Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Dezember 1949

Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr DEZEMBER 1949 Josef Ofner Aus dem Kulturleben der Stadt Steyr vor dem Dreißigjährigen Krieg Friedrich Berndt Die bürgerlichen Häuser der Gotik, der Renaissance und des Darocks in Steyr Josef Drausinger Steyrer Wirtshausschilder Friedrich Berndt Türgewände

Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr DEZEMBER 1949 Abs dem Kulturleben der Stadt Steyr vor dem Dreißigjährigen Krieg Friedrich Berndt Die bürgerlichen Häuser der Gotik, der Renaissance und des Barorks in Steyr Steyrer Wirtshausschilder Friedrich Berndt Türgewände

Alle Rechte Vorbehalten Nachdruck nur mit Genehmigung des Kulturamtes der Stadt Steyr Eigentümer, Herausgeber und Verlag: Magistrat Steyr, Kulturamt Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Erlefried Krobath Druck: Vereinsdruckerei Steyr

Ältestes JÖIgemälbe bon^Stehr aus dem Jahre 1688 <im^Heimathause).'s , Aus DemKulturleben Der Stadt stepr vor Dem Elreiliigjäljrigett flrieg Von Josef Ofner. Schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigte sich in der Eisenstadt, bedingt durch Kriegsgeschehnisse, mehrere Hochwasserkatastrophen und Infektionskrankheiten, eine allmähliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts brachten auch keine Besserung, ja die religiösen und politischen Ereignisse führten nach 1624 zu einem völligen Zusammenbruch der Stadtwirtschaft. Trotzdem finden wir in diesen widerwärtigen Zeiten, besonders harte Jahre ausgenommen, ein von der Reformation und den.innigen Handelsbeziehungen zu Venedig beeinflußtes reges kulturelles Leben. Lateinische Schulmeister brachten zahlreiche Komödien zur Aufführung, Handwerker pflegten eifrig den Meistergesang und wirkungsvolle Renaissancebauten mit prächtigem Sgraffitoschmuck wurden aufgeführt. Nicht unbedeutend aber war auch der Anteil Steyrs an den übrigen Künsten in den hundert Jahren vor dem Prager Fenstersturz. Einer liebevollen Pflege erfreute sich die Musik. Zahlreiche Hinweise in den Archivalien bezeugen, daß zu allen Zeiten die Stadtbewohner großen Wert auf gute kirchliche und weltliche Musikdarbietungen legten. 1578 beklagte sich der

Rat über die schlechte Musik in Schule und Kirche1), die gemeiner Stadt zum Spotte gereiche-). Das große Interesse der Bürgerschaft für die Kirchenmusik beweist die Tatsache, daß Stiftungen aus dem 14. und 15. Jahrhundert auch für den Lebensunterhalt des Organisten an der Stadtpfarrkirche sorgten. Als im März 1522 die Orgel dieses Gotteshauses dem großen Brande zum Opfer fiel3), legierte achtzehn Jahre später der Bürger Hans Fuchsberger 40 Pfund zum Bau einer neuen4). Gegen Ende des 16. Jahrhunderts lesen wir in den Ratsprotokollen von Orgel-Reparaturen, in den Jahren 1613 bis 1616 von der Aufstellung einer neuen Orgel in der Klosterkirche. Als „Orgelmacher" nennen die Quellen den Bürger Georg Hockher (um 1590), Dietrich Wagner und Ulrich Schreier, der 1614 auch mit dem Vau eines Orgelwerkes in der Frauenkirche zu Freistadt beauftragt wurdest. Den Organistendienst versahen durch mehrere Jahrzehnte Wolfgang Khu- merst und Johann Kirchbergerst. Ein Organist von überragender Bedeutung war der aus Horn in Niederösterreich stammende Paul P e u r l, der als Urheber der „Deutschen Variationen-Suite" gilt und zu den größten deutschen Komponisten des 17. Jahrhunderts zählt. Im Herbst des Jahres 1609 hielt Peurl, von Zeitgenossen als Künstler auf der Orgel gerühmt, seinen Einzug in Steyr, wo er an der evangelischen Schulkirche den Organistendienst übernahm. Groß ist die Zahl seiner in der Eisenstadt geschaffenen, zum Teil veröffentlichten Blusikwerke. Besonders erwähnt seien die Kompositionen „Newe Paduan, Jntrada, Däntz und Galliarde" für Streichinstrumente, „Weltspiegel, Neue teutsche Gesänge" und die „Teutschen Lieder"3). Peurl hatte auch die Aussetzung der Schulkirchen-Orgel zu überwachen, wofür ihm 1613 aus der Eisengesellschaftskasse 20 Gulden gegeben wurden. Sein Anteil am Zustandekommen dieses Werkes dürfte nicht unbedeutend gewesen sein. Als er 1625 von Steyr wegzog, muhte er sich zur „Hinterlassung des Orgelwerkes" oerpflichtenst. Den Chorgesang leitete der Kantor. Die Sänger, Astanten oder Dis- kantisten genannt, waren gewöhnlich arme Schüler, die im Mittelalter singend und bettelnd ihr Leben fortbringen mußten. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts gestattete ihnen der Rat beim „Herumbsingen" den Besuch der Ratspersonen sowie der anderen reichen Bürgersleute und bewilligte für sie Kost und Bekleidung4"). Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts wirkte als Kantor an der Klosterkirche Wilhelm Klausner11). Diese Stelle erhielt 1608, nach Wiedereröffnung der Lateinschule, Georg Taub e nro c kh aus Eferding13). Während seines Aufenthaltes in Steyr war er einige Male in Streithändel verwickelt. Im Juni 1613 hatte Taubenrockh, da er mit seinen Astanten nicht rechtzeitig zur Vesper erschien, eine heftige Auseinandersetzung mit dem Stadtprediger Johann Jsingius, im August stieß er, durch das freche Benehmen eines Studenten völlig außer Fassung gebracht, die Frau des Konrektors Tydaeus fast zu Boden! und einige Jahre später entzweite er sich mit dem Rektor Egydius Weixelberger und mit dem Konrektor Paul Collinus13). Für den Lebensunterhalt der Kantoren kam die Stadt auf. Eine Nebeneinnahme bildeten die Gaben der Bürger, die Lurch das Singen „mit dem Stern" am Feste der heiligen drei Könige eingingen. An diesem Tage zog der Kantor mit seinen Astanten durch die Straßen der Stadt, wobei religiöse Lieder gesungen wurden. Dieser uralte Brauch, der ein Vorrecht der Kantoren gewesen sein dürfte, wird in den Ratsprotokollen 1576 erstmalig erwähnt14). Die von einigen Organisten oder Kantoren komponierten Musikwerke wußte die Stadtobrigkeit wohl zu würdigen, indem sie dedizierte Kompositionen jedesmal mit einer „Verehrung" belohnte. Im Jahre 1580 erhielt Wilhelm Klausner für einen Passionsgesang 20 Taler, Fr. Sebastian Ertelius 4

