Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Dezember 1949

Josef Drausinger, Steyr STEYRER COirfshausscfälder Ein Wirtshausschild wäre kaum der Beachtung wert, wenn es nicht Anteil hätte an der Geschichte jener Entwicklung der Menschheit, die wir als wesentliche, weil instinkthaft sichere Entfaltung der eigentlichen Sendung des Menschen, werten. Freilich, in unseren bewegten Zeiten ereignen sich so viele aufregende Dinge, daß es verwunderlich erscheinen mag, von so unbedeutenden Kleinigkeiten zu sprechen, die mit den großen Fragen nicht das mindeste zu tun haben, welche gegenwärtig die Welt bewegen und in ihren Grundfesten erschüttern. Aber gerade diese endlosen, kräfteverzehrenden Kämpfe lenken den Sinn wieder zu den echten Werten des Lebens, zu den einfachen Pflichten des Tages, zu den ewigen Segnungen der Landschaft, und aus dieser Stimmung heraus, die so viele umfängt, wird begreiflich, daß das Wort „Heimat" den alten, guten Klang wieder erhalten hat und die so oft verkannten Leistungen und Anschauungen unserer Vorfahren sich unserer Anteilnahme mehr und mehr erschließen. Blicken wir hinauf zu den treuherzigen Schildern, die über den Toren der vielen Schenken unserer Stadt schweben! Diese Schilder würden sich vergeblich bemühen, mit den modernen Lichtreklamen der Weltstädte in Wettstreit zu treten. Man sieht es ihnen auf den ersten Blick an, daß sie zu anderen Geschlechtern zu sprechen hatten, zu Menschen, deren unverdorbener Blick noch nicht an dem Uebermaß von Anpreisungen stumpf geworden war und denen darum nicht mit sinnbetörenden Mitteln beigekommen werden mußte. Die Schilder unserer altbürgerlichen Wirtshäuser in den traulichen Gassen unserer Stadt wenden sich vielmehr an das Behagen und die gute Laune ihrer Besucher; sie entnehmen ihre Werbemittel einer geradezu bezaubernden, fast kindlichen Vorstellungswelt. Diese anheimelnde Art aber, den Vorbeieilenden mit größter Einfalt anzusprechen, ihn durch alte, Jahrhunderte unverändert gebliebene Zeichen des Hauses auf dessen Vorzüge selbst aufmerksam zu machen, auf seine warmen, gewölbten, getäfelten Stuben, auf die gemütlichen tiefen Mauernischen, inbesonders aber auf den guten Tropfen, läßt auch in verwöhnten Großstädtern eine Saite anklingen, die sie unvermutet mit unseren Altvorderen in eine trauliche Beziehung rückt und seinen guten Anteil daran hat, daß Hätschelhans auf dem Lande sich recht wohl fühlt. Als man die schmiedeeisernen Wirtshausschilder und Hauszeichen ersann und aushing, waren viele jener Stadtbewohner, die nach emsiger Tagesmühe bedächtig ihren Abendschoppen am Stammtisch tranken und mit ihren Nachbarn und Freunden ebenso tiefe und ebenso belanglose Gespräche führten wie die Menschen von heute, des Lesens und Schreibens nur selten kundig. Das wird ihrer guten Laune nicht viel geschadet haben. So hing man denn statt langatmiger Titel ein sinnfälliges Zeichen über das mächtige Tor, und eben diese frühe Zeit des Ursprungs dieser Schilder klärt den seltsamen Zusammenhang mit den köstlichen Namen aus Sage und Geschichte, Tier- und Pflanzenwelt. Die immer wieder vorkommenden Bezeichnungen: Löwe, Bär, Adler, sind Sinnbilder der Stärke und der Tapferkeit, die damals in den Wappen 19

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