Steyr und die Glaubenskämpfe

Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr Dr. Ilse Neumann Steyr und die Glaubenskämpfe I. TEIL Februar 1952

Alle Rechte vorbehalten. Eigentümer, Herausgeber und Verlag: Magistrat Steyr, Kulturamt Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Erlefried Krobath. Druck: Vereinsdruckerei Steyr.

Vorwort. Wenn man in einer Stadt wie Steyr aufgewachsen ist und das Glück hat. mit Hilfe eines Bildungsganges, wie ihn Gymnasium und Hochschule bieten, nicht nur die Gegenwart ergreifen, sondern auch die Vergangenheit verstehen lernen zu können, so muß man sich, geht man nicht blind durch die Gassen und Gäßchen, über die Stiegen und Plätze dieser alten Stadt, eingeladen fühlen zu einem Exkurs in die Zeiten, da diese Giebelhäuser, diese Kapellen und Kirchen der Stolz einer freien, wohlhabenden und tatkräftigen Bürgerschaft waren. Die Gassen sind uns heute zu eng, die alte Stadt ist längst nur mehr die Reim¬ zelle einer größeren Industriestadt. Der Staub des modernen Verkehrs hüllt die stolzen Bürgerhäuser einer verklungenen Zeit ein, in denen Menschen leben, die ihre Bauart wenig praktisch und ihre Instandhaltung sehr kostspielig finden. Wer sich sein Trink¬ wasser im Zeitalter der Atomkraft noch vom Brunnen, der nicht selten außerhalb des Hauses ist, holen muß, verliert bald, wenn es überhaupt vorhanden war, das Verständ¬ nis für den historischen Wert des Gemäuers, innerhalb dessen er wohnt, noch dazu wenn die Stiege schmal und hoch, der Gang lang und finster, die Wohnung kalt und feucht ist. Im Winter nur, wenn die Lampe brennt und das Holz im Ofen kracht, wird es gemütlich in so einem alten Giebelhaus. Das Gefühl der Geborgenheit in starken Mauern bringt uns dann denen näher, die sie aufführen ließen zu einer Zeit. da der Besitz eines hauses den Bürger ausmachte und das „Bürgersein“ Rechte und Pflichten in wohlabgestimmtem Gleichmaß dem selbständig schaffenden Manne als Würde zuerkannte, beides als eine Freiheit, die nicht jedem zuteil ward. Unserer Zeit, die nur nach Rechten schreit und bestrebt ist, Pflichten auf ein Mindestmaß herabzudrücken, da sie Bürden sind und nichts anderes mehr bedeuten, ist auch das Verständnis für ein bürgerliches Leben, für seinen Sinn und Zweck mit dem Schwinden seiner Doraussetzungen verloren gegangen. Was Fremde bewundern, wenn sie im Sommer unser altes Stepr, von vielen das „österreichische Rothenburg“ genannt, besuchen, sind die kunst= und kulturhistorisch interessanten Bürgerhäuser mit den schönen Höfen, Arkaden, Gängen und Stiegen, die angen Straßen, die steilen Gäßchen und nicht zuletzt das Katzenkopfpflaster, das den Abschied von dem lieben Städtchen wesentlich leichter macht. Sie gehen auch in das Museum, es gehört dazu und ist gewissermaßen eine Ergänzung zur Besichtigung der Stadt. Kaum einer fühlt den Geist der alten Zeit in diesen Mauern lebendig werden, nimmt sich Zeit, ihn hervorzulocken, um sich erzählen zu lassen wie es damals war. Es geht auch schwer am Tage, da die neue Zeit so aufdringlich laut alles einhüllt, aber wer es versucht, langsamen Schrittes durch das nächtliche Sterr zu schlendern, dem wird mit den plastisch im Mondlicht stehenden Häusern auch die Vergangenheit so nahe rücken, daß er nur hören und sehen muß, um sie zu verstehen. Ein Fremder wird die alte Stadt als freundliche Erinnerung im Ge¬ dächtnis behalten. Wer seine Heimatstadt so kennt, der liebt sie und wird immer mehr von ihr wissen wollon. 5

I. Einleitung. Kirchliche und politische Lage im Lande o d. Enns vor der Glaubensspaltung.!) Im 16. Jahrhundert unterstand das Land o. d. E. in kirchlichen Dingen dem Bistum Passau, das als Suffraganbistum dem Erzbischof von Salzburg unterstellt war. Seit 1515 bestanden zwei Offizialate eines für das Land o. d. E. mit dem Sitz in Passau das andere für das heutige Niederösterreich soweit es damals passauisch war, mit seinem Sitz zu Maria am Gestade in Wien. Eine Verlegung des obderennsischen Offizialates dessen Inhaber meist ein Dassauer Domherr war, wurde 1584 von Bischof Urban v. Trenbach angestrebt, um durch einen Vertreter im Landtag mitbestimmend den Gang der katholischen Reformation beeinflussen zu können, sie scheiterte am Widerstand der lutherischen Stände und an der ablehnenden Haltung der österreichischen Regierung.? Diese erwartete sich von einer auf ihre Verordnungen hin durchgeführten erfolgreichen Gegenreformation eine Stärkung ihrer landesfürstlichen Gewalt und eine innigere Zu¬ nur ammenarbeit mit der Kirche konnte die Früchte der geleisteten Reformtätigkeit schmälern. fein¬ E. zwar das Am Beginn der Glaubenssgaltung war über das Land o. d. maschige Retz einer kirchlichen Organisation gebreitet, ihr Leiter aber, der katholische Bischof, hatte seinen Sitz außerhalb der Landesgrenzen in Passau. Die Entwicklung des Landes beruht auf zwei Faktoren: dem Beharrungsvermögen kirchlicher Ordnungen und der raschen Wandlungsfähigkeit staatlicher Verhältnisse.s So werden die Landesinteressen in zwei immer mehr auseinanderstrebende Teile ge¬ spalten, zwischen welche der die Trennung verstärkende Keil der lutherischen Reform¬ bewegung fährt. Die Dosition des Diöcesans ist von vorneherein schwach. Hinter ihm eine steht kein starkes und hilfsbereites Erzbistum denn Passau und Salzburg trennt traditionelle Scheidewand die aus der Zeit des Wettstreites um die kirchliche Ober¬ hoheit in der karolingischen Ostmark stammt, aus dem Salzburg nach erfolgreicher pan¬ nonischer Mission als Sieger hervorgegangen war. Ein weiterer Grund waren die Grenzverhältnisse zwischen Salzburg und dem E.; beide Länder wurden nur durch das Mondseerland verbunden das Lande o d. geogrephisch und kulturell auf beide anziehend wirkte. Dassau hat sich die Zuneigung Salzburgs nicht gewonnen als es mit größter Zähigkeit in Oesterreich an Machtfülle wuchs und sein Nebenbuhler sich auf den Südosten Oesterreichs u. d. E. beschränken mußte. Eine Schwächung der Dosition Passaus im Glaubenskampf bedeutet seine Tage außerhalb des Landes und die Besetzung des Bischofstuhles durch einen weltlichen Für¬ sten, der als Herzog von Bapern und Wittelsbacher zu den Erbfeinden des Kaisers und der habsburgischen Drnastie gehörte. Die eifersüchtige Wahrung der Landeshoheit Das grundlegende Werk über die kirchlichen Verhältnisse des Landes o. d. E. 9 in der Reformationszeit und ihre Entwicklung in engster Verbindung mit der poli¬ tischen Geschichte wurde von Drof. DDr. Karl Eder herausgegeben: Studien zur Re¬ Bd. Linz 1955: Das Land o. d. E. vor der formationsgeschichte Oberösterreichs,1. Glaubensspaltung (1490—1525). 2. Bd. Linz 1956: Glaubensspaltung und Landstände in Oest. o. d. E. 1525—1602. 2) Versuch des Bischofs, seinen Schwager Deit Tättenpeck als seinen Vertreter zum Linzer Landtag zu senden war gescheitert. 10. III. 1577 Schreiben des Bischofs an die Stände. LLA., Neuerwerbungen Bd. XVI. Nr. 2. — 15. VI. 1584 Mahnschreiben mit Protest der Stände. Punkt 8. L.=Annalen Bd. XVI. Bl. 457. 3) Eder I. a. a. O. S. 2. 7

