Steyr und die Glaubenskämpfe

was sich in anderen Gebieten (Schweiz, Deutschland, Böhmen) zum Fanatismus steigerte und hektisch in Erscheinung trat, verlief in Oesterreich in friedlicheren Bahnen. In Stepr trat die Bewegung am stärksten seit 1525 hervor. Ende Dezember oder Anfang 1526 traf Dr. Balthasar Hubmapr der bedeutendste Täuferapostel, mäit einer Buch¬ druckpresse in Sterr ein.!) Am St.=Deits=Tag 1527 wurde von dem täuferischen Schlo߬ kaplan Jakob Portner der Täufer Johannes Hut mit dreien seiner Anhänger aufgenom¬ men. Am Sonntag predigte Hut in Deit Pfefferls Haus; da dies jedoch zu gefährlich war, mußte er seine nächsten Dredigten außerhalb der Stadt in einem Ziegelstadel halten und dort taufen. Diele, meist gemeine handwerksleute nahmen die Lehre an.?) Der Rat der Stadt wollte Hut verhaften, doch er entkam. Dafür wurden Deit Pfefferl, Hans Wißbauer, Wolf Würsing und Leonhard Köberer verhaftet. Sin erklärten, sich die Sache nur einmal angehört zu haben und davon abstehen zu wollen. (Alle vier waren Rats¬ mitglieder und angesehene Bürger der Stadt.) Die übrigen, die noch verhaftet wurden (kleinere Handwerker), standen tapfer zu ihrer neuen Lehres) und wollten nur durch die Hl. Schrift eines Besseren belehrt werden. Der Rat berichtete nach Wien,) „die Gemeine von Stepr sei Gottes Wort zu hören gantz begierig und weilen allhie die geistlichen Münch und Pfaffen keinen gelehr¬ ten Mann zum Dredigen leiden noch lieten sondern wann Gott einen solchen hierher kann fügt (gemeint ist Calixtus), keine Ruh noch Rast haben bis er abgeschafft wird die Regierung hieraus wol wahrnehmen, daß die Anhörung des Huten Predigt mehr aus Lieb zu Gottes Wort und Einfalt, als bösen Fürsatz geschehen ser“ und der Stadt¬ ein:5) schreiber fügt die Worte Gamaliels, acta V hinzu. Die Antwort traf am 24. IV. Die widerrufen und schwören, nie mehr eine Versammlung besuchen zu wollen, dürfen nachhause gehen. Die Stadt soll richten und aus den anderen sechs Städten des Landes soll je ein Gesandter beiwohnen und der kgl. Fiskal Wolfgang Küniglé) von der Wiener Statthalterei soll Ankläger sein. Eine besondere Rüge wird der Stadt erteilt, weil sie Portner hatte entfliehen lassen. Jakob Die Schar der verhafteten Täufer gliederte sich in drei Gruppen: die freiwillig ab¬ schworen, die fest blieben, und die wieder rückfällig wurden, nachdem sie abgeschworen hatten. Das Urteil für die erste Gruppe lautete: a) Abschwören bei Strafe keine Ver¬ sammlung und Dredigt mehr besuchen; b) sieben Sonntage mit entdecktem Haupt die mit fliegenden Haaren in grober Wollkleidung, mit dem Zeichen eines Tauf¬ Weiber vor dem Kreuz Drozessionen um die Kirche machen. In der linken Hand eine steines Rute, in der rechten eine brennende Wachskerze. Von dem Frühmeßaltar während des Amtes knien und so die Absolution empfangen. c) Diese Kleider sind Jahr und ganzen tragen. d) An gewissen Tagen ist zu kommunizieren. e) In keine Gesellschaft Tag zu Als Wehr ist nur ein abgebrochenes Brotwesser erlaubt. f) Der Burgfried der gehen. darf nur mit Erlaubnis der Obrigkeit verlassen werden. Stadt so Rates schließlich erlassen. Darüber war Dieses Urteil wurde auf Bitten des Zukunft berichtet Orevenhuber,?) die Geistlichkeit empört und es wurde bestimmt, daß in eine geistliche Strafe verhängt werden würde. auch 9Beda Dudik: Geschichtliche Entwicklung des Buchdruckes in Mähren 1486— Loserth: Waldshut und die vorderösterreichische Regierung 1525—1526. Arch. f. 1621. — Hubmayr muß aus der Schweiz nach Steyr Geschichte 77. Bd. S. 85/86. österr. gekommen sein, da er um den 5. XII. 1525 von Constanz nach Zürich geflohen war. ff. 2) Prev., S. 255 3) Paul Hertlmapr Hufschmied; Leonhard Alexberger, Bürstenbinder; Hans Pa¬ Klingenschmied; Michael Gruber, Boaner; Hans Schützenecker Schleiffer; Hein¬ chinger rich Muhr, Kämmler; Matthias Düschinger, Messerer; Hans Heher, Schuster; Siegmund Beutler. 4) St. A. K. XI, C. 24, Nr. 1682. 5)Landesarchiv Linz, Landtagsannalen, Bd. A. 6) Untern 4. XI. 1527 berichtet er, daß etliche der Hut'schen Sekte seit zwei Jah¬ ren weder Beichte noch Sacramente empfangen haben und daß man gar nicht glauben könne, wie viele in Steyr und Umgebung der Sekte anhingen. Archiv des Unterrichts¬ ministeriums Wien. Prevenhuber berichtet in seinen Annalen auf S. 255 bis 240 genauestens 7) über den Prozeß. Da er als lokale Quelle kompetent ist, habe ich den Bericht daraus entnommen und gekürzt wiedergegeben. 26

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