1611 für „etliche Gsäng" 12 und 1615 für eine „composition" 5 Taler. Dem Schuldirektor zu St. Peter, Balthafar Langing, bewilligte der Rat 1613 für zwei Weihnachtsgesänge, die jedoch zuvor vom Kantor „überfragen" werden mußten, 2 bis 3 Taler, dem Organisten Peurl für gedruckte Kompositionen 10 und 1619 einem gewissen Thusius für zwei Gesänge einen Taler42). Als besondere Pflegestätte der Musik scheint Steyr auch in den Nachbarländern bekannt gewesen zu sein, — vielleicht hat dazu Peurls Schaffen beigetragen, — da sich im Jahre 1606 sogar die beiden Söhne des berühmten Tondichters Orlando di Lasso, Ferdinand und Rudolf, in unserer Stadt einfinden und dem Rate Motetten ihres Vaters, der bekanntlich bei zwölfhundert komponierte, offerieren. „Dieweil des Herrn Orlands de laßo Mu- deten vor diesem in gueter Anzahl vorhanden", werden die „beeden Herrn Orländ" abgewiesen, man gewährte ihnen aber für ihre „gute Afsection" zwei Talers. Die Musik bei allen offiziellen Anlässen der Stadt hatte eine kleine privilegierte Musikkapelle zu stellen. Ihre Entstehung geht wahrscheinlich zurück auf die im 15. Jahrhundert gebildeten Stadtpfeifereien4'). In Steyr und auch in anderen Stäöten18) oblag die Führung dieses Musikerverbandes dem Stadtturnermeister. Die ihm unterstellten Musikanten, im 16. Jahrhundert waren es meist vier, wurden wie im Handwerk als Gesellen bezeichnet^). Neben seinen musikalischen Aufgaben hatte der Turnermeister auch die Wache auf dem Turm der Stadtpfarrkirche zu versehen, wo er von seiner Klause aus das gesamte Stadtgebiet leicht überblicken konnte. Die Bezeichnung „Turner" wird deshalb von dieser Beschäftigung auf dem „Turn", die auch das Choralblasen zu bestimmten Tageszeiten umfaßte, abgeleitet2"). Das Turmgebäude war zu Beginn des 17. Jahrhunderts nicht im besten Zustand. Um 1610 waren Stiege und Klause reparaturbedürftig, 1615 verlangte der Turnermeister Schmidtperger die Behebung von Baugebrechen24). Die Besoldung des Stadtmusikus erfolgte aus den Mauteinnahmen der Stadt. Sie betrug 1577 wöchentlich 3 Taler, das jährliche Holz- und Lichtgeld machte 12 Taler aus22). Wie die Rat- und Gerichtsdiener bekamen auch die Turner alle Jahre einen neuen Anzug. Ende November oder anfangs Dezember ersuchten sie den Rat um die Bekleidung für das kommende Jahr. Man gab ihnen entweder „gemeines Lindisch Tuch" von grüner Farbe oder eine entsprechende Geldsumme, die sich um 1580 und in den folgenden Jahren für fünf Personen auf 70 Gulden belief. Um „gemeiner Stadt Schimpf" zu vermelden, versäumte der Rat auch nicht, den Turnern gelegentlich die Reinhaltung ihrer Uniform einzuschärfen22). Ab und zu verbesserte die Stadtgemeinde das Einkommen der Musizi durch besondere Geld- oder Naturalienspenden. Im Jahre 1575 z. B. bewilligte der Rat für das „Trumeln" bei der Musterung 6 Taler, 1593 dem Turnermeister zur Erhöhung seiner Besoldung 12 Metzen Horn24). Wie die Kantoren am Dreikönigsfest, die deutschen Schulmeister am Gregoritag (12. März), die Lehrer der Lateinschule zu Martini (11. November), so musszierten auch die Turner um milde Gaben zu Weihnachten vor den Häusern der Bürger22). Die instrumentale Ausstattung der Stadtmusik war im 16. Jahrhundert noch recht bescheiden. Man unterschied stille und laute Instrumente. Zu diesen zählten Trommeln und Trompeten, zu jenen Geigen und Zwergpfeifen. Obwohl in den Archivalien erst viel später erwähnt, so ist anzunehmen, daß man um diese Zeit neben den Posaunen auch die Zinken, Holzblasinstrumente mit Grifflöchern und rundem Mundstück, verwendete22). Leider ist die vom Rate dem Turnermeister erteilte „Instruktion" aus dem Jahre 1589 nicht mehr vorhanden2'). Nur vereinzelte Notizen! geben uns Aufschluß über seinen Aufgabenbereich. Außer der oben genannten Wache 5

und dem Choralblasen auf dem Turm, hatten die Turner mitzuwirken am Kirchenchor und bei allen Stadtfestlichkeiten. So beim Empfang des Landesfürsten, bei der Eröffnung des Jahrmarktes, bei Schulfeiern"") und ähnlichen Anlässen. Trommler und Pfeifer mußten „allzeit unweigerlich" zur Stelle fein, denn sie wurden benötigt auf den Fechtschulen, wenn Musterungen stattfanden oder wenn es galt, wichtige Anordnungen des Landesfürsten oder des Stadtrates der Bürgerschaft zu verkünden""). Der Stadtmusikus befaß das Privilegium der alleinigen Ausübung der öffentlichen Instrumentalmusik innerhalb des Burgfrieds. Auch das Aufspielen bei Versprechen und Hochzeiten kam nur ihm und seinen Gesellen zu. Beschwerden beim Stadtrichter über fremde Musikanten oder Schulmeister, die sich um dieses Vorrecht des Turnermeisters wenig kümmerten, find nicht selten. Die Stadtobrigkeit, die jederzeit dieses Recht schützte, unterließ es aber nicht, den Kapellmeister an feine Pflichten zu erinnern. Sie trug ihm auf, keine „Blaszeit" zu versäumen und alles zu tun, daß die Musik „Gemainer Statt Zue ehr vnnd Jme alls zu Aignem Lob" gereiche""). Die Tanzmusik bei Hochzeiten bildete eine besondere Einnahmsquelle der stadtmufiker. Sie waren vom Rate aus berechtigt, hiefür eine entsprechende Bezahlung von den Veranstaltern zu fordern. Im November 1593 oerordnete die Stadtbehörde die Vornahme der Trauungen zur Abendzeit. Bei Frühhochzeiten sitze man zu lange bei Tisch, was Mißbrauch und Verschwendung zur Folge haben könnte"'). Der Saal im Rathaus diente zur damaligen Zeit nicht allein den Schul- ineiftern und Meistersingern für ihre theatralischen und musikalischen Veranstaltungen, er wurde auch den Stadtbewohnern für den Hochzeitstanz zur Verfügung gestellt. Da die Mauern sehr feucht waren und daher die kostbaren Ueberkleider der Bllrgersfrauen litten, ließ der Rat im Jahre 1583 die Wände mit grünen Tüchern verhängen""). Es sei in diesem Zusammenhänge auch erwähnt, daß in den folgenden Jahren der Fußboden der Ratsstube neu gelegt und 1585 aus Sicherheitsgründen dem Bürgermeister, dem Stadtkämmerer und dem Waagmeister ein Rathausschlüssel ausgefolgt wurde""). Im Jahre 1582 faßte der Rat den Beschluß, „gemeinen" Bürgersleuten den Tanz auf dem Rathaus einzustellen. Man fürchtete, daß das in „beiden Stuben" verwahrte Geld aus Steuern und anderen Gefällen entwendet werden könnte. Der eigentliche Grund für diese Maßnahme war aber jedenfalls der damals noch herrschende große soziale Unterschied zwischen den reichen Ratsbürgern und den weniger bemittelten Handwerkern. Man stellte ihnen ja nicht nur den Tanz auf dem Rathaus ein, sondern ließ auch nicht zu, daß die Stadtmusik bei ihren Hochzeiten aufspielte""). Erst 1590 wurde dem Turnermeister die Bewilligung erteilt, bei Eheschließungen „vermüglicher" Handwerksleute zu geigen, laute Instrumente waren auch weiterhin noch strenge untersagt""). Nach Schmidel wurden beim Hochzeitstanz auf dem Rathaus auch die mit dem Stadtwappen geschmückten, heute im Steyrer Heimathaus befindlichen sechs Zinnhumpen zum Ehrentrunk verwendet""). Manchmal spielten die Steyrer Stadtmusikanten mit Erlaubnis des Rates auch auswärts, vorausgesetzt jedoch, daß die „fleißige Anordnung der Wacht auf dem Turm" getroffen wurde. Meist waren es vornehme Personen, die sich zu ihren Hochzeiten die Turner kommen ließen. Sie musizierten z. B. 1574 in Enns und Seitenstetten, 1578 in Lambach und 1586 in Steinach in der Steiermark"'). Wenn es die Stadtobrigkeit für notwendig erachtete, wurde die musikalische Betätigung, zum Leidwesen der Turner, eingeschränkt. Wegen der Türkenkriege stellte man im Jahre 1593 „Tänz und Freudenspiel auf Hochzeiten" gänzlich ein. 1595 nahm das Geigen, Pfeifen und Tanzen, auch auf offenen Plätzen, so überhand, daß der Stadtrichter den Auftrag erhielt, mit „ernstlichen Strafen" vorzugehen. Zu Anfang des Jahres 1599, als die pro6