durch den Landesfürsten erschwerte die Maßnahmen Passaus an und für sich, besonders aber zur Zeit des Adnänistrators Herzog Ernsts und gab den Ständen ein Vertei¬ digungsmittel in die Hand, das sie nach Kräften für ihre Zwecke gebrauchten. Und sie gebrauchten es gerne, denn das Hochstift Dassau mit seinem großen Grundbesitz im Lande war nicht nur in Religionssachen, sondern auch als mächtiger Grundherr und Einleger im ständischen Giltbuch ein lästiger Rivale. Zweifellos aber war der Einfluß des Bischof auf die kirchliche Lage im Lande am meisten dadurch geschwächt, daß ihr Schwerpunkt in den Klöstern lagt), was die Wirksamkeit bischöflicher Anordnungen von der Willfährigkeit der Prälaten abhängig machte, die als vierter Stand der Land¬ schaft auch politische Interessen berücksichtigen mußten und sich im übrigen mehr ihrem Orden als dem weltlichen Klerus verbunden fühlten. Die Gründung der Mendikanten¬ klöster?) mit strenger Disziplin und mönchischem Leben zeigt, daß innerhalb der Kloster¬ geistlichkeit die Notwendigkeit einer Klosterreform ebenso gefühlt wurde wie unter den Gläubigen, doch änderte sich dadurch nichts am kirchlichen Grundcharakter. Gänzlich dem bischöflichen Einfluß entzogen waren im Ernstfalle die Schloßkapellen und ihre Geist¬ lichen, die völlig in der Gewalt des Adels waren.s) Ueber sie fanden dann auch Luthers Drediger Eingang zu den Zu= und Nebenkirchen sowie den Pfarren des Landes und sie blieben Rückgrat und letzte Verteidigungsstellung der Protestanten dank der adeligen Dogteirechte.4) Dasselbe gilt für die Kuriatbenefizien mit dem Unterschied daßhier das Bürgertum, das dem Adel nicht nachstehen wollte in der Bestellung eigener An¬ dachtsstätten und der sie versorgenden Geistlichen, soviel Einfluß in kirchlichenAn¬ gelegenheiten gewann, daß es dem Protestantismus Tür und Tor öffnen konnte.5 Aber auch der Landesfürst hatte im Lande o. d. E. eine schwere Stellung.Es war das erste österreichische Land das von der Welle der Reformation erfaßt werden mußte: es stand in regem wirtschaftlichen und kulturellen Austauschverkehr mit deren Ursprungslande und besaß keine feste Residenz des Landesfürsten, der es nur auf der Durchfahrt zur Erbhuldigung oder zu kurzen Besuchen betrat. Die großen Linzer Märkte im Frühjahr und Herbst jedes Jahres setzten Flugblätter Traktate und Ideen aus und förderten die Mißstimmung über die reformbedürftigen kirchlichen Zustände. Das ver¬ kehrsmäßig erschlossene Land (Nord=Süd=Achse Steyr—Freistadt und die Ost=West¬ Achse längs der Donau), in dem die sieben landesfürstlichen Städte als fast gleich mächtige politische Einheiten das Skelett des Landes darstellten, das die Macht der großen Adelsgeschlechter als Substanz erfüllte, sog ungehindert Luthers Lehren,seiner s Anhänger Jubel und die Berichte vom Erfolg seiner Bewegung ein. Die Folgen davon werden an Hand der Ereignisse in der volk= und verbindungsreichsten Handelsstadt des Landes, Sterr, demonstriert werden. Die Nächtigsten im Lande die Adelsherren, wandten sich als erste der neuen Lehre zu und konnten es sich auch leisten mit ihrer praktischen Einführung den Anfang zu machen. Aus ihren Reihen aber kamen die Landeshauptleute, ihre Meinung war im Landtag entscheidend. Der Landtag wieder repräsentierte die Landschaft und diese stand als geschlossener Block dem Landesfürsten gegenüber, in Ehrfurcht und Bescheidenheit natürlich, wie es den Formen der Zeit entsprach, doch zäh und mit großer Gewandtheit ihre Pläne verfolgend, die ebenfalls der Zeit entsprachen. Zwei Obrigkeiten, die weltliche und die geistliche, kämpften mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln um das Land, das als es die neuen Ideen aufnahm sich religiös von der alten Kirche abzutrennen begonnen hatte, vorerst ohne deren Auto¬ rität abzulehnen. Der Landesfürst kämpfte, als Stellvertreter des Kaisers, mit den Mitteln seiner landesherrlichen Gewalt für die katholische Kirche, deren Schutzherr er war. Schutzherr jedoch besagt, daß er Schutz zu bieten hatte als katholischer Herr 1) Eder I, S. 57—81: Don 181 Pfarren waren jag geistliche Lehenschaft u. zw.: 56 bischöflich, 1o1 inkorporierte Klosterpfarren, 7 werden von Pfarrern präsentiert. 2)Eder a. a. O.: Sterr Dominikaner (1472), Dupping Franziskaner (1478), Mauthausen Karmeliter (140a), Obertalhein Paulaner (1497). 3) Eder a. a. O.: Don insgesomt 54 Schloßkapellen waren 52 in der Hand des Adels, 1 in der des Landesfürsten (Sterr) und 1 in der des Hochstiftes Passau (Mars¬ bach) 4) Eder a. a. O.: Disitation 154g: 106 Pfarren davon 54½ vom Adel bevogtet 15½ vom Kaiser II vom Londesfürsten 10 vom Bischof, 15 von Klöstern. Für mehr als die Hälfte bestimmte der Adel die Pfarrherren. 5)Eder a. a. O.: 115 alte und 28 neue Benefizien: 0 landesfürstliche, 20½ geistliche, 96½ weltliche (Bürger und Adel), 15 ohne verläßliche Zuteilung. 8

