— denen das Geld zugute kommen sollte, erwies man eine Gnade, und Geschenke dieser Art fallen meist mager aus. Und wenn es auch heißt: „Was ihr getan habt einem unter daß diesen meinen geringsten Brüdern das habt ihr mir getan“ so ist es doch so, an¬ die Ehrfurcht und mit ihr das Geschenk ganz andere Ausmaße vor dem Herrn Zeit nimmt als vor seinem Diener. Ueberdies war für Arme und Kranke seit langer gesorgt. Das Steprer Bürgerspital bestand seit dem 15. Jahrhundert und wurde seitdem Ver¬ wie das Bruderhaus ständig miit Stiftungen bedacht.?) Nachdem nun die direkte ehrung Gottes durch ihm geweihte Kapellen, Altär., Bilder, Plastiken, Schnitzereien war Glocken, Glasfenster, Chorgestühle usw. als Götzendienst abgeschafft worden war auch die Stiftungstätigkeit auf diesem Gebiet zu Ende. Je unerträglicher die kirchlichen Zustände wurden, desto höher stieg die Be¬ geisterung für die Predigt. Sie war für den Glaubenseifer des Dolkes von ausschläg¬ gebender Bedeutung. Obwohl wir heute staunen, wieviel Literatur sich damals im Um¬ lauf befand und vom Bürger bis zum Bauern und auch dem Arbeiter, dem „gemeinen Mann“, gelesen wurde, so wurde doch im allgemeinen das Buch durch das Wort er¬ etzt. Don der Kanzel herab wurde nicht nur Gottes Wort verkündet, sondern auch Urteile, kaiserliche Mandate und Aufrufe. Von ihr herab strömten in der Zeit der ersten Verbreitung lutherischer Glaubenslehren die neuen Ideen in die herzen der Gläubigen und Gottes Wort wurde einprägsam gelehrt im Sinne der Reformation. Die Dredigt wurde vom Dolke gefordert und die Klagen über ihre „Zerrüttlichkeit“ wurden zum Schlagwort, das ihre Reinheit auf die Verkündigung des hl. Evangeliumes forderte. Es war eine Selbstverständlichkeit für die Bewohner der Stadt an Sonn¬ und Feiertagen die Dredigt zu hören und der Besuch der Kirche gehörte zum Tages¬ ablauf wie Arbeit Essen und Schlaf. Ein guter Drediger hatte dis Macht das Dolk zu beeinflussen und zu lenken; er war Lehrer und Erzieher und riß die Zuhörer in den Bann seines Wortes. Er konnte Leidenschaften entflammn, die, genährt durch Uebelstände in Welt und Klerus zu Haß gegen kirchliche und weltliche Obrigkeit wur¬ den, Aufruhr und Krieg auslösten, die dann im Zeichen des Gottesworts ausgetra¬ gen wurden. Stepr hat das nicht mitgemacht, aber die Kunde von den Schrecknissen des Bauernkrieges, des Reichsritter=Aufstandes ist voll von Greueln und blutiger Lei¬ denschaft. Die kluge Führung des diplomatischen Rates der Stadt hat mit Papier und Federkiel den Kampf mit den vorgesetzten Stellen ausg tragen und die Ruhe in der Stads aufrechterhalten. Die katholischen Drediger der vorreformatorischen Zeit waren uneins sie ver¬ richteten ihr Amt mihr schlecht als recht und mit wenig Enthusiasmus. Sie waren ihrer Aufgabe nicht gewachsen, da ihre Kenntnisse mangelhaft und ihr Interesse daran lau war. Sie mußten den Kampf gegen die lutherischen Drediger verlieren, noch be¬ vor sie sich seiner richtig bewußt geworden waren, denn diese kamen mit aller Kraft einer jungen Bewegung, begeistert und frisch von der Schule und dem Studium der hl. Schrift und der Glaubenslehre Luthers. Daß in Stepr auch vor der Glaubens¬ spaltung der Rat die Prediger für die Fastenzeit berief und nicht der Kirchenmeister, erleichterte in den Jahren der Wandlung zum Luthertum die Errichtung von Prä¬ dikantenposten an Stelle der Benefiziatenstellen die von Gesellpriestern verwaltet wa¬ ren, die auch das Predigeramt versahe.!) Sie und die Dominikaner haben sich an¬ scheinend schlecht bewäht sonst hätten nicht noch fremde Prediger berufen werden müssen und dies mit Zustimmung des Abtes von Garsten. Und gerade diese Drediger sollten es sein, die der Sache Luthers in Stepr den Weg bereittten. II. Von der Predigt für die Reform der katholischen Kirche zur Verkündung des reinen Evangeliums im Sinne Luthers. 1. Patrizius. Im Jahre 1520 baten Bürgermeister Richter und Rat von Stepr?) mit Zustim¬ mung ihres Pfarrherrn, des Abtes von Garsten, den Minister des Barfüßerordens Kaspar von Kremst) um einen Fastenprediger. Es entsprach dies vollkommen dem Brauch?) und wurde nur dadurch betonter als sonst, da der Magistrat die Sendung eines Priesters wegen der mangelhaften Predigten und der Uneinigkeit der Kanzel¬ 1) Die Predigt behandelte das Leben Jesu, die Messe, die Heiligen, die Mutter Gottes dogmatische und moralische Fragen; sie war in eine Sonn= und eine Feier¬ tagspredigt geteilt. 2) Religionsakten, Kast. XI, Lade 24, Nr. 1680. 14
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