testantischen Prediger die Stadt verlassen mußten, untersagte der Rat olle Lustbarkeiten wie „Saitenspiel, Tantzen vnd Schlittenfahren, Item fressen ond fauffen"38). Fast ein Jahrhundert lang lag die Stadtturnerei in den Händen der Familie Schmidtperger39). Im Jahre 1548 heiratete Veit Schmidtperger Wedrix, die Tochter des früheren Turnermeisters Peter Hengst. Nach seiner Dienstzeit von vierzig Jahren übergab Veit am 1. Juni 1588 das Turneramt seinem Sohne Balthasar, der sich vor dem Rate verpflichtete, seinen alten Vater zu pflegen. Er übernahm dafür dessen Instrumente3"). Bis zum Jahre 1620 war er als Turmwächter und Leiter der Stadtmusik tätig. Am 30. März dieses Jahres bestellte er zu seinem Nachfolger seinen Balthasar33). — Wie die spärlichen archivalischen Notizen zeigen, vernachlässigte man neben Dichtung und Musik nicht die bildenden Künste. In den meisten Fällen werden nur die Namen der Maler, Bildhauer und Bildschnitzer überliefert. Baurechnungen der Sigmundskapelle im Stiftsarchiv von Kremsmünster nennen erstmalig einen Steyrer Maler, und zwar Hanns Tann e r, der 1481 zwei Bilder für den Altar des hl. Sigmund anfertigte33). Weitere Hinweise enthalten vornehmlich die Steuerbücher und Ratsprotokolle aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Sie erwähnen: Peter Fellinger (1543)43), Hans Oesterl (1567)44), Michael Schilwitz, Ratsverwandter (1570)43), Hans Thwennger (1571)46), Jobst Winzler (1573)47), Wilhelm Wilckhans (1574)48), Sebastian Osterl (1583)39), Matthäus Hofstetter (1583)50), Adam Dornickh (Dorningg, Sörnig, 1591, 1597)31), Hans Holzschueh (1592)52), Abraham Walter, Hans Pramhaß (1592)33), Pender (1608)34), Georg Herneiß aus Nürnberg (1610)53), Heinrich Säger (Teger, 1615)36) und Hans Bayr (1624)37). lieber das Leben und Wirken dieser Künstler finden sich nur einige Auszeichnungen. Von Abraham Walter wird berichtet, daß er vierzehn Fastentücher für die Altäre der Stiftskirche in Kremsmünster herstellte. Auch Hans Pramhaß arbeitete damals für dieses Kloster. Er porträtierte den Abt Johannes III. Spindler (1589—1600), malte ebenfalls Fastentücher und lieferte Gemälde für Kirche, Sakristei und Refektorium. Das im Jahre 1669 durch Blitzschlag zerstärte Portal vor dem Tor der Kremsmünsterer Stiftskirche zierten Wappen des Abtes und des Klosters aus der Hand des Malers Adam Dornickh38). Seme Kunst dürfte ihm nicht viel eingetragen haben, denn 1596 bewarb er sich um die Schulmeisterstelle am Neutor. Der Rat lehnte jedoch sein Ansuchen ab39). Dornickh starb vermutlich 1606. Der Witwe des „Adam Maliers" wird nämlich in diesem Jahre von der Stadtobrigkeit befohlen, die „ain gemallene Taffel" dem Malergesellen als Lohn zu geben, damit er seinen Weg weiternehmen forme60). Im Jahre 1592 trug sich der Rat mit der Absicht, den Friedhof am Tabor mit einem Gemälde zieren zu lassen. Zur Durchführung dieses Planes ließ man den Maler Hans (David) Holzschueh nach Steyr kommen, der damals für Herrn Hans Wilhelm von Losenstein arbeitete64)-. Leider sind wir in Unkenntnis, ob das „Gottsakher gemell" später auch tatsächlich zustande kam. Heinrich Säger besorgte die Bemalung der 1613—1616 in der Schulkirche aufgestellten Orgel63), Hans Bayr mußte zur Erlangung des Bürgerrechtes dem Rate eine Probe seiner „erlernten Mallerkhunst" vorlegen63). Ebenso dürftig wie die Nachrichten über die Maler sind die bisher gewonnenen Forschungsergebnisse über die Bildhauer und Bildschnitzer, obwohl Kunsthistoriker in Steyr eine für Oesterreich bedeutsame Werkstätte vermuten63). Sie erste Erwähnung eines Bildschnitzers zu Steyr geschieht 1481 in den Lichtamtsrechnungen der Stadtpfarrkirche St. Johannis zu Wels63). Dann aber versiegen die Quellen durch mehrere Jahrzehnte. Erft in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lesen wir folgende Namen: Straffer (um 1576)66), 7

Hans Aubinger (1583, 1597)"'), Leonhard Amman (Ama, Amon, 1598, 1598)68) und Christoph Fischer (um 1596). Letzterer war Drechsler, Schnitzer und Vergolder. Er kaufte in „Berdelßgarten" (Berchtesgaden) Schnitzwaren und verhandelte sie in Steyr"°). Leonhard Amman schuf um 1598 für die Klosterkirche Kremsmünster ein vom Freisinger Maler Lukas Degginger gefaßtes Auferstehungsbild'") und ein „ganz neues Kripperl" lieferte zwanzig Jahre später (1618—1624) um 30 Gulden der Bildschnitzer Hans Spind- l e rn). Nicht unerwähnt sollen schließlich die Goldschmiede bleiben, die im Kunstleben der Eisenstadt am Ausgange des 16. Jahrhunderts gleichfalls eine wichtige Rolle spielten. Um diese Zeit gab es hier nicht weniger als sechs behauste Meister”), von denen Wolfgang Hauser, der 1584, 1611 und 1613 das Stadtbild in Kupferstichen festhielt, wohl der bedeutendste war. Er verschied am 11. November 1620 im 63. Lebensjahre”). Obwohl uns die Archivalien nur mangelhaft unterrichten, so lassen sie dennoch erkennen, daß Steyr vor dem Dreißigjährigen Kriege trotz vieler wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine hervorragende Pflegestätte der Kunst gewesen fein muhte. Nicht minder bedeutungsvoll war aber die Stellung der Stadt auf wissenschaftlichem Gebiet. Neben mehreren deutschen Schulen bestand hier eine berühmte Lateinschule, die mit dem Landschaftsgymnasium zu Johannes Kehler entdeckte 1600, daß die Planeten die Sonne in Ellipsen umlaufen, in deren einem Brennpunkt sich die Sonne befindet und daß ferner die Planeten in gleichen Zeiten gleiche Flächen ihrer Bahnen beschreiben. Linz wetteiferte”). 1584 wurde eine Stadtbücherei eingerichtet'"). Söhne wohlhabender Bürger studierten an den Universitäten zu Leipzig, Wittenberg und Padua'"). Prediger, Gelehrte und auch Buchdrucker widmeten dem Rate ihre Werke und erhielten hiefür als Belohnung etliche Taler. Im Jahre 1589 stellte sich der Buchdrucker Hofman mit einigen „Püechl" ein”), 1619 offerierte der Linzer Hans Plankh mehrere Kalender'8), 1616 schickte Elias Ursinus mehrere Exemplare seiner Predigten”) und der katholische Lateinschulmeister Wolfgang 8