9 des katholischen Landes. Damit ist auch die landeskirchliche Idee in seiner Beschützer¬ rolle verankert. Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist: doch Abgaben flossen auf allen möglichen Wegen nach Rom und nach Dassaund wurden dem Lande entzogen; eine Tatsache, die sowohl dem Herrscher als auchdem Volke seit jeher ein Dorn im Auge war. Der Glaubenskampf bot die Gelegenheitdem Schutzherrn der Kirche in kirchlichen Landesfragen eine Position zu erkämpfen, die dem Fürsten des Landes zur Stärkung seiner Herrenrechte verhelfen konnte. Darum mußte er auch allein handeln und dem kirchlichen Mitkämpfer seinen Platz anweisen. Mit ihm, ja, aber als sein Führer, und für die alte christkatholische Religion, aber vor allem als Landesherr. Don ihm gingen die Mandate aus auf Reichstagen wurde in Religionssochen entschieden, in Landtagen gegen und für sie gekämpft und Politik be¬ stimmte ihren Verlauf. Die Türkenkriege, die ewige Gefahr für das Reich, ließen die Waage der Entscheidung schwanken, bald für, bald gegen die Sache Luthers denn zog die Gefahr näher, mußte der Kaiser rüsten. Rüsten aber kostete Geld und Geld hatte er nie; so bekameen die Landtage die Forderungen zugestellt. Bei aller Liebe zum Vater¬ land, dem sie in seiner Not immer wieder halfen, und die ihre im gleichen Maße war. gestatteten sie sich jedoch demütigst auch bescheidene Bitten für ihre Sache und baten sich ihre Gewährung aus. Und war die Gefahr groß, so blieb dem Landesfürsten augen¬ blicklich nichts anderes übrig als zu versprechen und zu vertrösten. War die Gefahr wieder für einige Zeit gebannt, so wurde verhandelt und je nach Einstellung des Für¬ sten verboten und abgelehnt oder gestattet und versprochen. Der genaue Ablauf dieses Kampfes kann nicht Sache einer Einleitung sein, die nur das Hineinspringen in die Materie erleichtern soll und den Aufsprungspunkt fixieren. Am Beispiel Stepr das als reichste Stadt des Landes eine kirchliche Situation unter einer in Glaubenssachen äußerst regen Bevölkerung aller Schichten veranschaulicht, soll der Verlauf des Re¬ ligionskampfes in seiner letzten Konsequenz verfolgt werden. Eingewoben in die Vor¬ gänge des Landes bestimmte und durchpflügt er das mittelalterliche Leben der Klein¬ stadt, sein Ausgang vernichtete deren Blüte. Der Einbruch des Luthertums war nötig gewesen zum Aufrütteln zum Dorwärtstreiben der Regeneration des kirchlichen Be¬ wußtseins des Volkes. Die allgemein bekemnten und mißbilligten Mißstände in der katholischen Kirche hatten eine Differenz zwischen seiner inneren Glaubensbereitschaft und dem Zugehörigkeitsgefühl zur Kirche und ihren Einrichtungen geschaffen die eine breite Angriffsfläche für die neue, gereinigte und von begeisterten Dredigern verkündete Lehre bot. Ihre Einführung verschmolz Glaubensfreudigkeit und Liebe zur kirchlichen Einrichtung, doch war diese von weltlichen Kräften, wie Adel und Stadtrat, abhängig und nicht mehr rein geistlicher Natur. Den wenig schwärmerisch veranlagten Bürgern war diese Kontrolle sehr sompathisch, der mehr sich ins geistliche Denken Flüchtende, weil politisch und wirtschaftlich Abhängige, berauschte sich am Gedanken, das reine Wort Gottes, das hl. Evangelium verkündet zu bekommen. Jeder Umsturz hat Blut im Gefolge jeder Kampf kosten Opfer und so ist auch im Ringen der Reformationszeit viel kostbares Blut geflossen und viel Gut unter Trümmern begraben worden. Sterr blieb vom Kriege verschont. Das Ende seines Kampfes signierte nicht rauchende Häuser und erschlagene Soldaten sondernleere Häuser, eine arm gewordene Stadt und langsam verfallende Ruinen. Was vom alten Stepr am Leben geblieben war, was der Fleiß seiner Bürger zäh wieder zum Leben erweckt hat, ist noch zu sehen und formt das Bild der heutigen Stadt. Daß die neue Zeit daraus erwachsen ist, zeigt das Bild der heutigen Stadt durch deren mittelalter¬ liche Straßen das moderne Auto fährt und deren Elektrizitätswerk neben der Mühle in Zwischenbrücken steht, die für Katholiken und Ketzer das Korn mahlte und schon 1287 bestand. Damit sei Stepr aus dem allgemeinen Geschick des Landes gehoben und zum Mittelpunkt der folgenden Arbeit gemacht die wiederum als Beitrag zur Landes¬ geschichte zeigen soll, wie das, was man beschloß, in seiner letzten Konsequenz aussah.

A. Reformation I. Steyr vor Beginn der Glaubensspaltung. Entwicklung des kirchlichen Lebens Bis 1082 gehörte Sterr zur Pfarre Sierning, von 1082 bis 1505 zum Kloster Garsten und war nach dieser Zeit eine eigene Pfarre unter dem Patronat Garstens dessen Benediktiner die Priesterstellen in Sterr besetzten.!) In einem Revers anerkann¬ ten die Bürger zu Sterr im Jahre 1505 Abt Ulrich von Garsten als obersten Pfarrer der aus seinem Konvent Prediger und Priester für die Stadtpfarre zu stellen hatte und die geistliche Administration der Stadt übernahm. Somit ist Garsten Pfarre und Be¬ gräbnisort der Stadt Sterr, deren Stadtpfarrkirche eine Filialkirche des Klosters. 1457, da Stepr gewachsen war und seine Bürgerschaft an Zahl zugenommen hatte, vollzog der Abt von Garsten die Erhebung der Stadtpfarrkirch zur Pfarrkirche und bewilligte dort eine Begräbnisstätte.?) Den Ausbau der geistlichen Einrichtungen übernahm die Bürgerschaft der Stadt die so für den offensichtlich auf ihrer Arbeit ruhenden Segen danken und gleichzeitig auch zeigen wollte, wos die Stadt leisten konnte. Die wohlhabende Bürgerschaft setzte ihren Stolz darein, ihrer Stadt das Ge¬ präge der kulturell und wirtschaftlich ersten des Landes zu geben. Sie hatte Verbindung mit der Welt und wollte hinter anderen Städten nicht zurückstehen. Rathaus und Kirche bestimmen das Ansehen der Stadt und werden demnach von der Bürgerschaft in An¬ griff genommen. Dom Rathausbau fehlen Nachrichten und er ist nicht zu fixieren; auch ist er in seiner alten Form nicht mehr erhalten. Die Stadtpfarrkirche jedoch, die an Stelle der alten, schon zu klein gewordenen Kirche erbaut wurde ist in jahrhunderte¬ langer Arbeit, während der Feuersbrünste dreimal das fast vollendete Werk schwer 3) beschädigten, entstanden und in ihrer alten Gestalt noch heute erhalten. In Glaubensdingen waren die Steprer Bürger stets rege; so wuchs das Kir¬ chenwesen der Stadt und der reiche Ausbau aller religiösen Einrichtungen geschah aus Liebe für den Glauben, der eine lebensbestimmende Macht darstellte, und aus dem Gefühl der Freude, sich leisten zu können, was bisher meist Adeligen vorbehalten war. 1472 kamen Dominikaner aus Krems nach Sterr und ließen sich zur geringen Freude des Klosters Garsten in der Stadt nieder zuerst mit Einwilligung des Rates der Stadt und des Kaisers, und schließlich da Garsten Schwierigkeiten machte, 1478 auch mit Einwilligung des Dapstes Sixtus IV.*) 1478 wurden auch bereits Kloster und Kirche fertiggestellt und eingeweiht. 1) Sterr, Garsten unterstehen 8 Pfarren: Gaflenz, Ternberg, Mrustift, Raming. Molln, Steinbach a. d. Stepr, Losenstein. 2)Sterr ist laut der Hassauer Matrikel die angelegt für Verwaltungszwecke auch ein Register der Kollatoren und Taxenverzeichnisse enthält, eine der 50 zum De¬ kanat Lorch gehörenden Pfarren. Eder I. S. 50. Vertrag Sterr=Garsten s. Anhang Nr. 1. 3)Pritz=Stepr, S. 147: 1445 war mit dem Bau begonnen worden nach Plänen aus der Dombauhütte des Wiener Stephansdomes A. a. O. S. 186: bei dem großen Stadtbrand 18. März 1522, wurde sie fast gänzlich zerstört; 1559 wieder aufgebaut 1650 vollendet. 4)Diese Klostergründung ist die erste der 5. Gründungsperiode die 4 neue Mendikantenklöster (1472—1497) entstehen ließ. Daß Stepr trotz des Klosters Gar¬ sten vor seinen Toren in der Stadt ein Kloster bauen ließ, läßt auf Unzufriedenheit wegen mangelhafter Dredigt und Seelsorge schließen. Der neue Orden war ein Re¬ formorden der zur Erneuerung des Glaubenseifers anspornte und so den nach dem Worte Gottes begierigen Steprern eiwünscht war. Eder I, S 54, weist darauf hin daß Sterr es auch als Mangel empfunden haben mag, im Gegensatz zu Linz, Wels und Enns, kein Mendikantenkloster zu besitzen. 10

