Steyr und die Glaubenskämpfe

Die Zeit der ständischen Zwischenregierung nach dem Tode Kaiser Max l. 1519 und der Ankunft Ferdinands 1521 brachte den Einbruch der lutherischen Glaubens¬ lehre und deren Verankerung im Lande Die politische Lage förderte die Sache der Reform. Keine fürstliche Autorität, der Bischofsitz von Dassau von Herzog Ernst von Bapern verwaltet, der durch seine Zugehörigkeit zum Geschlecht der Wittelsbacher die Lage des landfremden Bistums und seiner Autorität verschlechterte. Die Inhaber der ständischen Macht aber— und das ist das Entscheidnde — standen auf der Seite der Reformbewegung, und nur die Türkengefahr konnte ihre Sache zurückdrängen. Don 1520 bis 1525 beschäftigt sich der Landtag mit kirchlichen Uebelständen nur im Zusammen¬ hang mit Steuerfrag n.!) Mit 15. Mai 1524 fordert Ferdinund von der n.=ö. Regierung ein Gutachten über die Ausrottung der Lehle Luthers und den Vergleich der Irrungen zwischen Geist¬ lichen und Weltlichen für den Regensburger Reichstag vom 24. Juni. Nachdem das erste Gutachten von der Regierung abgelehni worden war, sandte diese am 18. VII. 1524 Dr. Kaufmann, Rat im n.=ö. Regiment, mit den Graramina der fünf u.=ö. Erbländer nach Regensburg.?) Sie kamen für die Beschlüsse im katholischen Fürstenbund vom 6. Juli und für die am 7. Juli abgefaßte Regensburger Ordnung zu spät, doch sind iefür die haltung in den u.=ö. Ländern bezeichnend. Sie umfassen drei Aktenstücke: die allgemeinen Beschwerden der Laien gegen die Geistlichen die Beschwerden der Städte der fünf u.=ö. Länder gegen den Ulerus und einen Nachtrag, besonders des Landes unter der Enns, zu den allgemeinn Beschwerden. Die Anklagen gegen den Alerus stehen an der Spitze des Gutachtens, doch werden die Klagen an Hand der Mißstände im Lande unter der Enns besonders in Wien, erhoben. Die Bauerngravamina vom Juni 1525, erhoben bei den Innsbrucker Verhand¬ lungen, waren wieder eine Angelegenheit des Landes o. d. E. Sie kehrten die soziale Lage und ihre Mißstände hervor, die Unterdrückung der Bauern und des g.¬ meines Mannes durch kirchliche und weltliche Grundherren Mit ihnen ist die Front gegen die alte Zeit vervollständigt, der Boden für die neue bis zum Grund aufgelockert. Und es sproß auch schon die erste Saat empor. Zum ersten Uale wagten es die „poli¬ tischen Stände“ mitten im Aufstand der Bauern und angesichts der drohenden Türken¬ gefahr, dem Geld und Vermögen fordernden Landesfürsten ihre Forderung nach dem „reinen, lauteren Evangelium“ entgegenzuhalten.In aller Form wurde Luthers Lehre offiziell gefordert, was den Adel j.doch nicht hinderte, die zwar um dasselbe religiöse Ideal kämpfenden, aber daneben soziale Ziele verfolgenden Bauern mit Hilfe der kon¬ essionellen Gegenpartei zu Paaren zu treiben. Dabei war der Aufstand noch als poli¬ tisches Druckmittel zu gebrauchen und durch seine Niederwerfung das Wohlwollen des Landesfürsten gesichert worden. Der Hinweis auf das Gemetzel in Deutschland bedrängte den Landesfürsten und ließ ihn mehr die religiöse Seite der Sache sehen. Das von den weltlichen Ständen ausgearbeitete „Gutachten, die Empörung zu stillen“,) schlug ihm vor, als Schutzmittel gegen derartige Aufstände Religionsfreiheit zu gewähren. Gewandt ergriffen die drei weltlichen Stände die passende Gelegenheit und wollten Ferdinand ver¬ anlassen, gewissermaßen den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Nur die lautere Verkündung des Evangeliums könne den Schaden wieder gut machen, den die wider¬ wärtigen Dredigten und Lehren angerichtet hätten. Was bisher der Privatinitiative überlassen gewesen war, wurde nun zur offiziellen Forderung der Landschaft, die sich damit zum Geiste Luthers bekannte. Von nun an ließen sie von dieser Forderung nicht ab, bis die Dierzigerjahre des 16. Jahrhunderts die nächste Stufe der Entwicklung 1) 1521 hat Ferdinand den Prälaten ein Gutachten über die Verwendung kirch¬ licher Einkünfte abverlangt und künftige Steuern in Aussicht gestellt.— 1522 forderte Ferdinand von jedermann den hunderisten Pfennig, den nach Rom gehenden Teil der kirchlichen Einnahmen und die Inventur des kirchlichen Vermögens. — 1525 verlangte die Regierung von Driestern und Dienstvolk 1 fl, von Priestern ohne Pfarre und Bene¬ fizium1Kreuzer, von Mönchen 10 Dfennige, von Handwerkern und Knechten 12 pfen¬ — nige. 1524 wurde die Terz gefordert.— Dgl. Eder K., Die Stände des Landes ob der Enns, S.41 ff. 2) Dgl. Wiedemann Ch.: Reformation und Gegenreformation, „Bd. I, S. 55, Anmerkung 1. 3) Annalen, Bd. I, Bl. 572; vgl. Czernp A.: Der erste Bauernaufstand S. 97 ff. Das Gutachten wurde auf Befehl Ferdinands von den weltlichen Landständen in einer Sitzung vom 7. Juni 1525 ausgearbeitet. Dgl. Eder I, S. 58. 29

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