Öinbner überreichte ein „Tractätl de vitae humanae breoitate"80). Im folgenden Jahre dedizierte Johann Gstettner, Hofprediger zu Weißenburg, eine ..theologische labet81), M. Hieronymus Weixelberger eine philosophische Disputation8') und 1624 Siegmund Pichler einen „Abriß des Landtß und ain rechnung durch aritmetische khunst"88). Dem genialen Astronomen Johannes Kepler, der seit 1611 als Mathematikus der Landstände in Linz wirkte, ließ die Stadtobrigkeit im August des Jahres 1616 für „verehrte Exemplar" acht Taler einhändigen81). Berühmte H i ft o r i k e r schrieben vor und nach 1618 ihre für die Ge- ichichte der Stadt überaus wertvollen Jahrbücher. In lateinischer Sprache verfaßte sie im Auftrag des Garstner Abtes Anton II. Wolfgang Lind- n e r. Seine Annalen betreffen die Ereignisse in der Zeit von 1590 bis 162285). Vom Ennsdorfer Färbermeister Jakob Z e t l stammt die von 1618 bis 1635 reichende Stadtchronik. Zu den bekanntesten Geschichtsforschern aber zählt der Eisengewerkschaftssekretär Valentin Preuenhueber. Von 1625 bis 1630 schrieb er die mit dem Jahre 1618 endenden „Annales Styren- :es", die erst 1740 in Nürnberg vom Buchhändler Johann Adam Schmidt herausgegeben wurden. Der bedeutendste Reformationshistoriker der Gegenwart, Universitätsprofessor DDr. Karl Eder, urteilt über Preuenhuebers Werk: „Vergleicht man die Annales Styrenses mit verwandter geschichtlicher Literatur der Zeit zwischen 1600—1630, so erheben sie sich um ein Bedeutendes über den Durchschnitt. Man darf sie mit Fug als eine hervorragende Leistung der österreichischen Historiographie im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges und als eine der besten Städteannalen im gesamtdeutschen Raum bezeichnen"88). — . Mit wenigen Strichen nur konnte hier das reiche Kulturgeschehen der Eisenstadt vor dem Ausbruch des unheilvollen Krieges aufgezeigt werden. Verhältnismäßig rasch hatten die Kriegsereignisse eine große Teuerung und Hungersnot zur Folge. Um Weihnachten 1622 schreibt Zetl in seiner Chronik: „Es ist Kein ainicher Fleischhackher herein in die Statt gefahren, sondern es ieinbi die Leuth selber auf Sirning, in die Rämbing, in den Stainbach, auf die Straß vnd auf Ternberg gangen vnd haben das Fleisch geholt, Ess ist auch Kain Wochenmarkht gewesten"81). . Als in den nächsten Jahren durch die politischen und religiösen Wirren die Not immer größer wurde, schwand begreiflicherweise das Intereste für alle kulturellen Veranstaltungen. Im Dezember 1626 wurden von der Stadtbehörde acht Jugendliche, die um die Bewilligung zur Aufführung einer Komödie vorsprachen, mit folgendem Beschluß abgewiesen: „Bei jetziger be- rriebter Zeit bschaffenheit sind diese Burben von Ihrer vorhabeten comedi in die Kirchen zum Gebett gewisen"88). Es mußten noch viele Jahre vergehen, bis sich die Stadt am Fuße der uralten Styraburg von den Drangsalen des Dreißigjährigen Krieges wieder erholen konnte, dann aber folgte eine Zeit, in der jene herrlichen Barockbauten entstanden, die mir noch heute bewundern. Anmerkungen. Abkürzungen: St. — Stadtarchiv Steyr, 21p. — Ratsprotokoll. H Dominikanerkirche. In der Reformationszeit die Schul- oder Klosterkirche. Evangelische Lateinschule. 2) St. Rp. 1578, 6. Bd., 5. 100. 3) Valentin Preuenhueber, Annales Styrenses, S. 218 f. *) DDr. Karl Eder, Studien zur Reformationsgeschichte Mberösterreichs. 1. Bd. Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung. Linz 1955. S. 149, Anmerkung 318. °) St. Rp. 1586, 166; 1591, 266t 1613, 218, 223, 226, 244; 1614, 31, 252, 254; 1616, 107; 1617, 157. — I. Jäkel/ Kirchliche und religiöse Zustände in Freistadt während des Reformations-Zeitalters. 20. Jahresbericht des k. k. Staatsgymnasiums in Freistadt in Gberösterreich, 1890, 5. 30. 9

«) St. Steuerbuch (567. Rx. (590, St. St. Rx. (6(5, 24; (656, (26. 8) Cornelius preibs, 21us Steyrs Musik-Vergangenheit. peurl, der Schöpfer der Variationen-Suite. (944. — Rolleder-pillewizer, Die Schulen der Stadt Steyr in der Refarmalionszeit. Wien, (9(8„ S. 45 f. 9) St. Rx. (6(5, 244; (625, U6\ peurl wird auch „©rglrnacher" genannt. i°) K. Schissmann, Das Schulwesen im Lande ob der Enns bis 3um Ende des (7. Jahrhunderts. 59. Jahresbericht des Museum Francisea-Caralinum, (90(, S. (78. — St. Rx. (602, 297’; (604 (Rx. (605, 2(6); (6(5, 270. H) St. Rx. (576, 5. 8b., Sj 208; (593, 352. ,2) Rolleder-pillewizer, a. a. ©., S. 44. — Auch Daubenrockh, Taubenrackh. -») Rolleder-pillewizer, a. a. ©., S. 47. — St. Rx. (6(3, (38’; (6(9, (36’; (62(, 5(2. “) St. Rx. (576, 5. Sb., 5, 557; (6(6, 205, 284’. — 21. Czerny,, Die Klosterschule van St. Florian. Linz (875, S. 60f. 15) st. Rx. (580, 7. 8b., 5. (54; (6((, (68; (6(3, 78, 28(; (6(5, (9; (6(9, 207. “) St: Rx. (606, (0. April, S. 49’. — vgl. K. Schiffmann, Drama und Theater in (Oesterreich ob der Enns bis zum Jahre (803. — Musealbericht (905. S. 5(, Anmerkung 5. — Kathe-prochazka-Max Chox, Abriß der allgemeinen Musikgeschichte. Leipzig (929. S. (53. 11) Kathe-Chap, a. a. CD., 5. 99. “) Z. 8. Freistadt u. Ried i. 3- — vgl. F. Gmainer, Stadttürmer und Stadtwachtmeister van Freiftadt im; (6. u. (7. Jahrhundert, Heimatgaue 192(, 2. 33-, Seite 243 ff. — F. Serger, Ried im Innkreis. (948. 5. 92 f. 19) St. Rx. (574, 4. 8b., 5. 257. 20) Rolleder-pillewizer, a. a. ©., S. (2. — F. Serger, a. a. ©., 5. 92 f. *i) St. Rx. (6(0, (57’; (6(5, (86’; (6(5, (90. 22) St. Rx. (577, 5. 8b., 5. 586 f. ®>) St. Rx. (572, 2. 8b., S. 547; (574, 4. 8b., S. 786; (580, 7. 8b., 5 . 554; (582, 9. 8b., 5. 545; (584, ((. 8b., S. (99; (589, 244 u. vielen anderen Stellen. =4) St. Rx. (575, 4. 8b., 5. 706; (593, 556. 25) St. Rx. v. (9. Dezember (6(8. 26) St. Rx. (577, 5. 8b., 5. 406; (590, (34. — A. Hackel, aus dem bürgerlichen Leben vergangener Tage. Kulturgeschichtliche Silber aus den Ratsxratakallen der alten Eisenstabt Steyr. Sonberabdruck aus dem XXVII. Jahresberichte des k. k. ElisabethGymnasiums. Wien, (9(2. S. 34 f. — Kathe-Chap, a. a. CD., 5. (03. 27) St. Rx. v. 8. September (589. 25) 2tm 2(. (Oktober (575 spielteiz die Turner bei der Wiedereröffnung der nach dem Hochwasser (572 aufgebauten Lateinschule. St. Rx. v. (9. ©ktaber (575. 26) St. Rx. (574, 4. 8b., S. 287. 30) St. Rx. (574, 4. 8b., 5. 287; (588, 55, 29(; (577, 5. 8b., S. 586 k. 3‘) St. Rx. (593, 525. 32) St. Rx. (582, 9. 8b., 5. 59 ff. 33) St. Rx. (585, 597, 406; 1586, (66. 34) St. Rx. (582, 9. Sb., 5. 59 ff. s5) St. Rx. (590, (54. 35) Die Humpen sind 5( Zentimeter hoch. Ihren Grund ziert ein Medaillon, darstellend Herzog Ulrich v. Württemberg, der van (505—(520 und van (534—(540 regierte. E. Schmibel, Aus dem Rathause der Stadt Steyr. Tagespost. Unterhaltungsbeilage, (906, Nr. 8. — F. 3E. pritz,, Seschreibung u. Geschichte der Stabt Steyr. 5. 27. =>’) St. Rx. (574, 405, 426; (578, (6; (586, (41. 3S) St. Rx. (593, 280; (595, 44. — R. Stumpft, Das alte Schultheater in Steyr. Heimatgaue, (2. Ig., (95(. S. (5 f. 38) Auch der erste Lateinschulmeister 2tnbreas Hüttner war um (550, wahrscheinlich nur vorübergehend, als Turner tätig. Rolleder-pillewizer, a. a. CD., S. (2. 40) St. Rx. (585, (52; (588, 60, 29(. *i) St. Rx. (620, 50. 42) K. Halter, Neue (Duellen zur Kunstgeschichte ©berösierreichs im Mittelalter. ®.»©e. Heimatblätter (947, Heft 3, S. 253. 43) St. Steuerbuch (543. 44) St. Steuerbuch (567. 45) preuenhueber, a. a. ©., S. 89. 46) St. Rx. (57(, 320. 10

