Steyr und die Glaubenskämpfe

Bezahlung der Prediger Ein Schreiben des Pfarrpredigers Daniel Tullinger vom 14. Juli 15631) klagt über das Nichteinhalten der Verpflichtung, außer Holz und Behausung 140 fl zu zahlen; er müsse Schulden machen, um leben zu können. Er schulde bereits 150 fl und weitere 155 fl und er ermahnt den Rat pünktlich zu zahlen. Der ehrsame Rat der Stadt war entsetzt über diesen Leichtsinn des Dredigers. Er hatte noch nicht begriffen, daß nun an ihm die Reihe war, das Errungene erhalten zu nüssen. Aus den Dienern Gottes, die von den Gläubigen im Namen Gottes die Gaben für ihren Unterhalt und für die Ausstattung des Gotteshauses erhalten hatten waren Menschen geworden, nüchtern und lebensnah, denen man nicht mehr Gaben brachte, sondern die für ihren Dienst, der Bürgerschaft das Wort Gottes zu verkünden bezahlt werden wollten. Und die Stadwäter konnten daran sich nicht recht gewöhnen, daß sie pünktlich in den Säckel greifen sollten, um am Sonntag die Predigt hören zu können. Der Bürgerschaft war eine zur Bürde gewordene freiwillige Unterstützung der Geistlichkeit abgenommen worden und sie ging erleichtert und dankbar in die neue Kirche, der Magistrat jedoch hatte eine Verpflichtung mehr und daß sie ihmt manchmal unangenehm wurde, bekemen Prediger und Schulhalter zu fühlen, je nachdem wie groß der Respekt vor ihrem Auftreten war. Wie das Beispiel Degaeus zeigt, war Gelehr¬ samkeit nicht sehr achtunggebietend. Der Tod des Burggrafen Hans Hoffmann im Jahre 1564 gliederte auch die Burgbewohner in die protestantische Kirchengemeinde Steyrs ein, denn der junge Burggraf Adam Hoffmann war Protestant. Mit dem Tode des alten Burggrafen war der gefährlichste Gegner des neuen Glaubens in Stepr vom Plane abgetreten. die Als nun sogar nach dem Tode Kaiser Ferdinands I. anf 25. Juli 1564 Regierung von einem der protestantischen Sache wohlwollenden Fürsten nämlich Fer¬ dinands Sohn Maximilian II., übernommen wurde, stand der freien Religionsausübung nichts mehr im Wege. Passau, dessen Bischofssitz Urban III. Trenbach (1561—1598) innehatte, begann zwar sich in die Entwicklung hemmend einzuschalten, doch wurde die Uraft seines Reformwillens durch die zwischen Bischof und Untertanen eingeschalteten Stände, denen Reformmaßnahmen zur Beratung vorgelegt wurden, so sehr abgeschwächt daß sie ohne Unterstützung des weltlichen Armes wenig wirksam werden konnten. Daß Bischof Urban trotzdem in zäher Arbeit eine innere Reform des Klerus anbahnen konnte, wird später noch erläutert werden.) Im Jahre 1564 bat der Rat in einem Schreiben an Dr. Paul Eber in Witten¬ berg um Sendung eines tauglichen Predigers. Dieser schlug den Prediger in Meissen, Basilius Kammerhofer (geboren zu Aflenz in der Steiernark) vor. Nachdem er von der Stadt Freiberg und dem Kurfürsten August von Sachsen freigegeben worden war. zog er nach Steyr, wo er am 20. Oktober öffentlich auf der Kanzel vorgestellt wurde.*) Er verfaßte 1570 eine Kinderfibel, für die ihm der Rat der Stadt 50 Dukaten ver¬ ehrte. In einer Vorrede dazu rühmt er die Stadt Sterr, die als erste im Land Witten¬ berg um einen Drediger gebeten habe. Er wolle die Steprer Kirche nach dem Dorbild der sächsischen Kirche einrichten und in Schwung bringen.s) Kammerhofer, Schreper und Lampl, die gelehrten Mitglieder des Kirchenministeriums dürften auch die Verfasser der evangelischen Kirchenordnung sein, die am 6. November 1566 dem Rat der Stadt zur Begutachtung übergeben wurde.!) Sie enthielt zwei Artikel: „Von der christlichen Messe und andern Kirchenbräuchen 1566“ und „Von der Christen begräbnus 1567“ Zwei Artikel kamen später noch hinzu: „Instruktion für den Kantor und Organisten in Ischl 1597“5) und „Instruktion für das evangelische Ministerium in Stepr 1615“ Von dieser Zeit an wurde die Religionsprüfung als Pflicht für alle Zuziehenden und um das Bürgerrecht Ansuchenden eingeführt. Der Rat der Stadt billigte die Kirchen¬ 1)StA. a. a. O. Nr. 1687. 2)Prev. S. 276 f. — 3) Prev. S. 278. 4),Ein kurzer Ueberblick bei Drev. S 581; vollständig abgedruckt von G. Loesche 77—500 und XVIII (1921) S. 55—55, 121—154 des Ihg. XVII (1920) S. 209—250 2 Jahrbuches der Geschichte des Protestantismus im alten und neuen Oesterreich. Sonder¬ abdruck im Archiv für Reformationsgeschichte: Die reformatorischen Kirchenordnungen — Ober= und Innerösterreichs. Auszug der Kirchenordnung siehe Anhang Nr. 5. StA. a. a. O. Nr. 1688 und Nr. 1701. 5)Es handelt sich um den katholischen Kantor Simon Landtsperger von Ischl, mit dem die Instruktion bei seinem Amtsantritt vereinbart wurde, nachdem ihm zu¬ gesichert worden war, daß seine Religion unangetastet bleiben werde. 40

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2