Steyr und die Glaubenskämpfe

mit dem Linzer Landtag. gleichgeschaltet war, lebte sie so mit dem Geschehen mit, daß die Entscheidung zum Umbruch des Religionswesens in Sterr gleichzeitig mit den Be¬ schlüssen der Stände fiel. Die Bittprozessionen am 17. April, 15. und 14. Mai 1608 verliefen noch unter ziemlich guter Teilnahme,!) ebenso die Pfingstprozession. Von der Fronleichnams¬ prozession begannen sich die Ratsherren schon fernzuhalten. Am St.=Deits=Tag flacker¬ ten in Sierning Unruhen auf; ein Mann wurde dabei von dem Haller Richter er¬ schossen.?) Am 22. Juni läßt sich der Goldschmied Balthasar Hauser als erster von dem Drädikanten in Stadelkirchen trauen.?) Am 29. August durchlief die Stadt das Gerücht von der Rückkehr der Prädikanten.s) Die Ratssitzung am 50. August beschloß, daß die Prädikanten am 51. August öffentlich und feierlich in der Schulkirche (Domini¬ kanerkloster) predigen und das Abendmahl spenden sollten.*) Der Stadtpfarrer sollte in seinen Rechten unverletzt bleiben. Am selben Tage, da in der Landhauskirche in Linz evangelischer Gottesdienst abgehalten wurde, zogen, begeistert von der Bürgerschaft umjubelt und begrüßt, M. David Hofprediger des Herrn von Neuhaus in Stadlkirchen, und Mag. Dalentin Lang von Münzbach in Sterr ein und wurden vonBürgermeister und Rat in die Kirche geleitet.5) Der Rat war hierauf eifrigst bemüht ogleich unter Ausschluß der katholischen Mitglieder seine langjährig unterdrückten Wünsche zu manifestieren. Er setzte ein evan¬ gelisches Kirchenministerium ein: Johannes Isingius wurde aus Wittenberg als Pfarrer berufen, Matthias Schmoll, Tobias Schaidthauff und Georg Thomas ehema¬ liger Schloßprediger, als Prädikanten. Auch die Lateinschule wurde sofort wieder er¬ öffnet und Egidius Weixlberger (Konrektor in Regensburg) als Rektor, Mag. Jakob Tpdeus als Konrektor, Georg Taubenrackh von Eferding als Kantor angestellt. Mit der Tatsache daß die Rückkehr zum Luthertum vollständig durchgeführt worden war, wenn auch die katholische Religionsgemeinde weiter bestehen blieb und daß jeder Protestant vom Handwerksgesellen bis zu den Ständevertretern gewillt war, diesen Erfolg mit allen Mitteln zu halten und zu verteidigen, war die neue Deriode des offenen Kampfes um die freie Religionsübung begonnen worden. Die beiden Parteien waren enger aneinandergerückt die katholische Sache hatte mehr und bessere Verteidiger als während der vergangenen Kampfperiode Die Kampflage war von vorn¬ herein so gespannt, daß es nur auf Biegen oder Brechen gehen konnte. Diesmal war nicht nur der Landtag und die große Politik die Kampfarena, sondern ebenso die Stadt der Markt und das Dorf, kurz, überall we Anhängen beider Konfessionen zusammen¬ wohnten. Die entscheidenden Schlachten wurden am Verhandlungstisch ausgetragen, die vernichtendsten Schläge trafen das Volk, als seine Vertreter und Herrn den Kampf verloren hatten. IV. Das protestantische Steyr bis zum Wiedereinsetzen der politischen Reformation 1608—1624 Mit der von der Bevölkerung jubelnd begrüßten Wiedereinführung der AC am 51. August 1608 war das Reformwerk der Jahre seit 1597 zunichte gemacht worden Was Löbl in strenger Ausführung seiner Pflicht als Beamter des Landesfürsten und als Katholik erreicht hatte die Umbesetzung der Prädikantenstellen mit katholischen Geistlichen und die Besetzung der Stadtämter durch Katholiken, hatte seinen rein for¬ malen Charakter bewiesen, als nach Löbls Tod und dem Nachlassen der strengen Auf¬ sicht das „Auslaufen“ der protestantischen Stadtbewohner nach den protestantischen Schloßkirchen in Stadelkirchen und Losensteinleiten, ebenso wie zu den Prädikanten in Sierning, Wolfern und Stein, eine allgemein geübte Sitte wurde. Es brach gänzlich zusammen, als der politische Beistand für die katholische Reformation ausblieb. Be¬ stehen aber blieb die Keimzelle der katholischen Reformation die Urban v. Trenbach aus dem Zusammenbruch der katholischen Kirche gerettet und in hartem Ringen lebens¬ 1)Lindner S. 166, 167, 168. 2)Lindner S. 168. 3) S. 170. Lindner 4) Lindner S. 170—172. 5) R. Dr. v. 50. August 1608/09, Bd. 27,Nr. 27. 79

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