Im Jahre 1485 kam zwischen Abt Benedikt (1475—1488) von Garsten und den Dominikanern vertreten durch Dr. theol. Fr. Chrpsostomos O. Dr., dem Dikarder reformierten Klöster Oesterreichs, einen Vertrag zustande um einen Weg friedlicher Zu¬ Sin¬ sammenarbeit zu finden. Es wurde auch vereinbart daß die Stunde des Lesens, gens und Dredigens der Rat von Sterr bestimmen solle. !) Im Jahre 1522, am Beginn der Glaubensspaltung, vernichtete ein großer Brand Kloster und Kirche. Durch die Einwirkung der neuen Lehre war das Interesse am Bestand des Klosters geschwun¬ den; das Haus wurde zwar wieder aufgebaut, doch seine Besetzung konnte sich nicht halten und dürfte 1545 die Stadt verlassen haben. Ihr Schicksal wird noch einige Male in der Geschichte der Stadt aufleuchten. Einen reichen Niederschlag des allgemeinen Glaubenseifers und des edlen Wett¬ streites, sich darin zu überbieten, stellen die Stiftungen dar, die von reichen Familien, von den Zünften der Meister, aber auch der Gesellen bestritten werden. Altäre, Bil¬ Stif¬ der, Fenster, Kapellen, Messen und eigens defür bestellte Geistliche trugen des ters Namen. Eucharistie als Mittelpunkt der Die Zahl der Messestiftungen?) zeigt die hl. mittelalterlichen Frömmigkeit. Alle andern Stiftungen, vom Bau der Gotteshäuser bis feier¬ zum Detail ihren Ausschmückung, dienen nur dem Zweck, die hl. Messe in einem Stif¬ lichen Rahmen feierlich zu gestalten. Sterr steht mit dem Ausmaß der gesamten tungstätigkeit an der Spitze der Städte des Londes. Die Passauer Matrikel verzeich¬ net nur einen geringen Teil der Stiftungen.3) Die Messe der Elendzeche in der Pfarr¬ kirche den hl. Kreuzaltar in der Pfarrkirche, nach den Stiftungsbriefen von dem Step¬ rer Bürger Kriechbaum, nicht wie die P M. verzeichnet, von dem Linzer Sergins Durgleutter gestiftet, und die Dreifaltigkeitskapelle in Stepr (Traintenstiftung).“ Eine in der H M. genannte Stiftung ohne Ortsbezeichnung dürfte den Frauenaltar in Stepr betreffen. Der Stifter ist ein Ennser Bürger, Heresinger.5) Die Stiftsbriefe im Stadtarchiv ergeben, daß zwischen den Aufzeichnungen der H. M und dem tat¬ sächlichesi Ausmaß von II Stiftungen eine beträchtliche Differenz bestand.°) Es be¬ standen demnach folgende Benefizien mit eigenen Geistlichen: Die Messe der Elendzeche in der Pfarrkirche.?) I.) 2.) Stiftung des Hl.=Kreuz=Altares.s 5.) Stiftung der Dreifaltigkeitskapelle.?) Andreas Grüntaler (gest. 1464). 10) g.) Stephan Praunauer (1400 und 1495).11) 5.) Das Dreifaltigkeitsbenefizium der Schneiderzeche. 12) 6.) Friedrich Dorster (1408).13) 7.) 14) 8.)Elendzechkaplan. Georg Prandstettner (1511).15) 9. (1515). 16) Amalie Heimberger 10.) Nikolausbeneficium der Flözerzeche (1515).17) I1.) 1) Register des Stiftes Garsten, Diöcesanarchiv HS.5, Bl. 106. 2) Anhang Nr. 2, Meßregisten nach Eder I. S. 456. 5). Eder I, S. 51. 4)Nach der Handschrift Ba. P. M. 5) Eder I, S. 51: Heresinger der Stifter 6) des Ennser Maria=Magdalena=Altars. Eder I, S. 58 weist darauf hin daß das Kloster Garsten die Verleihung der Benefizien im eigenen Wirkungskreis der Stadt unabhängig von Passau, nicht ungern gesehen haben mochte. 7) Vermutlich am Zwölf¬ botenaltar. Am 8. 5. 1404 übergab der Kaplom der Elendzeche in Sterr, Georg Strasser, einen Zehent nach Pfarrkirchen bei Bad Hall, Stiftsarchiv von Kremsmünster, Stif¬ tungen. 1495 Jahrtagsstiftungdes Kaplans der Elendzeche. St. A. Stiftungen. Dre¬ Zustiftung des Kaplans der Elendzeche Stephan Grätl vemhuber S. 220: 1500 reiche 8) St. A. Stiftsbrief; val. Drev., S 220. 1505 von Hans Kriechbaunt errichtet und eine tägliche Messe gestiftet. ?) DieFriedhofkapelle mit 5 Altären und einer ewigen Messe. Prevenhuber, Seite 155. 10) Prevenhuber Seite 117. 1402 von Sigmundt Traint. 11) Der Bürger und Messerer Stephan Praunauer stiftete 1400 mit 600 Pfd. 4 Wo¬ S. 150, unrichtig 1460 angegeben (Reaister d. Stiftes chenmessen ins Spital. Prev., Garsten im Diöcesanarchiv Hs 5,Bl. 48ff) 1492 verpflichtet sich Abt Ulrich von Garsten nach Empfang der 600 fl (in Geld Schuldverschreibungen und Häusern), diese Messe durch einen Laienpriester lesen zu lassen. Nach Prev. reichte die Summe nicht 11

