des Innerberger Kornspeichers wiedererstandene Steyrer Kripperltheater das Aushängeschild entwarf (Zeichnung 7). Mit feinem Sinn ist hier jene Stimmung vorverkündet, die von dieser, von allen Kindern Steyrs so geliebten Kleinbühne ausgeht. Märchenhafte Anmut und urgroßväterliche Lebensform verbinden sich zu einem Gebilde von hohem Reiz, das sich nur einem in Technik und Formengut Erfahrenen als nachempfundenes Werk ausweist — was übrigens auch von den zu gleicher Zeit entstandenen Wasserspeiern an der Renaissancefassade des Speichers gilt, die -kongeniale Schöpfungen des Steyrer Stahlschnittmeisters Michael Blümelhuber sind. So möge denn als Märchen verklingen, was als Schönheit begann. Enger könnte der gezogene Kreis der Betrachtung nicht sein und auch nichl bescheidener, was ihn ausfüllt. Und dennoch spiegeln diese wenigen artgleichen Erscheinungen eine Welt wider. Was Jahrhundert um Jahrhundert über das Schöne gedacht, wie es das Schöne empfunden, spricht aus diesen Kleinkunstwerken so gut wie aus den Schöpfungen, die aller Welt bekannt sind. Was ihnen an Größe des Entwurfes, an Verschränkung des Gefüges, an Wirksamkeit der Kunstmittel mangelt, das ersetzen sie durch eigenartig anheimelnden Reiz, der allen Dingen eignet, die uns ein Leben lang umgeben. Sie gehören sozusagen zu uns. Und darum sollen sie uns nahe sein und nahe bleiben! Türgewände Aus dem unveröffentlichten Werke: „Baugeschichte von Steyr, Kapitel Architektur", von Oberbaurat Dipl.-Jng. Friedrich Berndt. „Türgewände" ist die Fachbezeichnung für Türumrahmungen aus Stein, an welchen auch die Türangeln befestigt wurden. Haus- und Wohnungstürgewände wurden in früheren Jahrhunderten oft schön geziert und bilden bei einfachen Häusern sehr oft den einzigen Anhaltspunkt, um die Zeit der Erbauung des Hauses zu bestimmen. Diese Anhaltspunkte sind verläßlicher als die der Fassaden, welche im Laufe der Zeit oft geändert wurden. Meist finden wir in einem Hause nur ein oder zwei Türrahmen geschmückt, die anderen einfach geformt. Sollten die geschmückten Türrahmen die Wohnung des Hausherrn bezeichnet haben? Jede Stilzeit hatte ihre eigenen Schmuckformen, was durch Vergleichen der drei Tafeln leicht zu erkennen ist. Außerdem war es aber auch nichl gleichgültig, ob der Steinmetz das Gewände für ein kirchliches oder ein profanes Gebäude arbeitete. Gotische Türgewände. (Tafel I.) Fig. 1 zeigt uns ein Gewände im Vorstadtpfarrhaus. Es ist im Jahre 1305 gearbeitet worden. Aus den gedrehten Säulenstützen wachsen die Stäbe, welche oben durch einen krummen Stab gekreuzt werden. Da das Vorstadi- pfarrhaus vor der Errichtung der Pfarre St. Michael im Jahre 1785 die von Königin Elisabeth zum Bürgerspital im Jahre 1305 erbaute Kirche war, ist zu vermuten, daß das Gewände zur Sakristeitllre gehörte. Fig. 2 ist ein Gewände einfachster Art aus der hochgotischen Zeit, wie dies der Spitzbogenabschluß zeigt. Er befindet sich im Gasthaus „Zum goldenen Ochsen" am Stadtplatz. Fig. 3. In der Spätgotik ist der Spitzbogen bei den Türen fast nichl 28
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