Veröffentlichungen des Kulturamts der Stadt Steyr, März 1949

Die Wehrbefestigungen der Stadt Steyr Von Oberbaurat Dipl. Ing. Friedrich Berndt Die Befestigung Innersteyrdorfs. Das älteste Stadtviertel Innersteyrdorf reichte von der Dunkelapotheke bis zum 1891 abgebrochenen Ortstor. In keiner Urkunde finden wir feine Le- feftingung erwähnt. Wir wissen nicht, wann sie gebaut wurde; aber aus vielen Plänen, Bildern und den noch stehenden Resten der Befestigung können wir sie leicht rekonstruieren. Diese Rekonstruktion zeigt uns aber die starken und schwachen Seiten der Befestigung und läßt einen Schluß zu, von welcher Seite das Dorf zur Zeit seiner Erbauung am meisten bedroht war. Da zeigt schon eine oberflächliche Betrachtung der Situation, daß die Wasser der beiden Gebirgssprößlinge, der Steyr und der Enns wohl den besten natürlichen Schutz des Dorfes gegen Süden bildeten. Aber auch die steilen Hänge, welche vom Dorfrand- gegen die Badgasse und den Ortkai abfielen, bildeten ein schweres Hindernis für den die beiden Flüsse übersetzenden Feind. Sehr ungünstig für die Anlage eine Befestigung war die Lage des Dorfes gegen Norden. Von der Ebene der Schotterstraße, auf welcher heute der Friedhof liegt, fällt das Terrain erst senkrecht, dann in wechselnder Neigung ab, bis zu dem Dorf, das sich hier durch den Graben und eine Mauer mit vielen Schießscharten gegen den Feind gesichert hatte. Diese Mauer ist an manchen Stellen heute noch zu sehen. Man gehe nur in den Garten der Dunkl-Apotheke oder in den Hof des Hauses, Kirchengasse Nr. 2. Ungesehen von den Verteidigern konnte sich der Feind bis zum Rande des Platteaus vorschieben, um dann, über den Fels kletternd, in breiter Front gegen den Graben vorzustürmen. Aber schon vom Platteaurande konnte er mit Brandpfeilen das Dorf bedrohen. Jedenfalls scheint diese Befestigungsfront selbst von einem Gegner der grauen Vorzeit leicht erstürmbar gewesen zu sein. War man gezwungen dasDorf so schwer befestigbar anzulegen? Wurde es erst nachträglich befestigt oder war es von dieser Seite her vom Feinde nicht bedroht? Die Ostseite des Dorfes war durch eine Mauer geschützt, welche teilweise heute noch steht, lieber der Schlüsselhofgasse stand das Orjstor, dessen Zugbrücke den in den Felsen gehauenen Graben überspannte. In dem Graben führte eine Stiege zum Ortskai. Das Ortstor wurde 1891 aus Verkehrsrücksichten abgebrochen. Die Westseite des Dorfes war durch eine hohe, zinnengekrönte Mauer abgeschlossen, die auf alten Stadtansichten noch zu sehen ist. In der gotischen Zeit wurde in die Mauer über die Kirchengasse ein Tor gesetzt, welches 1843 abgebrochen und nach dem Apotheker Christian Vrittinger,. welcher 1834 in dem Hause eine Apotheke eingerichtet hatte, Brittingertor genannt wurde. Wo die Westmauer mit der Nordmauer zusammenstößt, war ein Turm zuaebaut worden, aus dessen Schießscharten man die Nord- und Westmauer 26

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