i7) St Steuerbuch (573. St. Rx. (574, 64. m) St. Rx. (585, 290. St. Steuerbuch (583. 51) Th. Dorn, Abriß der Baugeschichte Aremsmünsters. (Heimatgaue (929, S. (o(. — St. Steuerbuch (597. 52) St. Rx. (592, 2(9. 53) Th. Dorn, a. a. ©. 54) St. Rx. (608, 2(’. 55) St. Rx. (6(o, 20(’. M) St. Rx. (6(5, 2(8’. . 57) St. Rx. (624, ((5. 58) Th. Dorn, a. a. ©. r>9) St. 'Rx. (596, 438. 60) St. Rx. (606, (54’. 61) St. Rx. (592, 2(9, 227, 598. 62) St. Ap. (6(5, 57’; (6(4, 59. — Döger erhielt (6(5 für das „©rglmallwerch" 55 Gulden. Rx. (6(5, 2(8’. 63) St. Rx. (624, ((5. 64) K. lfolter, a. a. ©., S. 255. 6r>) Ebenda, 5. 254 ff. 6C) St. Fasz. Drechsler (590—(774. Aasten XI, Lade 3. 67) St. Steuerbuch (583, (586, (597. gs) St. Fasz. Drechsler,a. a.CD. — Steuerbuch (597, (598. 69) St. Fasz. Drechsler,a. a. ®, ™) Th. Dorn, a. a. ©., 5. (0(. 71) Ebenda, S. (((. 72) St. Steuerbuch (583, (598. 73) St. Rx. (6((, 248’, 290’; (6(5, 256. — Schroff, Annalen, 6. 8b., s. 84(. 74) Rolleder-Pillewizer, a. a. ©., S. 44. 75) Ebenda, 5. 33. 7(i) Ebenda, S. 44. — 5t. Rx. (575, 795. 77)' St. Rx. (589, U7. 7S) St. Rx. (6(9, (3’. - 79) St. Rx. (6(6, (72’. 80) St. Rx. (6(6, 9. S1) St. Rx. (6(7, 34’. 82) St. Rx. (6(7, 65’. ' 83) St. Rx. (624, (6. M) St. Rx. (6(6, (84. — VH. Döblinger, Johannes Kepler und fein Freundeskreis in Linz. Unterhaltungsbeilage der Linzer Tages-Post. (904, Nr. (3. 85) Rolleder-Pillewizer, a. a. ©., 2. 48. eo) K. (Eber, Ein Reformationshistoriker — Valentin Preuenhueber. Sonderabdruck aus der Zeitschrift für deutsche Geistesgeschichte, kferausgegeben v. Forschungsinstitut für deutsche Geistesgeschichte in Salzburg. 5. 6, (5. 87) k. Edlbacher, Die Ehronik der Stadt Steyr von Jakob Jetl. Mus. Jahr. 8er. XXXIII, S. 50. es) St. Rp. (626, 76. 11

Wolsgang Urkauf, 1577, 1578, 1581 und 1582 Stadtrichter, 1584 bis 1586 Bürgermeister zu Steyr. Er starb 1588. Seine Witwe Margaretha, geborene Prevenhuber, heiratete in zweiter Ehe den Matthias Radlinger und starb 1628 zu St. Peter in der Au. - mB lj l llZeichnung von L. Weinberger nach dem Grabdenkmal an der Außenwand der Stadtpfarrkirche. 12

3)ie bürgerlichen ^Häuser der Qotik der ^Renaissance und des ^Barocks in Steyr Von Oberbaurat Dipl. Ing. Friedrich Berndt Die Wissenschaft behauptet, daß die Profanhäuser der Romanik aus Holz gebaut waren, jtßir alle wissen nicht, wie das bürgerliche Haus der romanischen Zeit in Steyr ausgesehen hat. Und wenn wir ein nachweisbar uraltes Haus finden, dessen Bau niederdrückend und schwer wirkt, und wenn sich sogar anscheinend romanische Säulen darinnen zeigen, mir müssen mit den Achseln zucken, wenn wir um das Alter des Hauses gefragt werden. Man kann sich nicht -gegen die Wissenschaft stellen, wenn man ihr nicht absolut Sicheres entgegenzustellen vermag. Darum kann ich auch keinen Repräsentanten eines romanischen Bürgerhauses in Steyr zeigen. Meiner bescheidenen Meinung nach haben unsere Vorfahren den Steinbau von den Römern gelernt und sie haben dort, wo ihnen der Stein sozusagen am Wege lag (Kugelstein der Enns, Konglomeratstein), auch ihre Häuser aus Stein gebaut. Emmerich Schaffran setzt die Jahre 12S0—1300 als Zeit der Frühgotik im Baustile fest. Dieser Zeitabschnitt miriijomit auch für die Bauten dieser Stilepochen in Steyr verbindlich sein. Die Spätgotik währte von 1450—1530. Die Frührenaissance läßt Schaffran 1490 beginnen und 1540 enden. Sie läuft also einige Jahrzehnte mit der Spätgotik parallel. Die Hoch- und Spätrenaissancezeit dauerte bis zum Jahre 1620. Da am Nordrand der Stadt sehr viel lehmiger Grund zu finden ist, waren auch das Ziegelbrennen und der Ziegelbau hier schon frühzeitig bekannt und in der Renaissancezeit schon stark im Brauch. Der Barockstil kam um 1620 zu uns und währte bis 1760. Schon um 1740 war für die Innengestaltung das elegante und spielerische Rokoko in Mode. Es wurde 1770 vom Klassizismus abgelöst. Bild 1: Gotik. Der Steyrer Repräsentant der gotischen Zeit ist das spätgotische Bummerlhaus, Stadtplatz Nr. 32. Dieses reichst geschmückte Haus wurde vermutlich im Jahre 1497 aus zwei Häusern zusammengebaut. Ihm haften noch die typischen gotischen Merkmale an: der steile Giebel und das Maßwerkband in der Brüstung des vorkragenden ersten Stockwerkes. Einen besonderen Schmuck aber erhält die Fassade durch das kleine, gekuppelte und spitzbogige Dachfenster und durch die durch Blenden aufgelösten Wandslächen. Die Innenflächen der Blenden wurden — vielleicht in einer späteren Zeit — durch zarte Malereien in lichten Tönen belebt. Sehr zierlich ist das Kranzgesims unter dem Dache des Breiterkers gestaltet. Bemerkenswert ist auch die mit Malereien -geschmückte Tragkonstruktion des Erkers. Nicht mehr die über schmalen wteinkonsolen gespannten Bogen, sondern gewölbefußartige Mauervorsprünge tragen ihn. " 13

