Rebellen begann auch die des Protestantismus. Das Land o. d. Enns mußte als Verbündeter der böhmischen Rebellen angesichts der Härte des kaiserlichen Gerichtes und der Brutalität der baprischen Soldaten die in den Städten und Dörfern lagerten, auch für seine Zukunft das Aeußerste befürchten. In Stepr hatten die Katholiken am ersten Sonntag im Advent einen feierlichen Dankgottesdienst für den Sieg am Weißen Berge abgehaltens) und dem Kaiser Salut geschossen. An Graf Herberstorf sandten sie eine Abordnung mit der Bitte, sie von der Einquartierung zu befreien was ihnen auch zugebilligt wurde.s) Den Protestanten geschah vorläufig, außer daß sie Einquartierung bekamen, nichts.6) Stadtrichter Madl¬ 9Zetl, S. 20. 2)Li., S. 554: Reibereien zwischen Protestanten und Katholiken. Der katho¬ lischeApotheker Markus wird wegen Wachebeleidigung bestraft. Michael Händl äußert sich zuden Schanzarbeitern, daß auf den Pfählen bald die Köpfe von Mönchen und Pfaffenaufgespießt werden würden. 3) Pritz, Steyr, Seite 249. 4) Lindner, S. 585; Zetl, S. 14. 5) Dritz, Stepr S. 250. 6)Es dürfte aber vorläufig als Strafe genügt haben, wenn man den Charakter der Soldateska jener Zeit bedenkt: Am 29. April tötete ein Soldat einen Garstner Untertan — wurde einige Tage später enthauptet. Am 15. Mai wurden zwei Soldaten wegen Mord, einer wegen Desertion hingerichtet. Am 1o. März wurde ein Bürger erschlagen, am 28. März 1622 ein Frau erschossen, ein Kapuziner beinahe erschlagen. Diese Vorfällg hörten auch nicht auf, als Herberstorf am 4. September 1621 die alten Besatzungstruppen durch neue, die katholisch waren, ersetzte. 87

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