Steyr und die Glaubenskämpfe

vor allem des Magistrats. Verfehlungen waren ein Vergehen gegen die Gemeinschaft und wurden strenge bestraft. Besonders Fleischhauer und Bäcker waren einer strengen Kontrolle unterworfen. Die „Brotbeschauer“ überprüften jede Woche das Gewicht des Brotes, an Wochenmarktstagen auch bei den Geibäckern. In der Faschings= und Fastenzeit hatten die Handwerksmeister dem Rat eine Anzahl „Peigelmuster“ zur Auswahl vorzulegen.!) Als 1577 bei der Brotbeschau wieder einmal das Gebäck als zu leicht befunden wurde, diktierte der Rat für ein Lot Gewichtsabgang die Zahlung eines Dukaten und drohte im Wiederholungsfalle mit dem „Schupfen“.?) Auch der Bader wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er einem im Turm sitzenden Mörder, der einen Krug zerbissen hatte die Scherben, anstatt sie ihm aus dem Hals zu ziehen, noch weiter hineingestoßen hatte.s) Es finden sich noch zahlreiche weitere Beispiele für die Bestrafung jeder liederlichen Arbeit. Eine besondere Rolle spielten die Jahrmärkte, zu denen Kaufleute aus Linz, Wien, Deutschlands Böhmen und Mähren, Augsburg, Regensburg, Nürnberg und anderen Städten des Mark¬ in Stepr eintrafen. Den Fremden war es gestattet, bis zum „Ausläuten“ Vorbereitungen tes ihre Waren feilzubieten. Später durften sie nichts mehr verkaufen. und Verlauf der Marktzeit wurden von Rats wegen überwacht und geleitet und wenn am Donnerstag nach Jubilate (5. Sonntag nach Ostern) von 11 bis 12 Uhr der „fürstlichen die „Freiung“ eingeläutet wurde, wurde gleichzeitig das Spmbol Freiung“ am Rathaus ausgesteckt zum Zeichen, daß während der Marktzeit jeder unter landesfürstlichem Schutz, aber auch Gehorsam stehe.“) Um mit den einheimischen Waren vor den fremden Kaufleuten zu bestehen war es nötig, daß im Handwerkerstand der Weg zum Meisterbrief über beste und schwere Leistungen führte. Sicherlich konnte so mancher durch Einheirat in ein Geschäft auch die Meisterschaft leichter erringen aber im allgemeinen mußte der Weg von der Lehrzeit, die nur nach Ausweis der ehelichen Geburt und ehrlicher Abstammung be¬ gonnen werden konnte, über die Gesellen= und Wanderzeit zur Meisterprüfung zurück¬ gelegt werden. Die Arbeitszeit war lang und dauert bei Messerern und Hafnern von 4 Uhr früh bis 7 Uhr abends bei den Gürtlern von 5 Uhr früh bis 9 Uhr abends, Die Bedingungen für die Meisterprüfung waren für die damalige Zeit, die über tech¬ nische Mittel, wie wir sie besitzen, nicht verfügte, ganz außerordentliche. Nachdem der Geselle, noch einmal seine eheliche Geburt und ehrliche Abstammung nachgewiesen, Lehrbrief und Abschied seines Meisters vorgewiesen hatte, mußte er auch noch das Bürgerrecht erlangen. Dann erst konnte er zur Prüfung antreten. Die Handwerks¬ ordnung der Schrotschmiede aus dem Jahre 1655 verlangt als Meisterstück die An¬ fertigung folgender Werkzeuge innerhalb eines Tages: ein Sattlermesser ein Boden¬ messer für Binder, ein Rundmesser zum „Taufel=Aufschneiden“ zwei Stoßeisen, zwei Winkeleisen, zwei Stemmeisen und ein langes Sagblatt für Orgelmacher.5) Von einem Nadler wurden als Meisterstück 500 Schusternadeln, 300 Schneidernadeln und 500 Kürschner¬ nadeln verlangt.6) Ein angehender Bader hatte 50 Fragen, die ihm der Stadtmedicus vor¬ legte, zu beantworten.? Im Jahre 1585 wurde vom Landesfürsten die Eisenhandelskompanie gegründet, die für die Steprer Eisenhändler eine Beschränkung ihrer Selbständigkeit bildete und Zusammenbruch der wirtschaftlichen Bedeutung daher wenig begrüßt wurde. Mit dem Steprs infolge der Auswirkungen der gegenreformatorischen Maßnahmen brach auch sie zusammen. Mit der Blüte des Handwerks in den Jahren der Waffenruhe im Glaubens¬ kampf und durch die Einwirkung des regen Verkehrs mit süddeutschen Städten wurde in den Steprern auch die Lust zum Singen und Dichten wiede rege. Die Jugend spielte und sang in der Schule, die ehrsamen Bürger versuchten es auf ihre Art in ihrem Kreise. Den sagenhaften Heinrich von Ofterdingen nannten sie den Ahnherrn 1)Rpr. 1592, S. 50. 2)Rpr. 1577, S. 497; Rpr. 1579, S. 189. 30Rpr. 1577, 5. Bd., S. 488. sich im Stadt¬ 4) Das Spmbol, der Arm mit dem Gerichtsschwert, befindet Nr. 2707 2728 museum; dazu St. A. Fasc. Jahr= und Wochenmärkte 1568—1779 und 2771. 5)St.=A., Faszikel Schrottschmiede 1655, K. XI, L. 6. 6)St.=A., Fascikel Nadler 1160—1768, K. XI, L. 5. 7) St.=A., Fascikel Bader 1589—1745, K. XI, L. 5 52

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