Bild 1: Gotik - Steyr, Stadtplatz 32

,1 Bild 2: Renaissance - Steyr, Pfarrgasse 1 15

B - M . > T ti-yfrr t .M-y«« 34 ■5j ' ? 131 | J -0^ L ! 1 ' - • : iS ' :x: .:-?' : ^ /. _: v'J.;rr „ r°M-~f *ZT0r^Ina ZI MTä ... i. iif WWdW ~ EH r Mmh3._r fc t L äiil rotflMMm «MieiiM t |g;-.s .......... Bild 3: Barock - Stedr, Berggasse 26 16

Bild 2: Renaissance. Während in der Zeit der Gotik die Kunst des Steinmetzen für den Schmuck des Hauses ausschlaggebend war, tritt in der Renaissance die Geschicklichkeit des Maurers in den Vordergrund. Die Revolution des Zeitgeistes drückt sich in den Bauformen besonders aus. Man sieht nicht mehr die steilen, die Häuserfront, nach oben auslösenden Giebel, sondern läßt meist den Dachfirst parallel zur Gassen- oder zur Platzflucht verlausen. Die Dachneigung ist nicht mehr 60", sondern nur mehr- 45”. Sie genügte für eine gute Regenwasserabfuhr und entsprach dem neuen Baustil, der die Betonung des Horizontalen verlangte, weit besser. Unser Vertreter der Renaissance ist das Haus Pfarrgafse Nr. 1. Es wurde im Jahre 1582 von der Witwe des Eisenhändlers Georg ©ruber, einer wiederverehelichten Händl, erbaut. Wie einfach und doch vornehm wirkt die Fassade dieses Hauses! Erstes und zweites Stockwerk sind durch einfache, horizontale Bänder geteilt. Profilierte Fensterverdachungen, die abwechselnd segmentförmige und dreieckige Form haben, bilden den Schmuck der Fenster. Der Wechsel der Formen in einem Stockwerk weist schon aus barocke Gesinnung hin. Ebenerdig fehlen die Fensterverdachungen. Die Wand ist durch Putzquadern belebt. Nur das mehr geschmückte Portal gibt dem Gebäude eine reichere Note. Auffallend bei diesem Haus ist der Runderker, den mir aber in der alten Stadt überall dort finden, wo ein Platz in eine schmale Gasse ausmündet. . Ein anderer schöner Repräsentant eines Renaissance-Nutzbaues ist der Innerberger Stadel (1612), der eines Schlosses das Engelseck "(1642). Bild 3: Barock. Das Haus Berggasse 26 ist ein meisterhafter Barockbau, wenn auch die Mauern des Erdgeschosses schon aus älterer Zeit stammen öürften. Wir werden nicht fehlgehen, diesen Bau dem Meister des Barocks in Steyr, Gotthard Hayberger, zuzuschreiben. Ihm verdanken wir auch unser schönstes Amtsgebäude, nämlich das Rathaus (1771). Unser Repräsentant zeigt, daß eine ungemein schmuckfreudige Zeit in Blüte war. Der ideenreiche Architekt konnte sich auf die Kunst der Maurer und Stukkateure voll verlassen. Monumentale' Pilaster verbinden die beiden Stockwerke. Der Raum zwischen den geschwungenen Fensterverdachungen und den steinernen, einfachen Fenstergewänden ist mit geschmackvollen Plastiken ausgefüllt. Das Erdgeschoß ist einfach mit Putzquadern geziert. Die Fenstergitter sind stilgerecht geformt. Vollkommen neu ist die gebrochene Form des Daches: das Mansardendach. Abwegig ist es, nur nach der Form der Fassade auf das Alter des Hauses zu schließen. Allzuoft wurde das Kleid des Hauses modernisiert. Man muß auch das Innere des Baues überprüfen, denn jede Zeit hat andere Bedürfnisse und Gewohnheiten in der Anlage und Ausgestaltung der Räume gehabt. 17

Wolfgang Tenk war von 1482 bis 1513 als Baumeister der Stadtpfarrkirche zu Steyr tätig. Vorher gehörte er der Bruderschaft der Steinmetze zu Admont an. Das Handwerksbuch dieser Bruderschaft vom Jahre 1480 enthält sein Handwerkszeichen. -«•-* I'ü -*2. " • ' r* , >■ ’ Zeichnung von L. Weinberger nach dem Grabdenkmal im Innern der Stadtpfarrkirche. 18

Josef Drausinger, Steyr STEYRER COirfshausscfälder Ein Wirtshausschild wäre kaum der Beachtung wert, wenn es nicht Anteil hätte an der Geschichte jener Entwicklung der Menschheit, die wir als wesentliche, weil instinkthaft sichere Entfaltung der eigentlichen Sendung des Menschen, werten. Freilich, in unseren bewegten Zeiten ereignen sich so viele aufregende Dinge, daß es verwunderlich erscheinen mag, von so unbedeutenden Kleinigkeiten zu sprechen, die mit den großen Fragen nicht das mindeste zu tun haben, welche gegenwärtig die Welt bewegen und in ihren Grundfesten erschüttern. Aber gerade diese endlosen, kräfteverzehrenden Kämpfe lenken den Sinn wieder zu den echten Werten des Lebens, zu den einfachen Pflichten des Tages, zu den ewigen Segnungen der Landschaft, und aus dieser Stimmung heraus, die so viele umfängt, wird begreiflich, daß das Wort „Heimat" den alten, guten Klang wieder erhalten hat und die so oft verkannten Leistungen und Anschauungen unserer Vorfahren sich unserer Anteilnahme mehr und mehr erschließen. Blicken wir hinauf zu den treuherzigen Schildern, die über den Toren der vielen Schenken unserer Stadt schweben! Diese Schilder würden sich vergeblich bemühen, mit den modernen Lichtreklamen der Weltstädte in Wettstreit zu treten. Man sieht es ihnen auf den ersten Blick an, daß sie zu anderen Geschlechtern zu sprechen hatten, zu Menschen, deren unverdorbener Blick noch nicht an dem Uebermaß von Anpreisungen stumpf geworden war und denen darum nicht mit sinnbetörenden Mitteln beigekommen werden mußte. Die Schilder unserer altbürgerlichen Wirtshäuser in den traulichen Gassen unserer Stadt wenden sich vielmehr an das Behagen und die gute Laune ihrer Besucher; sie entnehmen ihre Werbemittel einer geradezu bezaubernden, fast kindlichen Vorstellungswelt. Diese anheimelnde Art aber, den Vorbeieilenden mit größter Einfalt anzusprechen, ihn durch alte, Jahrhunderte unverändert gebliebene Zeichen des Hauses auf dessen Vorzüge selbst aufmerksam zu machen, auf seine warmen, gewölbten, getäfelten Stuben, auf die gemütlichen tiefen Mauernischen, inbesonders aber auf den guten Tropfen, läßt auch in verwöhnten Großstädtern eine Saite anklingen, die sie unvermutet mit unseren Altvorderen in eine trauliche Beziehung rückt und seinen guten Anteil daran hat, daß Hätschelhans auf dem Lande sich recht wohl fühlt. Als man die schmiedeeisernen Wirtshausschilder und Hauszeichen ersann und aushing, waren viele jener Stadtbewohner, die nach emsiger Tagesmühe bedächtig ihren Abendschoppen am Stammtisch tranken und mit ihren Nachbarn und Freunden ebenso tiefe und ebenso belanglose Gespräche führten wie die Menschen von heute, des Lesens und Schreibens nur selten kundig. Das wird ihrer guten Laune nicht viel geschadet haben. So hing man denn statt langatmiger Titel ein sinnfälliges Zeichen über das mächtige Tor, und eben diese frühe Zeit des Ursprungs dieser Schilder klärt den seltsamen Zusammenhang mit den köstlichen Namen aus Sage und Geschichte, Tier- und Pflanzenwelt. Die immer wieder vorkommenden Bezeichnungen: Löwe, Bär, Adler, sind Sinnbilder der Stärke und der Tapferkeit, die damals in den Wappen 19