Dazu kommen noch 1544 4 von der Pfarre aus versehene Stiftungen: 1.)Die Rumpelstiftung 1478 mit 1000 fl bar zu einer täglichen in der Steprer Stadtpfarrkirche von Jakob Rumpel. 18) 2.)Die Frühmesse (Pfarrkirch=Messe). 19) 5.) Die Spitalmesse. 20) g.) Das Pramarerstift. Um 1510 versahen 4 Gesellen, 5 Kapläne und 1o Benefiziaten den Dienst für die Stiftungen. Nach den Klagen der Bürgerschaft über die Nichteinhaltung der Stiftsverpflichtungen zu schließen, müssen sie noch zu wenige gewesen sein. Der Verlauf der Stiftungstätigkeit im ganzen Land zeigt ein Ansteigen in der Mitte des 15. Jahrhunderts obwohl die allgemeine Mißstimmung gegen die kirch¬ lichen Uebelstände auch im Ansteigen begriffen ist. Die Menschen stürmen den Himmel, dessen Vertreter auf Erden so offensichtlich ihre Mission mißachteten. Der gewaltige Drang zum Glauben, der zu Gott führt und der das Dolk um die Drediger des reinen Wor¬ tes Gottes versammelt, offenbart sich in der Fülle der Stiftungen, wobei Gefahren wie die Türkengefahr mitgespielt haben mögen. Ab 1400 hält die Stiftungstätigkeit — bis 1517 an. Das Jahr 1518 bringt ein stetes Absinken bis 1522, von 1522 bis 1550 noch ein Aufflackern und dann völliges Erlöschen. In Stepr liegt das Haupt¬ gewicht auf den Jahren 1490 bis 1525. Sein Reichtum dient zu einem großen Teil der Unterstützung der Kirche ebenso wie in den anderen Städten, unter denen be¬ sonders Enns und Freistadt hervorragen. Die Mitwirkung der gesamten Bevölkerung der Stadt am Stiftungswerk war wie schon aus den Namen der einzelnen Benefizien ersichtlich ist, durch den Zusam¬ menschluß in einzelne Körperschaften gewährleistet, die als Zechen die Interessen des Handwerks, als Bruderschaft deren Streben nach religiöser Tätigkeit vertraten. Die Zechen, die als. Grundformen wirtschaftlichen Körperschaften, aus denen sich die Zünfte, Innungen und Gilden entwickelten, Standesorganisationen darstellten zur Wahrung wirtschaftlicher und sozialer Rechte ihrer Mitglieder übernahmen, besonders in den Städten auch die Aufgaben einer Bruderschaft, so daß beide Formen oftmals ineinan¬ der verflossen.!) Ein Standespatron wurde gewählt und diesem dann die einzelnen Stiftungen geweiht Gemeinsame Pflichten wie Gebete, Umgänge, Wallfahrten und Gottesdienste verstärkten das Gefühl der Gemeinschaft und ihrer Aufgabe, die so und Praunauers Kinder stifteten noch 552 fl dazu, 5 Häuser und einige Schleifen. 1495 wurde der Stiftsbrief ausgestellt und die Messerer=Zeche v. Praunauer zum Auf¬ eher bestellt. Garsten verzeichnete nichts von einer Zustiftung; 1520 stellte Abt Ulrich und der Konvent eine neue Vorschreibung über die 4 Messen auf. Auf eigene Kosten hatte das Kloster Güter und Zehent gekauft um die Stiftungsbestimmungen erfüllen zu können. Abt und Konvent werden also Zustifter. Ebenso Lorenz Gutbrot, der die Wohnung für den Beneficiaten erstellte und 1521 sein Haus in Steprdorf, worin der Draunauerische Kaplan und der der Messererzeche wohnten an die Messererzeche gab. Im selben Jahr verpflichtet sich diese, 2 weitere im Spital gestiftete Wochenmessen (Taufhuber und Kriechbaum) dem Draunauer Kaplan zu verleihen um 8 fl jährlich. 12) Stiftsbrief vom Sonntag Lätare 1496 (15. 5.). St. A. Fasc. Stiftungen. 13) Drev., S. 160: Stifter des Allerheiligenaltares mit Beneficien (gest. 1498). 14) St. A., K. XI, Fach. 51: Disitation von 1544 weist 4 Beneficien nach: Dorster Heimberger Elend¬ zeche Elendkaplan. Also Elendzechstiftung und Elendzechkaplanstiftung; es werden auch verschiedene Dotationen angeführt. 15) Georg Drandstetter (gest 1490). Der von ihm testierte Frauenaltar mit Messe, 1511 von der Witwe und den Kindern vollendet. Prev., S. 151. 16) Prev., St. 117: Die Stiftung auf dem Allerheiligenaltar von 1511 wurde 1515 konfirmiert. 17) Messestiftungen schon 1505 und 1505; vermutlich nur er¬ neuert. 18) Register von Garsten. Diöcesanarchiv, Hs. 5, Bl. 55.19) 1540 erneuerte der Bürgermeister Wolfgang Rumpel im Sinne seines Großvaters mit 1000 fl die Stiftung der Frühmesse in der Pfarrkirche da die Zeitereignisse den Auftrag von 1528 hatten unerledigt gelassen. Sie ist die letzte katholische Stiftung im bereits protestantisch denkenden Stepr. Eder I. Seite 60. 20) Disitation von 1544 (St. A. K. XI., Lade 51) besagt, daß die Messe vom Landesfürsten gestifet worden sei. 1494 im Spital von Hans Fuchsberger eine zweite Kapelle errichtet. 1519 bittet der Rat „von Stepr den Kaiser und den Bischof von Passau um einen eigenen Kaplan zur. Seelsorge im Spital. St. A., Stiftungen. 1) Dgl. Eder I, S. 262. 12

zutiefst das ganze Leben der Bürgerschaft beeinflußte, die vom Glauben an die Ver¬ dienstlichkeit der guten Werke geleitet war. Drevenhuber berichtet, daß Stepr mit 22 Zechen und Bruderschaften die Spitze vor allen anderen Städten des Landes hielt.!) Meister, Geselle und Junge gehört zu einer Zeche oder Bruderschaft, in die auch „Schwe¬ stern“ aufgenommen wurden. Aufnahmetaxe und Mitgliedsbeitrag bildeten das finan¬ zielle Rückgrat der Vereinigungen. Was sie auf ihrem Gebiet leisteten, war von kei¬ ner der folgenden Generationen zu überbieten. Das war auch gar nicht mehr möglich, da mäit dem Einbruch der lutherischen Lehre die geistige haltung der Katholiken zer¬ stört und durch die mehr fanatische als innig gläubige mehr praktische als idealistische Denkungsart der Protestanten ersetzt wurde. Was vor der Glaubensspaltung zur Ehre Gottes getan worden war, verdammte die neue Zeit als Götzendienerei. Keine Ma¬ rien= und Heiligenverehrung mehr obwohl besonders in ersterer einst die ganze innige Frömmigkeit der Gläubigen Hilfesuchenden und Bittenden zum Ausdruck gekommen war. Keine Umgänge und Prozessionen mehr und an Stelle der Feierlichkeit der hei¬ ligen Messe das schlichte Abendmahl. Die Folgen sind am deutlichsten im Verfall der Stiftungstätigkeit zu erblicken. Daß sie aber so rasch eingetreten sind war die Auswir¬ kung des Verdammungsurteils, das Luther über die guten Werke gefällt hatte an deren Stelle die brüderliche Nächstenliebe und der „gemeine Kasten“ treten sollte. Das machte aus der Gefühls= und Herzenssache eine Geldangelegenheit. Früher hatte daher ein Bürger, der eine Stiftung gelobte nicht mit den Mitteln geknausert, sie reprä¬ sentativ zu gestalten. Schnell wurde dem Protestanten der Wert des Geldes klar, als er es dem anourmen Vermittler, dem „gemeinen Kasten“ zur gemeinnützigen Verwen¬ dung übergeben sollte, und die Gaben flossen spärlicher. Den Armen und Kranken, 1) Prev., Seite 225/226: 1. St. Sebastiani der Burger Zech; 2, Unserelb. Frauen Bruderschaft. Aller Elenden Seelen=Zech; 5. St. Nicolas Bruderschaft Die Fluder= und Fletzer=Zech; 4. St. Francisci Bruderschaft; 5. Unser Frauen Ro sen¬ Krantz Bruderschaft; 6Der Kaufleute Bruderschaft; 7. Der Cramer, genanntdie 7=Schmerzen=Bruderschaft; 8. Der Messerer, Unser lb Frauen und St. BarbaraZech und Bruderschaft; 9. Der Messerer=Gesellen Unser lb. Frauen und St. Barbarch. Zech und Bruderschaft; 10. Unseres Hrn. Fronleichnamszeche der Klingenschmiede u. Schlei¬ fer; 11. Der Klingenschmied Gesellen Zech zu Ehren St. Barbara. fer; 12. Der Stein¬ metz Zech; 15. Der Huf= und Hammerschmiede Zech; 1a. Die Schlosserzeche; 15. Decken¬ jeche; 16. Fleischhackerzech; 17. Faßzieherzech; 18. Die Hl. Dreifaltigkeitsbruderschaft der Schneiderzech; 19. St. Annae Bruderschaft in der die Fürnembsten vom Rath und ihre Weiber einverleibt gewest; 20. St. Jakobs Bruderschaft, darinnen Schuster, Bin¬ der, Scherschmid Scharsager Haffner, Weber, Ahlschmid u. Dürstenbinder einverleibt gewest; 21. Der Lederer Zech; 22. Der Zimmerleut Zech. 2)An das Spital: 1490 stiftete der Lederer Peter Wiesing zur Kapelle im Spi¬ tal, 1404 Fuchsberger g Wochenmessen 1495 Stephan Praunauer, 1507 Thomas Selzam 2 Weingärten, 1508 Friedrich Kerschlager ein Legat, 1515 Kunz v. Nürnberg 2 Wein¬ gärten (St.=Arch.=Fasc.=Stiftungen). II. II. 1521 verschafften Gilg Lederer und seine Hausfrau 21 Wiener Pfennige in das Spital, 1555 fallen laut einem Revers v. Weper nach einem Testament das Bartlme Trodl die Gilten und Einnahmen von 2 Höfen den armen Leuten im Spital zu Sterr zu (Register d. Stiftes Garsten, Diöcesanarch., Hs. 5, Bl. 124). 7. 5. 1540 Hans Fuchsberger 100 Pfd. dem Spital. (St. A. Fasc. Testa¬ mente, P. 262.) An das Bruderhaus: Fuchsberger schenkt Güter u. Weingärten zu Roßdorf 1502. 1525, 1526, vermacht ihm testamentarisch ] Wiese zu Räming mit Haus und Stadel den Hof zu Sierningdorf in der Leiten mit Aeckern u. allem Zubehör, Aecker ein Häuschen und Stadel auf der Sterrleiten vor dem Gilgentor im Burgfried; Wein¬ gärten: 1 Joch zu Mödling, ½ Joch in der langen Lez zu Mödling, Weingarten im hinteren Dichl zu Grinzing, 1 großen Weingarten zu Mödling. 1502 1525 1526 hatte er schon dem Bruderhaus Güter u. Weingärten zu Roßdorf gestiftet. Drev. S. 97. (Das Testament im SCA. a. a. G.) 1511 erbaut Hans Lueger die Kapelle beim Bruderhaus, stiftet 154; vier Bauern u. den Zehent v. 6. Häusern (Hoheneck, Bd. III, S. 720), 1557 bestätigt Benedikt Aettl den Empfang einer Geldsumme für das Bruderhaus. Ein Siechenhaus entstand erst 1509 im Aichet. In den „gmeinen Kasten“ dessen Gedeihen Drev. mit Stolz erwähnt (S. 227), vermachte Heit Pfefferl sein Haus samt Zubehör, 1550 Hans Pitsch eine Jahresgild von 20 Pfd., 1566 Adam Hoffmann einen Zehent. Dgl. Eder I, S. 188f. 13

