Steyr und die Glaubenskämpfe

nötig gewesen war. Eine Welt voll Glauben und Frömmigkeit, voll Macht und Wohl¬ habenheit, aber auch voll Aberglauben und Despotismus war über diesem Kampfe untergegangen und einer neuen gewichen, die sich erst von den Trümmern der alten befreien und weiterentwickeln mußte. So fand die in ihre alten Rechte wieder ein¬ gesetzte katholische Religion zwar den alten Boden vor, doch umgepflügt und brach. Die alte Frömmigkeit war einem nüchternen Sinn für die traurige Wirklichkeit ge¬ wichen und nur ganz langsam gelang es ihr, Wurzel zu fassen. Erst 1655 und 1658 wurden die Rosenkranz= und St. Sebastiansbruderschaft wieder errichtet und von den Schülern der Dominikaner Theaterstücke aufgeführt.!) Die Stadt selbst hatte noch schwer um ihnen Bestand zu kämpfen. Krieg, Dest und wirtschaftliche Not zwangen die Bürger zu weiteren Auswanderungen. Der Tief¬ punkt wurde im Jahre 1652 erreicht, da die Stadt um Steuernachlaß ansuchen mußte, weil niemand die verfallenen 200 Häuser kaufen wollte und die Bürgerschaft wegen der Kriegsschwierigkeiten noch weiter abgenommen hatte.?) Die abgehaltene Disitation ergab eine Anzahl von 402 verwahrlosten Häusern, die teils eingefallen waren und leer standen, teils von sehr armseligen Bewohnern erhalten wurden. Von da ab hat sich Stepr langsam wieder erholt, doch Weltgeltung errang es erst wieder, als in der zweiten Hälfte des 19. Johrhunderts das Werndlgewehr und andere Erzeugnisse der Werndlschen Waffenfabrik den Weltmarkt eroberten. Als Stadt der Bürger und Hand¬ werker ging das mittelalterliche Steyr an der Gegenreformation zu Grunde, als Stadt der Industrie erwachte es im 19. Jahrhundert zu neuem Leben. 1) St.=A., „Pfarrakten“ 2) St.=A., X. XI, L. 24, Nr. 567, 59. Literatur=Nachweise I. Quellen. I.) ungedruckte: a) Im Museum Francisko=Carolinum, Linz: Acten über die religiös=politische Lage des Landes ob der Enns im 16., 17. und 18. Ihd. (Abschriften aus dem k. k. Regierungsarchiv.) Archiv des Museums 17, Fasz. 127. Religions=Reformation der löblichen politischen Stände und Städte in Oberösterreich ob der Enns, 1525—1599. Archiv des Museums, 16 Fasz. 108. Landesfürstliches Patent gegen die Verbreitung der neuen Lehre 1528 (Abschrift). Archiv d. Mus. 12, Fasz. 17c. Extract aus dem kaiserl. Reformations=Libell von 1524. Archiv des Museums 12, Fasz. 18a. Akten aus dem Bauernkrieg 1594 bis 1597 und andere die religiös=politische Tage des Landes ob der Enns betreffend. Archiv d. Museums 16, Fasz. 122. Kaiserl. Resolution betreffs des Bauernaufruhrs in O.=Oe. ddo Prag, 6. Mai 1597 Abschrift der kaiserl. Resolution ddo. 8. 5. 1597). Aus dem Archiv zu Tollet, Cat. Nr. 24a C. Archiv des Museums, B. 10. Urkunden und historische Berichte über die große Bauernrebellion. 42 Stücke, 1620—. 1626, 2 Bände. Manuskript im Museum, Nr. 121. Actensstücke aus der Zeit der Wirksamkeit des Grafen Herberstorff in O.=Oe. Archiv d. Mus. 15, Fasz. 28—29 bis 56. Copia der überreichten Gravaminum, welche der Röm.=Kais. Map. von den evan¬ gelischen drer Ständen des Ertzherzoathumbes Oesterreich Onter ond Ob der Ensübergeben. Samt der Kap. Resolution, Quart, Wien 1618. Sammel¬ band im Mus. Kat. III, 225. Discurszwen; der erste was die löblichen Stände Oesterreichs ob der Enns bei jetzigen gefährlichen Zustand zu bedenken und ob sie in die Begehren, so von Hoff aus an sie gesucht worden willigen oder sich davon entschuldigen wollen. der andere über des chursächsischen Abgesandten der Böhmischen Herren gethane Dor¬ 99

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