ritterlicher Geschlechter Verwendung fanden und ihren Einfluß auch auf die Wahl der Wirtshauszeichen ausüben mußten. Aber nicht nur diese mittelalterliche Welt des Rittertums, auch Fabel und Sage, christliche Gebräuche und Feste, Besonderheiten der örtlichen Lage, Symbole der Innungen, helfen au der Bildung jener Begriffe mit. Es ist aber nicht nur reizvoll, dem Sinn dieser Namensgebungen nachzuspüren, sondern ebenso dankbar, die künstlerische Seite dieser Schmiedearbeiten zu betrachten. Die künstlerische? Jawohl! Man muß nur einmal den Blick dafür üben, um zu erkennen, wie wundervoll einzelne dieser Arbeiten sind, man muß sie miteinander vergleichen und auf die Kräfte acht haben, die an der Ausführung dieser Schilder teilnehmen, man muh beobachten lernen, wie sich handwerkliche Tüchtigkeit und Ueberlieferung mit den Einflüssen des jeweiligen Zeitgeschmackes und der persönlichen Eigenart des Meisters zusammenfinden. Liebte die Zeit der Renaissance die klare Gliederung in Träger und Schild, ruhige Schönheit der Linie und der ornamentalen Flächenfüllung, welche die Verstrebung des Trägers geradezu fordert, so durchbricht der nachfolgende Barockstil die glatte Fläche und löst die Schönheit der unbedingten Ruhe in eine Schönheit der Bewegung auf. Ranken und Blätter umblühen jetzt die Schwere des Schildes, streben ihr entgegen und scheinen sie schließlich in luftige Gebilde umzuwandeln. Unermüdlich ist die Phantasie der Schmiedemeister bemüht, das Spiel ausladender Linien, bewegter Bogen und Spiralen zu steigern-, dazu treten Zeichen und schmückende Zutat zur Freude des verständigen Beschauers in enge formale und inhaltliche Beziehung. Man darf sagen, daß mit dem ersten Auftreten schmiedeeiserner Schilder im Straßenbild auch das Streben nach Schönheit der Form und des Maßes, der vollkommene Gleichklang mit der Gebärde der Architektur am deutlichsten zu spüren ist und die Zeit der Renaissance auch hier die innerliche Stileinheil der Gotik in die irdische Welt übersetzt und mit Frohsinn und Daseinsfreude erfüllt. In den Tagen des Barock scheint nun diese Einheit noch inniger zu werden, weil über die einzelnen Glieder des Ganzen, die bisher von Eigenleben erfüllt waren, die allesüberspülende Macht der Bewegung geht, von welcher der Fassadenschmuck ebenso erfaßt wird wie die Ornamentik der Schild- trägersüllung. Diese letzte mächtige Woge abendländischen Kunstbekenntnisses verrinnt dann an den Ufern von Spätstilen, deren Kraft nicht mehr zur Beherrschung des Außenbildes reicht, die sich darum auch nur des Innenraumes wirklich bemächtigen können und aus ihm jene reizvollen Schöpfungen gestalten, die uns als Rokoko, Empire, Biedermeier vertraut und lieb geworden sind. In dieser Spätzeit hört die Verbundenheit des Schildes mit dem Bauwerke auf; das Schild geht —- unbekümmert um feine nächste Umgebung — seinen eigenen stilistischen Weg; es mutet jetzt an, als fei es ein Ding wie jedes andere in den Wohnräumen und nur zufällig an die Außenseite des Gebäudes geraten, mit der es einzig noch das feine Empfinden für Stil gemeinsam hat. Das Schild ist jetzt ein Ding für sich geworden, das feine enge Beziehung zur Hausfassade gelöst hat und deshalb auch nicht mehr wähleriscb auf einen geeigneten Platz bedacht ist. Dennoch stellen die Schöpfungen des Rokoko einen neuerlichen Höhepunkt dar, der den der Renaissance wieder erreicht. Form und Inhalt verklingen in so vollendeter Weise ineinander, daß die Leistungen des voraufgehenden Barock wie eine Auflockerung des Gefüges wirken, wie Gestaltungslösungen, die sich noch nicht ganz in die neue Stilgesinnung finden konnten. Von dieser letzten Höhe führt der Weg dann in immer weiter um sich greifende Auslösung bis zu Zerfallserscheinungen, die eine allgemeine Teilnahme gar nicht mehr verdienen. Nur selten gelingen der Zeit der lebten Jahrhundertwende noch Schöpfungen von künstlerischem Wert, und dann sind sie meist Nachschöpfungen verklungener Stile. Ab und zu wagt sich ein Ent- 20

Wurf aber doch an eigenwillige persönliche Gestaltung eines Themas, wie etwa das „Kripperlschild", das die Reihe der hier ausgewählten Schilder beschließt. Ordnet man übrigens die verschiedenen Eindrücke nach Kunstepochen, so wird man auf einen Umstand aufmerksam, der jedem Schild seine ganz be- 'timmte Stelle in der Reihe zuweist. Freilich ist allen diesen Gebilden dekorative Gesinnung gemeinsam, die von schöner Linienführung lebt, aber jedes dieser Schilder unterscheidet sich von den übrigen durch das Ausmaß des schmückenden Beiwerkes und die Art und Zahl der dafür aufgewendeten Schmuckmotive. Die zeitliche Folge ergibt sich aus einem immer höheren Grade der Bereicherung, die allerdings nicht gleichzeitig als eine Steigerung des künstlerischen Wertes gedeutet werden darf. Eher ist das Gegenteil wahr: daß nämlich mit dem allmählichen Schwinden des Empfindens für edle Ein- -alt und stille Größe der Hang nach Inhalt wächst und aus diesen Zeichen des unentwegt sich wandelnden Geschmackes allein schon die zeitliche Folge der einzelnen Schöpfungen bestimmbar ist. Zeichnung 1: Da ist zunächst das Schild „Zum weißen Lamm" (Zeichnung 1) am Haufe Stadtplatz 28, dem Rathause gegenüber, dem an Schönheit und Reinheit der formalen Gestaltung nur noch ein einziges der anderen Renaissanceschilder Steyrs ebenbürtig ist. Klar abgegrenzt in den einzelnen Teilen, treten Trägerfüllung, Bekrönung, Spindelblume, Schildfigur und deren Umrahmung zu einem wohlausgewogenen Ganzen zusammen. Die ersten drei Elemente verwenden den Rundstab zu ineinander verschlungenen Spiralen, und die 21