— denen das Geld zugute kommen sollte, erwies man eine Gnade, und Geschenke dieser Art fallen meist mager aus. Und wenn es auch heißt: „Was ihr getan habt einem unter daß diesen meinen geringsten Brüdern das habt ihr mir getan“ so ist es doch so, an¬ die Ehrfurcht und mit ihr das Geschenk ganz andere Ausmaße vor dem Herrn Zeit nimmt als vor seinem Diener. Ueberdies war für Arme und Kranke seit langer gesorgt. Das Steprer Bürgerspital bestand seit dem 15. Jahrhundert und wurde seitdem Ver¬ wie das Bruderhaus ständig miit Stiftungen bedacht.?) Nachdem nun die direkte ehrung Gottes durch ihm geweihte Kapellen, Altär., Bilder, Plastiken, Schnitzereien war Glocken, Glasfenster, Chorgestühle usw. als Götzendienst abgeschafft worden war auch die Stiftungstätigkeit auf diesem Gebiet zu Ende. Je unerträglicher die kirchlichen Zustände wurden, desto höher stieg die Be¬ geisterung für die Predigt. Sie war für den Glaubenseifer des Dolkes von ausschläg¬ gebender Bedeutung. Obwohl wir heute staunen, wieviel Literatur sich damals im Um¬ lauf befand und vom Bürger bis zum Bauern und auch dem Arbeiter, dem „gemeinen Mann“, gelesen wurde, so wurde doch im allgemeinen das Buch durch das Wort er¬ etzt. Don der Kanzel herab wurde nicht nur Gottes Wort verkündet, sondern auch Urteile, kaiserliche Mandate und Aufrufe. Von ihr herab strömten in der Zeit der ersten Verbreitung lutherischer Glaubenslehren die neuen Ideen in die herzen der Gläubigen und Gottes Wort wurde einprägsam gelehrt im Sinne der Reformation. Die Dredigt wurde vom Dolke gefordert und die Klagen über ihre „Zerrüttlichkeit“ wurden zum Schlagwort, das ihre Reinheit auf die Verkündigung des hl. Evangeliumes forderte. Es war eine Selbstverständlichkeit für die Bewohner der Stadt an Sonn¬ und Feiertagen die Dredigt zu hören und der Besuch der Kirche gehörte zum Tages¬ ablauf wie Arbeit Essen und Schlaf. Ein guter Drediger hatte dis Macht das Dolk zu beeinflussen und zu lenken; er war Lehrer und Erzieher und riß die Zuhörer in den Bann seines Wortes. Er konnte Leidenschaften entflammn, die, genährt durch Uebelstände in Welt und Klerus zu Haß gegen kirchliche und weltliche Obrigkeit wur¬ den, Aufruhr und Krieg auslösten, die dann im Zeichen des Gottesworts ausgetra¬ gen wurden. Stepr hat das nicht mitgemacht, aber die Kunde von den Schrecknissen des Bauernkrieges, des Reichsritter=Aufstandes ist voll von Greueln und blutiger Lei¬ denschaft. Die kluge Führung des diplomatischen Rates der Stadt hat mit Papier und Federkiel den Kampf mit den vorgesetzten Stellen ausg tragen und die Ruhe in der Stads aufrechterhalten. Die katholischen Drediger der vorreformatorischen Zeit waren uneins sie ver¬ richteten ihr Amt mihr schlecht als recht und mit wenig Enthusiasmus. Sie waren ihrer Aufgabe nicht gewachsen, da ihre Kenntnisse mangelhaft und ihr Interesse daran lau war. Sie mußten den Kampf gegen die lutherischen Drediger verlieren, noch be¬ vor sie sich seiner richtig bewußt geworden waren, denn diese kamen mit aller Kraft einer jungen Bewegung, begeistert und frisch von der Schule und dem Studium der hl. Schrift und der Glaubenslehre Luthers. Daß in Stepr auch vor der Glaubens¬ spaltung der Rat die Prediger für die Fastenzeit berief und nicht der Kirchenmeister, erleichterte in den Jahren der Wandlung zum Luthertum die Errichtung von Prä¬ dikantenposten an Stelle der Benefiziatenstellen die von Gesellpriestern verwaltet wa¬ ren, die auch das Predigeramt versahe.!) Sie und die Dominikaner haben sich an¬ scheinend schlecht bewäht sonst hätten nicht noch fremde Prediger berufen werden müssen und dies mit Zustimmung des Abtes von Garsten. Und gerade diese Drediger sollten es sein, die der Sache Luthers in Stepr den Weg bereittten. II. Von der Predigt für die Reform der katholischen Kirche zur Verkündung des reinen Evangeliums im Sinne Luthers. 1. Patrizius. Im Jahre 1520 baten Bürgermeister Richter und Rat von Stepr?) mit Zustim¬ mung ihres Pfarrherrn, des Abtes von Garsten, den Minister des Barfüßerordens Kaspar von Kremst) um einen Fastenprediger. Es entsprach dies vollkommen dem Brauch?) und wurde nur dadurch betonter als sonst, da der Magistrat die Sendung eines Priesters wegen der mangelhaften Predigten und der Uneinigkeit der Kanzel¬ 1) Die Predigt behandelte das Leben Jesu, die Messe, die Heiligen, die Mutter Gottes dogmatische und moralische Fragen; sie war in eine Sonn= und eine Feier¬ tagspredigt geteilt. 2) Religionsakten, Kast. XI, Lade 24, Nr. 1680. 14

