Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Dezember 1949

Rat über die schlechte Musik in Schule und Kirche1), die gemeiner Stadt zum Spotte gereiche-). Das große Interesse der Bürgerschaft für die Kirchenmusik beweist die Tatsache, daß Stiftungen aus dem 14. und 15. Jahrhundert auch für den Lebensunterhalt des Organisten an der Stadtpfarrkirche sorgten. Als im März 1522 die Orgel dieses Gotteshauses dem großen Brande zum Opfer fiel3), legierte achtzehn Jahre später der Bürger Hans Fuchsberger 40 Pfund zum Bau einer neuen4). Gegen Ende des 16. Jahrhunderts lesen wir in den Ratsprotokollen von Orgel-Reparaturen, in den Jahren 1613 bis 1616 von der Aufstellung einer neuen Orgel in der Klosterkirche. Als „Orgelmacher" nennen die Quellen den Bürger Georg Hockher (um 1590), Dietrich Wagner und Ulrich Schreier, der 1614 auch mit dem Vau eines Orgelwerkes in der Frauenkirche zu Freistadt beauftragt wurdest. Den Organistendienst versahen durch mehrere Jahrzehnte Wolfgang Khu- merst und Johann Kirchbergerst. Ein Organist von überragender Bedeutung war der aus Horn in Niederösterreich stammende Paul P e u r l, der als Urheber der „Deutschen Variationen-Suite" gilt und zu den größten deutschen Komponisten des 17. Jahrhunderts zählt. Im Herbst des Jahres 1609 hielt Peurl, von Zeitgenossen als Künstler auf der Orgel gerühmt, seinen Einzug in Steyr, wo er an der evangelischen Schulkirche den Organistendienst übernahm. Groß ist die Zahl seiner in der Eisenstadt geschaffenen, zum Teil veröffentlichten Blusikwerke. Besonders erwähnt seien die Kompositionen „Newe Paduan, Jntrada, Däntz und Galliarde" für Streichinstrumente, „Weltspiegel, Neue teutsche Gesänge" und die „Teutschen Lieder"3). Peurl hatte auch die Aussetzung der Schulkirchen-Orgel zu überwachen, wofür ihm 1613 aus der Eisengesellschaftskasse 20 Gulden gegeben wurden. Sein Anteil am Zustandekommen dieses Werkes dürfte nicht unbedeutend gewesen sein. Als er 1625 von Steyr wegzog, muhte er sich zur „Hinterlassung des Orgelwerkes" oerpflichtenst. Den Chorgesang leitete der Kantor. Die Sänger, Astanten oder Dis- kantisten genannt, waren gewöhnlich arme Schüler, die im Mittelalter singend und bettelnd ihr Leben fortbringen mußten. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts gestattete ihnen der Rat beim „Herumbsingen" den Besuch der Ratspersonen sowie der anderen reichen Bürgersleute und bewilligte für sie Kost und Bekleidung4"). Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts wirkte als Kantor an der Klosterkirche Wilhelm Klausner11). Diese Stelle erhielt 1608, nach Wiedereröffnung der Lateinschule, Georg Taub e nro c kh aus Eferding13). Während seines Aufenthaltes in Steyr war er einige Male in Streithändel verwickelt. Im Juni 1613 hatte Taubenrockh, da er mit seinen Astanten nicht rechtzeitig zur Vesper erschien, eine heftige Auseinandersetzung mit dem Stadtprediger Johann Jsingius, im August stieß er, durch das freche Benehmen eines Studenten völlig außer Fassung gebracht, die Frau des Konrektors Tydaeus fast zu Boden! und einige Jahre später entzweite er sich mit dem Rektor Egydius Weixelberger und mit dem Konrektor Paul Collinus13). Für den Lebensunterhalt der Kantoren kam die Stadt auf. Eine Nebeneinnahme bildeten die Gaben der Bürger, die Lurch das Singen „mit dem Stern" am Feste der heiligen drei Könige eingingen. An diesem Tage zog der Kantor mit seinen Astanten durch die Straßen der Stadt, wobei religiöse Lieder gesungen wurden. Dieser uralte Brauch, der ein Vorrecht der Kantoren gewesen sein dürfte, wird in den Ratsprotokollen 1576 erstmalig erwähnt14). Die von einigen Organisten oder Kantoren komponierten Musikwerke wußte die Stadtobrigkeit wohl zu würdigen, indem sie dedizierte Kompositionen jedesmal mit einer „Verehrung" belohnte. Im Jahre 1580 erhielt Wilhelm Klausner für einen Passionsgesang 20 Taler, Fr. Sebastian Ertelius 4

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