daraus entwickelten Gebilde sind sparsam ergänzt durch wenige flache, goldene Blattmotive, deren einige auch der Spindelblume entblühen. Die Schildfigur — ein weißes Lamm — ist aus starkem Eisenblech ausgeschnitten und von grünem Laubwerk umrandet, dessen Farbtöne bis ins Weißliche spielen. Welche Bedeutung der kipfelförmigen Figur über der Spindelblume zukomml, ließ sich bisher nicht ermitteln. Zeichnung 2: Im Haufe Nr. 16 am Grünmarkt, an dem sich jenes andere, künstlerisch gleichwertige Renaissanceschild „zum goldenen Hufeisen" (Zeichnung 2) befindet, betrieb schon in den Jahren 1586 —1597 ein Sebastian Khlingler eine Weinausschank. Aus nicht viel späterer Zeit mag das Schild stammen. In der Formgebung nach genau den gleichen Grundsätzen behandelt wie das „zum weißen Lamm", lassen sich bei diesem Schild doch schon Spuren einer kommenden Wendung zur Verschmelzung der einzelnen Teile ablesen. Schon die Behandlung der Zierspiralen der Trägerfüllung ist einheitlicher in den Hauptlinien und zugleich freier in der Behandlung der Durchflechtung. Die Trägerstützstange fühlt sich nicht mehr als Hypothenuse eines rechtwinkeligen Dreieckes, sondern strebt in einer eleganten Kurve aus senkrechtem Ansatz zur Hauswand gegen ihr Ziel, und sie rollt sich nicht einfach ein, wenn dieses erreicht ist, sondern antwortet in Verzweigung der darüber lagernden Bekrönung. Was aber besonders auffällt, ist die einheitliche Verwendung von gleichartigen gezackten Blättern als Schmuck- und Füllmotiv. Trägerfüllung, Stützstangenende und Bekrönung wachsen zu übergeordneter Einheit zusam22

men, die sogar noch zu jener Blatthülle hinübergreift, der die Figur des heiligen Leonhard, des Schutzpatrones der Schmiede und Wagner, entwächst. Die Schildzeichen sind leider nicht mehr vollständig: es fehlt ein viertes kleines Hufeisen und ein Doppelrad. Zeichnung 3: Zeichnung 3 zeigt das Schild „zum roten Krebsen", mit dem wir in eine Zeit treten, deren künstlerisches Empfinden gänzlich anders geworden ist. 23

Was Jahrhunderte vorher als leise Regung vernehmbar mar, ist nunmehr zum vollen Durchbruch gelangt: das Verschmelzen aller Formteile zu einem unlösbaren Ganzen, die Abkehr von der geraden Linie, das Streben nach ausschwingender Bewegung, die Umwandlung gleichberechtigter schöner Einzelwerte in eine Rangordnung, die auf einen Spitzenwert als Ziel hinstrebt. Schildträger und Schildfigur leben nicht mehr aus sich selbst; jener ist Vorbereitung, diese ist Erfüllung geworden. Nicht mehr gelassene Schönheit, sondern tänzerische Anmut beseelt das Spiel der Linie. Diese Umstellung vom Raume auf die Zeit hat eine Vereinheitlichung der Formgebung zur Folge. Bekrönung und Symbole entfallen, und das Mannigfaltige des Inhalts wird nun zu Bereicherung der Grundform. Dieses Beiwerk aber, das die Hauptlinien begleitet und umspielt, verrät noch eine gewisse Willkür und Unsicherheit in Erfindung und Anwendung. Man weiß wohl von der barocken Großform der Architektur her, was man will, man trifft — wie das Bild zeigt — genau den Ton, den diese Architektur angibt, aber man ist noch nicht bis zur völligen Verschmelzung von Gehalt, Form und Inhalt vorgestoßen. Es fehlt noch jene schwerelose Durchgeistigung, die ein wenig später die Innenarchitektur des Rokoko erstrebt und erreicht. Das Grundbuch weist für die Jahre 1736—1752 den Schiffmeister Josef Sellhammer als „Gastgeb" und Besitzer des Hauses Stadtplatz 44 aus. Dieser Mann war demnach an dem Verkehre der Schlepper beteiligt, die ennsaufwärts Lebensmittel für die Knappen des Jnnerberges beförderten. Bei diesem Wirte kehrten die Schiffer ein, worauf der Krebs als Sinnbild deutet, und zu dieser Zeit wird wohl auch das Schild gefertigt worden fein. Zeichnung 4: 24

Beim Schild „zur goldenen Senfe" (Zeichnung 4) ist das im Barock aufgegriffene künstlerische Ziel einer aus der Bewegung kommenden Einheit zu unüberbietbarer Vollkommenheit herangereift. Wundervoll in der Anmut des vielstimmigen Linienspieles, wachsen Träger und Schild zu unlösbarer Gemeinschaft ineinander, und das reiche, von blühender Erfindung durchpulste Beiwerk stilgebundener Art hält sich weise in den Schranken des künstlerisch Notwendigen. In diesem entzückenden Werke ist ein so völliger Ausgleich von Gesetz und Freiheit, von Stoff und Form, von Mittel und Zweck, von Natur und Kunst erzielt worden, wie sonst nur in Werken anspruchsvollerer Arr. Dabei ziert dieses Schild den Eingang eines bescheidenen, nur einstöckigen Vorstadthauses (Sierningerstraße 30), in dem einmal vorübergehend das vielbesprochene Steyrer Kripperltheater untergebracht war. Die Zeit ist längst vorbei, in der Hausfassade und Schild noch einem gemeinsamen Stil verpflichtet waren. Die ausgebreitete Fledermaus, welche die Einfassung der Schildfigur schließt, trägt auf einer Seite die Jahreszahl 1637. Erst hundert- sünfzig Jahre später mag dieses Schild seinen Vorgänger abgelöst haben. Schwarz, Ocker, Grün und Gold erhöhen und ergänzen im Wechselspiel den melodischen Zauber dieser Schöpfung, die ganz aus sich selbst lebt und in der Häuserzeile der Vorstadtstraße wie ein verirrtes Schoßkind künstlerischer Phantasie, wie eine seltene schöne Blume auf kahlem Grund anmutet. Zeichnung 5: Beim Schild „zu den drei goldenen Rosen" (Zeichnung 5) am Hause Stadtplatz 36 ist noch das Rokokoempfinden für das Graziös-Beschwingte lebendig, aber das kann man nur vom Ganzen sagen, nicht mehr von den 25

Einzelheiten des schmückenden Beiwerkes. Dieses geht seine eigenen und seine recht verschiedenen Wege. Schmuckformen, die der Antike und der sich auf sie beziehenden Renaissance geläufig waren, müssen sich der Eigenwilligkeit linearen Schwunges einordnen, wogegen botanische Füllmotive die schon ganz naturalistische Haltung der Schildfigur selbst vorausnehmen. Eine als „Empire" bezeichnete klassizistische Neigung spricht aus dieser sehr liebenswürdigen Schöpfung, die zu Beginn des vorigen Jahrhunderts entstanden fein mag. 1806—1829 sind Anton und Katharina Mayr als „Gastgeb zu den drei goldenen Rosen" nachgewiesen. Zeichnung 6: Einige Jahre später ließ der Wirt des Nachbarhauses Stadtplatz 38 — wahrscheinlich war es der 1838—1840 eingetragene Johann Neudorfer, Gastgeb zu den drei Alliierten — ein noch prunkvolleres Schild (Zeichnung 6) anfertigen, das sich auf das am 26. September 1815 zwischen Kaiser Franz II. von Oesterreich, König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Zar Alexander I. von Rußland geschlossene Bündnis bezieht. Die überaus lebenswahr gemalte „Heilige Allianz" ist von einem Blätterkranz eingefaßt und die 26

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