rdner für besonders dringend hielt. Der Durst nach dem „reinen Wort Gottes ohne menschlichen Zusatz“ war groß. Der Rat gebrauchte in seiner Schrift das Schlagwort vom „reinen Wort Gottes“ das den Sterrein aus den von Deutschland kommenden Schriften bekannt war, nur als Phrase noch nicht als Forderung oder etwa Kampf¬ devise. So weit war es noch nicht; die Sterrer wollten nur einen guten katholischen Drediger. Die Bitte wurde auch wie bisher bewilligt und Pater Patrizius nach Sterr entsandt. Drei Sonntage predigte er mit Erfolg. Da berief ihn ein Brief seines Oberen von Stepr ab. Die Gemeinde war in heller Aufregung ob dieses noch nie dagewesenen, Dorkommnisses. B. R. R. sandten flehende Briefe nach Urems. Der Raisherr Rumpl durch seine vielen Stiftungen als guter Katholik bekannt, sandte einen Boten mit einem Brief nach Dupping, wo eben des Provinzialkapitel tagte. Die Schreiben betonen die „Zerrüttlichkeit der Dredigt“ und die Unentbehrlichkeit des Dredigers zur Verkündung und Unterweisung von Gottes Wort. Die Abberufung des liebgewor¬ denen Dredigers werde Unmut gegen den Orden hervorrufen. Wohlweislich wurde darauf hingewiesen daß die Sammlungen und Spenden darunter leiden könnten und die Pfarre dadurch geschädigt würde.?) Warum aber sollte Patrizius abberufen werden? Die Streitigkeiten unter den Steprer Dredigern dürften auf ihre Spaltung in eine Gruppe von etwas ver¬ lotterten Geistlichen und eine mit gutem Willen zur Besserung der Mißstände zu¬ rückzuführen sein. Die Haltung des einzelnen Predigers drückte sich auch in seiner Predigt aus und gelegentliche Seitenhiebe auf den Kollegen von der Gegenseite waren auf der Kanzel üblich. Patrizius nun dürfte, die Begeisterung der für Reforn¬¬ gedanken aufgeschlossenen Bürgerschaft beweist es, bei aller Treue gegen die katho¬ lische Kirche, scharf gegen die Mißbräuche aufgetreten sein und den Kreis der Ver¬ besserungen noch weiter gezogin haben als die Dominikaner in Stepr oder die Benedik¬ tiner von Garsten,?) wobei die Dominikaner sicher weniger für solche eingetreten sein dürften, da die Organisation des Sterrer Klosters in wirtschaftlicher und geistlichen Hinsicht viel weniger straff war als die der Garstner Mönche. Sie lebten von Almosen und waren auf die Wohltätigkeit der Bürger angewiesen, die sie auch eifrig anzuregen und zu genießen suchten. Die Entscheidung des Ordensobersten in der Sache des Patrizius fiel zu dessen Gunsten aus, er durfte während der ganzen Fastenzeit Dredig¬ ten halten. Im Jahre 1521 wurde nach dem Bericht Prevenhubers (S. 217) die Acht¬ erklärung gegen Luther angeschlagen, die auf dem Reichstag vom 8. 5. 1521 vom Kaiser erlassen worden war.*) Ob und wie die Sterrer darauf reagierten, berichtet der Chronist nicht. Als aufrechter Protestant hätte er es jedoch sicher nicht unterlassen, wäre etwas Nennenswertes dabei vorgefallen. Daraus ist ersichtlich, daß Stepr zwar für Reformen an Haupt und Gliedern eingenommen wer, angespornt durch lutherische Schriften, aber durchaus katholisch dachte und nicht lutherisch. 1a45 hatten die Steprer mit dem Bau einer neuen Pfarrkirche begonnen und waren damit im Jahre 1522 so weit gekommen, daß nurmehr der Turm und das Dach fertiggestellt werden mußtn. Da brach eine ungeheure Feuersbrunst aus und vernichtete den neuen Kirchenbau, den Pfarrhof und das Dredigerkloster, 2 Stadttore 2 Basteien 5 Stadttürme, einen Teil der Stadtwehren und bei 55 Häuser in der Stadt (Prev. S. 221) Die Bürger mußten sich sofort an die Arbeit machen und mit dem Wiederaufbau beginnen.“) 1) Kaspar von Krems, bekannt durch „Wissen und Tugend“, war seit 1519 minister generalis der Ordensprovinz. Herzog: Cosmographia Austriaco=Franciscana I 99, II 57 59. 2)Sitte, daß sich B. R.R. der Stadt Stepr an din Guardian der Franziskaner in Dupping oder zu St. Theobald in Wien um einen Fastenprediger wandten. Der Abt von Garsten gab die Dredigterlaubnis in der Pfarrkirche. Czerny: Die Anfänge der Reformation in Stepr, S5. 3) St. A. Kast. XI. Lade 24, Nr. 1680. 4Dgl. Czernya. a. O. 50Evers: Martin Luther, Bd. IV, S. 120, 125, 126; Wiedemann: Geschichte der Reformation I, S. 15. 6)Drev S. 221: Bauen war eine wohlfeile Angelegenheit: Taglohn eines Bau¬ meisters 28 Pf., des Poliers 26 Pf. des Steinmetzen 18 Pf. eines Steinbrechers 25 Pf., des Zimmermeisters 28 Pf., eines Zimmerknechts 20—22 Pf. Tausend Ziegel kosteten 20 Schillinge 1000 Schindeln 1 fl., 1000 Scharnägel 50 Krz., der Muth Kalk 1 fl., 1 Glasscheibe 5 Pf. 15

Die nun einsetzende rastlose Tätigkeit drängte das Interesse an den religiösen Zeit¬ fragen für einige Zeit zurück. Im Jahre 1525 verhaftete der Stadtrichter Colman Dorninger einen Barfüßer¬ mönch, der bei der Almosensammlung Diebstähle verübt hatte. Da sich der Guardian seines Ordens nicht für ihn einsetzte, wurde er durch den Strang hingerichtet. Dre¬ venhuber gibt dazu keinen Kommimtar, ob die Diebstähle so bedeutend waren, oder ob bei diesem harten Urteil auch die allgemeine Abneigung gegen verkommene Geistliche eine Rolle spielte. Im Jahre 1525 wurde auch in Sterr ein Mandat des Erzherzogs Ferdinand angeschlagen, das Druck und Lesen, Kauf und Verkauf derSchriften Luthers, Zwing¬ verbost. lis, Oekolampadius' und ihrer Gesinnungsgenossen strenge 19. V. 1524 ertönte der Ruf der niederösterreichischen Regierung nach Am einem allgemeinen Konzil zur Beilegung des Kirchenstreites.!) Partikularspnoden sollten das Dordringen der Revolution bremsen. Schon im Mai 1522 war ein Mandat der Bischöfe von Salzburg, Chiemsee, Freising und Passau voll bitterer Anklagen gegen den untertänigen Klerus erschienen. Im Juni 1524 vereinbarten Erzherzog Ferdinand und der Herzog von Bapern Maßnahmen zur Hebung des sittlichen Geistes und der Bildung des Klerus, in dessen Mängeln die Ursache der geringen Widerstandskraft gegen die Reformation zu erkennen sei. Die Regensburger Ordnung wurde am I. IX. 1524 in Wien und in den Erblanden von den Geistlichen selbst verkündet und öffentlich angeschlagen.?) Der Adel des Landes hatte schon 1521 die Konsequenz aus seinem Partei¬ ergreifen für den Reformgedanken gezogen. Landeshauptmann Jörger von Tollet sandte einen Sohn Christof an den sächsischen Hof, um Luther zu hören und seine Lehre und seine Pläne zu studieren. Ein Brief Luthers an Bartholomäus Starhemberg vom Jahre 1525 ist erhalten; Gmunden, Wels und Waizenkirchen sandten Bürgersöhne zum Stu¬ dium nach Wittenberg und zeigten offen ihr Interisse für Luther. Die Ennser verliehen 1524 dem beweibten Priester Kaspar Schilling ein Bene¬ fizium. In Linz beschuldigte der deutsche Schulmister Leonhard Freisleben die „so¬ genannten Geistlichen“ in einer Vorrede zu Bugenhagens Schrift über „Die Sünde wider den Geist“ auf das schwerste der Verkommenheit in geistlichen u. weltlichen Belangen.3) 2. Calixtus. In der Fastenzeit 1525 wird Sterr vom Provinzial der Barfüßer der Drediger Calixtus zur Verfügung gestellt.4) Wolf Rumpl stellte Quartier und Unterhalt zur Ver¬ fügung. Der Erfolg seiner Dredigten war durchschlagend und als am 2. Mai Dr Faber, geistlicher Rat und Beichtvater des Erzherzogs Ferdinand, zur Disitation nach Sterr kam, bestimmte ihn der Rat der Stadt, die Predigterlaubnis für Calixtus auf ein Jahr bei dessen Ordensoberen zu befürworten. Man beteuerte ihm, daß die Rechtgläubigkeit durch seine Dredigten gebessert und vertieft werde.*) Eine Abordnung begleitete Doktor Faber bis Enns und überzeugte ihn von der Notwendigkeit seiner sofortigen Hilfe¬ leistung. Ein Brief Dr. Fabers vom 5. V. an Erzherzog Ferdinand berichtet von der gefährlichen Tatsache daß „aufrührerisches Geschwätz“ die lutherische Sache, die auch in Stepr Wurzeln geschlagen habe nähre und diese „kräftig herausgeschlichen ange¬ fangen". Der Brief an den Provinzial des Ordens wiederholt diese Tatsachen und bittet um Dredigterlaubnis auf 1 Jahr zur Begegnung dieser Gefahr, denn „winn wir nur in den Erblanden unseres Fürsten recht viele, dem Calixtus ähnliche Männer besässen, dann dürften wir nicht mehr Streit Erbitterung, Spaltung und Todschläge für befürchten“. Calixtus erhielt die Erlaubnis und die Stadt übernahm die Sorge seinen Unterhalt. Garsten scheint mit Calixtus recht zufrieden gewesen zu sein, sonst hätte es diese Verlängerung der Predigterlaubnis sicher verhindert, jedenfalls hätte Dr. Faber nicht so schnell seine Hilfe zugesichert. Er war am 2. Mai in Garsten ein¬ getroffen und schrieb schon am 5. Mai in Enns die genannten Briefe.5) 1) Wiedemann: Reformation und Gegenreformation im Lande u. d. E., Bd. I, Seite 52. 2) Originalplakat im Archiv d. Unterr.=Minist. in Wien. Der Regensburger Be¬ bei Hartzheim: Concilia Germ. VI, S. 196—204. schluß 3) Czerny: Der 1. Bauernaufstand in Oberösterreich 1525 S. 51—74. Dgl. Klein 22/25; Raupach: Ev. Oest. II. p. 25; Pillwein: Einst und jetzt, S. 125. S. IV, Dgl. Raupach: Presbpt. S. 14; Pritz, Stepr, S. 194. 5)Alle Calixtus betreffenden Akten im StA. Nr. 1681, Kasten XI, Lade 24 6) StA. a. a. O. 16

