werde. Der mitkämpfende Bruder vom Schloß aber hörte nicht, denn der hatte auchzwei Ziele vor Augen und neben der Demmt vor Gott beherrschte ihn der Wille zurVer¬ mehrung seiner Macht, seines Reichtums und damit war es schwer zu vereinbaren, daß er alle Rechte, die ihm Macht verliehen, freiwillig aufgeben sollte. Diese Haltung aber machte aus dem um Gott kämpfinden Bauern plötzlich wieder den geschundenen Unter¬ tanen, der die Bande, die ihn an den vornehmen Mitstreiter gebunden hatten in nichts zerfließen sah. Er erkannte in ihm wieder seinen Herrn der ihn immer mehr zum Skle¬ ven gemacht hatte, ihn nur immer mehr mit Zins, Zehent belastend, und der die Hand sogar auf das alte Gemeindegut den Wald und die Weide, gelegt hatte, das nicht ver¬ lost worden war. Von da ab kämpfte der Bauer offen für beide Ziele und mit aller Kraft und allem wilden Trotz, dessen der fähig ist, der nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen hat. Diese haltung konnte der Adel nicht haben, denn er hatte zu viel zu verlieren und außerdem die Möglichkeit, Hilfe gegen die Bauern zu bekommen, zu leicht bei der Hand. Was tat das schon, daß er dazu vorübergehend mit dem katholischen Widersacher Frieden schließen mußte? Es waren Untertanen, die rebellierten, und die Grundherren mußten vereint dieser Gefahr begegnen. So weit kam es in der Stadt nicht aber die Einheitlichkeit der Front war auch hier nicht echt. Die Spaltung war aber nicht so tiefgreifend denn es war nicht Unter¬ drückung, die den Ausschlag gab, ssondern das Minderwertigkeitsgefühl, das denjenigen, der sich durch die neben ihm den Dlatz beherrschende Wohlhabenheit und wirtschaftliche Vormachtstellung an die zweite oder dritte Stelle gerückt sah, ergriff. Daneben auch reiner re¬ ligiöser Idealismus, der denjenigen, den er beherrscht, zum Eiferer macht. Die Täuferbewegung fand in Steyr einen guten Nährboden. Der allgemeine Abbruch der alten Religion, der man zwar eine Ider von moralischer Tiefe, aber noch kein in seiner inneren und äußeren Geschlossenheit gleichwertiges nues Ganzes entgegenstellen konnte, planierte erst das Gelände. Eine Welt stürzte ein, die Jahrhunderte hindurch unantastbar gewesen war; jeder der sich gegen sie vergangen hatte hatte mit dem Tode büßen müssen. Es war eine Zeit der Verwirrung, in die der Gedanke des Täufertums iel und die Herzen derer ergriff, die in die alte Kirche nichts anderes hatten tragen könne als ein gläubiges Herz und Demut vor Gottes Allmacht. Don ihnen stammten nicht die großen Meßstiftungen und Altarspenden von ihnen hatte keiner je einen Bene¬ siziaten erhalten können, aber in ihnen war Glaube und Religion und spendeten sie ein Scherflein von ihrer Habe, so war dies keine Geste der Werkheiligkeit, sondern des Glaubens. Da die Täuferbewegung nicht nur ein religiöses, sondern auch ein soziales Dro¬ gramm verwirklichen wollte, schieden die Besitzenden unter den Stadtbewohnern von vorneherein aus. Es hat sich zwar mancher dafür interessiert, aber keiner hat sich ihr mit Leib und Leben verschrieben. Auf ihrer Seite finden wir kleine Handwerker Arbei¬ ter und Bauern. Daß sie sich für ihren Glauben auch persönlich einzusetzen gewillt waren, beweisen die Täuferprozesse, die über viele der gläubigsten Menschen den Stab brachen; aber auch diejenigen dürfen nicht als wankelmütig bezeichnet werden, die vor dem letzten Einsatz zurückschreckten und in letzter Stunde noch die rettende Hand ergriffen, die da Abschwören und Widerrufen hieß. Es darf nicht vergessen werden, daß gleich nach der religiösen Autorität der Kirche für den einfachen Mann die Autorität des Staates und seiner Orgene kam. Die Ehrfurcht vor beiden war damals am Beginn der Neuzoit, noch ein tiefer verankertes Gefühl als heute, da die Nichtachtung der einen mit der Auflehnung gegen die andere Hand in Hand geht. Diese kleine Gruppe also, die sich für das Bekenntnis der Täufer entschied war von vornherein zum Untergang verurteilt. Wirtschaftlich machtlos, politisch machtlos und religiös zwischen zwei Feuern, konnte sie sich nicht behaupten. Von den Katholiken als Reformpartei von vornherein abgelehnt, von der lutherischenReformpartei als Konkurrenz betrachtet, die noch dazu ihre Anhängerschaft im Untertanenstand hatte, wurden die Täufer von beiden Rich¬ tungen als Ketzer und Schwärmer verfolat und aufgerieben Die erste Bezeichnung hatte Berechtigung nur im Munde der Katholiken; daß die lutherische Reformpartei inden Ketzerruf mit einstimmte hatte zwei Gründe: Ketzer waren die Täufer nicht wegen deis Abfalles von der kath. Kirche —damit hätte sie sich selbst ebemfalls des Ketzertums be¬ zichtigt — sondern Ketzer war jeder, der anders dachte als sie. Diese Bezeichnung er¬ möglichte es, die Täufer leichtals Drügelknaben zu verwenden und sich dem Landes¬ fürsten gegenüber hinter ihnen zu verschanzen. Schwärmer aber waren die Täufer tat¬ sächlich, indem sieLuthers Thes 6von der Autorität der Hl. Schrift übersteigernd, sich allein zur inneren Stimme, der Mittlerin zu Gottes Geist, bekannten. Für den nüch¬ tern denkenden Bürger, dessen Tag das Geschäft bestimmte, war das allerdingszu schwärmerisch. 25
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