Steyr und die Glaubenskämpfe

was in Jahrzehnten sich entwickelt und gefestigt hatte. Ein neues Kapitel wurde begonnen, in dem die Bürger verstehen und lieben lernen sollten was nur die ältesten in seiner wahren Gestalt in Erinnerung haben konnten und von dem die jungen nichts ahnten. Wer wußte noch etwas von dem geheimmisvollen Drunk und der Feierlichkeit der Messe von Marienandachten und Marienliedern wer kannte das Aufgebot an festlichen Menschen und kirchlicher Drachtentfaltung mit dem Stadt und Pfarrer die Fronleichnamsprozession einst zelebriert hatten? Götzendienst und Aberglaube, das sei die Religion der Katholiken, so hatten sie alle Zeit ihres Lebens zu hören bekommen. Und woran sich die Aeltesten unter ihnen erinnern konnten, waren Uebelstände und eine große Reformbedürftigkeit. So konnte die Begeisterung über den Wandel nicht groß sein und niemand erhoffte sich viel Gutes davon. Jeder wußte nun werde ein stiller aber zäher Kampf gegen jeden beginnen, der bei seinem Glauben verharre, und der Landeshauptmann werde dafür sorgen, daß er zu Gunsten der katholischen Sache ausgehe; und dasselbe werde das Kloster Garsten anstreben, in dem seit der Einsetzung des Abtes Martin ein großer Wandel vor sich gegangen war. Die Reform hatte Fortschritte gemacht, der protestantische Drior und der protestantische Pfarrer von Neustift waren geflohen. Ausländische Weltgeistliche und Mönche wurden in den Konvent aufgenommen dessen Mitglieder an der Grazer Universitätt) ausgebildet wurden. Durch die Heranbildung einer geistigen Elitetruppe sollte die Grundlage für die katholische Reform von kirchlicher Seite aus geschaffen werden.?) Dazu sollte auch die Schaffung einer Klosterschules) beitragen in der, wie in St. Florian, neben den wissenschaftlichen Fächern auch Musik unterrichtet wurde. III. Katholisches Zwischenspiel (1600—1608) Eine Flut von Verboten und Geboten sollte der Unterstützung der katholischen Sache durch die weltliche Macht dienen. Die Bürgerschaft sollte umerzogen werden und der Rat mit gutem Beispiel vorangehen Der Gottesdienst mußte besucht und Kindstaufen und Dredigten durften nicht außerhalb der Kirche abgehalten werden. Natholische Schulen traten an die Stelle der deutschen, die gebotenen Fasttage mußten gehalten werden. Osterbeichte und Kommunion wurden Pflicht. Nichtkatholische durften nicht das Bürgerrecht erhalten. Arrest und Geldbußen sollten Ungehorsam bestrafen. So wurde z. B. der Obmann des Spitals, der Schneider Paul Kaucko, der nach alter Gewohnheit die Dredigt gelesen hatte, verhaftet und nach Wien gebracht.5) Im April 1600 berief der Landeshauptmann einige Ratsherrn nach Linz und stellte ihnen im Beisein des neuen Abtes von Garsten Alexanderé) den neuen katho¬ lischen Pfarrprediger Dr. Ruef vor, der von Erzherzog Matthias empfohlen worden war. Den Räten wurde ans Herz gelegt, für seine Sicherheit zu sorgen und strenge zu strafen der gegen ihn etwas unternähme. Lindner (S. 72 f) sagt über Ruefs Tätig¬ keit in Sterr, daß er viele Wochen lang mit Erfolg predige doch seien nur wenige seinen Dredigten in die Kirche gekommen. Der Erfolg beschränkte sich also auf zu s die an Zahl geringe katholische Bevölkerung. Die Drotestanten übten passive Resistenz. 1) Stiftungsurkunde der Grazer Universität vom 1. Jänner 1602. Krones S. 247. 2) Koch S. 154 u. 159—165; Lindner S. 14 u. 24ff. 3) Schiffmann, Schulwesen S. 16. 4) Ausführlicher Bericht in Lindners Annalen. Bei Prevenhuber findet sich nur wenig über die kirchlichen Ereignisse dieser Zeit. Was den Katholiken Lindner bewegt. der die kirchliche Erneuerung begrüßt und den Widerstand der Protestanten verab¬ cheut, ist für den überzeugten Protestanten Devenhuber nicht so erwähnenswert, weil nicht begeisternd. Jede Handbreit gewonnenen Bodens verzeichnet Lindner mit Stolz und Rührung, Prevenhuber verzeichnet sachlich, was der protestantischen Sache in öffentlichen Dingen gelang und wo sie benachteiligt wurde. Details werden von ihm nicht berichtet, da sie auch gar nicht im Sinne seiner Annalen gewesen wären, deren Schwerpunkt nicht auf den kirchlichen Dingen, wie bei Lindner, sondern auf den poli¬ tischen und wirtschaftlichen Ereignissen lag. 5)Prevenhuber S. 527; Pritz S. 255. 6) Abt Alexander di Lacu, 1600—1601, ehemaliger Abt von Wilhering Schüler des Jesuitengelehrten Bellamin, Doktor der Theologie. Dal. Emmerich Raitz von Frentz: Robert Bellannn S. I., S. 180; Stutz: Geschichte des Stiftes Wilhering, Seite 157ff. 70

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