Erster Bauernkrieg. Mit dem 1. Vl. 1525 begann der 1. obderennsische Bauernaufstand, der die Auf¬ lehnung gegen die kirchliche Obrigkeit mit agrarischen Zielen verband und das Schlag¬ wort „für ein reines Evangelium“ zu seiner Devise machte.!) Da die von der Bauern¬ schaft aufgestellten Artikel nicht gegen die Städte, sondern nur gegen den Adel und den Alerus gerichtet waren, fühlte sich Stepr nicht verpflichtet, gegen die Bauern etwas zu unternehmen, obwohl es von der Landschaft dazu aufgefordert worden war, gleichzeitig mit den anderen sechs Städten des Landes.Drevenhuber berichtet dazu?): „Weilen die damfahl geleuffigen Zwistigkeiten nicht eineganze Landschaft betreffen sondern nur die Prälaten, den Adel und ihre Untertanen wolle sich mit nichten gebühren, in einige Hülfe einzulassen oder Dolck zu schicken, inguter Zuversicht daß auf Ihrer Fürstlichen Durchlaucht Räthe und geordneter Commisärien sowohl, als gemeine Landschaft aus¬ gegangene Generalien in der Bauernschaft Beschwehrung also würde gehandelt werden, daß es keines Feldzugs bedürffe. Wo esaber dazu sollte kommen, daß Ihro Durchl. Cammergut, Flecken oder einer gemeinenLandschafft unvermuthet Schaden und ein¬ griff geschehe, auf solchen Fall wären sie von Steprer und eins erbare Gemein sich als getreue Unterthanen mit ihrem Leib und Gut gehorsamlich zu halten willig und er¬ bietig.“ Das war die Antwort die die fürstlichen=Commissarien zu Linz, Herr Siegmund Jagenreutter, Anwalt der Landeshauptmannschaft Georg Sighardter Dicedom, und Erasmus Dankircher, Pfleger zu Enns, durch die Gesandten Sterrs erhielten. Erst als Wels in Gefahr war, von den Bauern überrannt zu werden und die Stände ihrerseits nun erklärten, abziehen zu wollen, sandten die Städte Entsatz, darunter auch Stepr „etlich und dreißig Mann geworbenen Dolcks“.s) Angefeuert durch das Revolutionieren der Bauern, kam es Montag vor Sankt Margarethen in Stepr zu einem Aufruhr unter der Bürgerschaft. Sie versammelte sich in der Pfarrkirche und forderte vom Rat der Stadt: 1.) Bei Anschlagung der Steuer sollen aus jedem Städtviertelt) 2 oder 5 Hausgesessene dem Rat beigestellt werden. 2.) Stadtfreiheiten, die dem Handel der Bürger dienlich wären sollen auf Begehren und nach Kaiser Max I. Bescheid verlesen und erläutert werden. Der Rat bewilligte beide Dunkte, unterließ jedoch später ihre Durchführung. Zur selben Zeit betrat der erste lutherische Prediger, aus Wittenberg kommend, den Boden des Landes und wurde als Schloßprediger der Familie Jörger von Tollet empfangen.5 Stepn In predigte Calixtus und seine begeisterte Anhängerschar füllte täglich die Kirche.*) Es ist uns keine Dredigt schriftlich erhalten, doch ist aus den Annalen und Akten zu entnehmen, daß er vor allem immer wieder die tätige Nächstenliebe pries Prev. S. 221: „Gründliche und rechte Hauptarticul aller= Bauernschafft und Hintersassen der geist= und weltlichen Obrigkeiten, von welchen sie sich beschwehrt ver¬ 7 meinen ...“ Inhalt: 1.) Die Bauernschaft begehrt das Recht für jede Gemeinde einen Pfarrer, der das hl. Evangelium lauter und klar und ohne menschlichen Zusatz ver¬ kündte, ein= und abschen zu dürfen. 2.) Für seinen Unterhalt sorgt die Gemeinde mit so viel vom Bauernzehent, als er braucht; was bleibt bekommen die Armen oder wird für die Landesnot zur Verhinderung von neuen Steuern aufgewindet. Den kleinen Zehent wollen sie nicht mehr geben denn Gott habe das Dieh frei geschaffen für den Menschen, der Zehent sei nur von Menschen erdacht. 5.) Aufhebung der Leibeigenschaft, weil Christus durch sein Leiden alle Menschen erlöste und befreite. 4.) Freie Verfügung über Wild und Fische. 5.) holz und Wald soll, soweit es nicht von der Obrigkeit gekauft worden ist, Gemeinbesitz sein. 6.) Dienst und Herrenforderung sei beim alten Ausmaß bleiben zu lassen. 7.) Bezahlung der Robott. 8) Billige Schätzung für den jährlichen Gültenertrag. 9.) Strafen nicht zu erhöhen. 10.) Gemeindegut nicht zu schmälern. II.)Den Todfall abzuschaffen; die Hinterlassenschaften den Witwen und Woisen zu lassen. 12.) Sollte ein Artikel gegen das Wort Gottes verstoßen, wollen sie denselben gerne fallen lassen. 2)Prev. S. 225. 3)Prev. S. 225. 4)Seit 1525 gab es 4 Diertel mit je einem Viertelmeister an der Spitze. 5) Empfehlungsschreiben Luthers an Christoph Jörger v. Tollet. Wittenberg, 3. VI. 1525, in De Wette: Martin Luthers Briefe 5 Bd. II, S. 676. 6)Supplication an die Stände, Aug. 1525: Die Kirche ist gefüllt, wenn Calixtus mit sonderlicher Gnade und Einsprechung des hl. Geistes das wahre, helle, klare und lautere Wort Gottes verkündet. 2 17

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