Urteil über die zweite Gruppe: Die Angeklagten wurden am 6. XI. 1527 verhört. Künigl verlas die Anklageschrift. Die Verhafteten haben sich gegen weltliche und geist¬ liche Gesetze vergangen wider der christlichen Kirche Satzungen und die jüngst zu Worms ausgegangene Reichs=Konstitution.!) Es ist mit ihnen nach der Reichsordnung und den kgl. Mandaten zu verfahren. Die Angeklagten erwiderten, sie könnten mit der kgl. Maj. nicht rechten. Es wurde ihnen jedoch Zeit zur Verantwortung gelassen. Der nächste Tag brachte ihre Verantwortung vor den Schrannen. Nie, so erklärten sie seien sie gegen die kais. Majestät gestanden, noch gegen den Befehl Gottes. Zu den Oredigten wären sie gegangen, ohne damit Böses stiften zu wollen. Ihre Lehre sei keine neue, und sie woll¬ ten nur in ihr leben und sterben. Das Urteil wurde nicht gefällt; man wußte nicht recht sollte man es gleich fällen oder es noch einmal im guten versuchen. So wurden die Ketzer wieder eingesperrt und in der Religion unterrichtet. Sechs blieben fest und unbeirrbar; bis zum April 1528 versuchte man sie zu überzeugen. Als es nicht gelang, wurden sie am 50. III. mit dem Schwerte hingerichtet. Die anderen wurden des Landes verwiesen. Einige, denen nichts nachgewiesen werden konnte, wurden gegen Eid entlassen. Die Zahl der Verhafteten hatte in der Zwischenzeit zugenommen da sich Stepr in aller Stille zu einer Täufergemeinde entwickelt hatte die wiederholt von wandernden Dredigern wie Leonhard Schiener,?) Hans Schlaffers) und Thomas Waldhauser besucht wurde. Der sonst stets für die Freiheit des Wortes plaidierende Stadtrat war nicht gewillt, diesen Zustand zu dulden.4) Das Dotum der Steprer Beisitzer im Schrannengericht war aus¬ schlaggebend gewesen und hatte für den Tod der Ketzer entschieden. Sie hatten gehofft, dieses abschreckende Beispiel würde genügen, doch mußten sie bald ihren Irrtum erken¬ nen. 1550 mußten neuerdings 15 Täufer, die eine Versammlung abgehalten hatten, ver¬ haftet werden. Sie schworen ab nachdem sie gemäß einer Anweisung Ferdinands an den Landeshauptmanns) durch eine Kommission von zwei weltlichen und zwei geistlichen Mitgliedern belehrt worden waren. Nur über Rädelsführer, die hartnäckig blieben, sollte die Todesstrafe verhängt werden.*) Die Gewalt der Täuferbewegung war damit gebro¬ chen. Ab und zu flammte sie noch auf, doch die Wachsamkeit des Luthertums?) in Steyr und Umgebung verhinderte die weitere Bildung geschlossener Gemeinden. Den Vorteil zogen daraus die Anhänger Luthers. Der Nebenbuhler war unschädlich gemacht und beim König konnten sie auf ihre Mithilfe bei der Ausrottung der „verführerischen“ Sekte verweisen. Sie selbst aber hatten durch ihre Stellungnahm: dokumentiert daß ihre Lehre mit Sektiererei nichts zu tun habe und nur der Sorge für die Verkündung des lauteren Evangeliums gewidmet sei. IV. Ständepolitik. I.) Der Landtag zwischen 1520 und 1525. Die „Landschaft“ setzte sich aus den Vertretern der 4 Stände der Herren, Ritter Prälaten und der 7 landesfürstlichen Städte Freistadt, Emunden Linz, Wels Stepr, Enns und Döcklabruck zusammen. Sie war der Gegenspieler des Landesfürsten und 1)Generalmandat Ferdinands für Böhmen Ungarn und die Erbländer vom 27. VIII. 1527 bezieht sich auf die Beschlüsse des Wormser Reichstages, die Regensburger Einigung und die früheren Mandate. Es verurteilt die Wiedertaufe und die Abendmahl¬ treitigkeiten, nennt Karlstadt, Zwingli, Oekolampadius wendet sich gegen alle Neu¬ erungen und macht die falsche Lehre von der christlichen Freiheit für das letzte große Blutvergießen verantwortlich, Raupach Bd II. Beilagen S. 60—68. 2)Täuferbischof aus Döcklabruck gest 14. I. 1528 in Rattenberg. 3)Hingerichtet am a. II. 1528 in Schwaz. 4) Sogar die Häuser in denen Versammlungen stattgefunden hatten, sollten ab¬ gerissen werden. Da sie jedoch unschuldigen Bürgern gehörten, wurde davon Abstand genommen. Drev., S. 240 5)Innsbruck, 11 V. 1550. Ein allgemeines Mandat, Wien, 8. IV. 1550: Die Ketzer seien trotz aller Ermahnungen nicht verschwunden. Aufforderung zur Einkehr und strengemGlauben. St. a. a. O. Nr. 1684. 6)Laut eigenem Mandat und dem Steprer Reichstagabschied. Prev. S. 246. 7)Raupach, Bd. II, S. 51: Michael Stiefel warnt Luther vor zwei aus Wels nach Nürnberg geflohenenMännern als „in faciem Catholici, sed in dorsum virulenti Sacramentarii“. Luther warnt 1528 Wenzel Link in Nürnberg vor diesen zwei Welsern. 27
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