leute aus Linz und Wien, Böhmen und Mähren, Augsburg, Regensburg, Nürnberg und anderen Städten fanden sich zu solchen Zeiten in Steyr ein. Fremden und einheimischen Handels- und Handwerksleuten war das Feilhalten ihrer Waren bis zum sechsten Sonntag nach Ostern, also über vierzehn Tage, gestattet. Nach Ausläutung des Marktes durften fremde Kaufleute in der Stadl nichts mehr verkaufen^". Bedingt durch die mannigfachen Beziehungen der alten Eisenstadt zu den deutschen Städten, bedingt durch Reformation und Humanismus und durch die Wohlhabenheit des Handwerkerstandes fand im 16. und noch im 17. Jahrhundert die Dichtkunst in Steyr eine besondere Pflege. Während Schulmänner an ihren Unterrichtsanstalten biblische und weltliche Komödien in deutscher und lateinischer Sprache inszenierten, widmeten sich poesiefreundliche Bürger der edlen Kunst des Meistergesanges. Als Ahnherr der Steyrer Meistersinger wird der sagenhafte Heinrich von Ofterdingen genannt. Obwohl der Nürnberger Jeronimus Rieger schon im Jahre 1542 zu Steyr das Meisterlied „Klag über alle Welt" dichtete, läßt sich nicht mit Bestimmtheit der Bestand einer Singschule um diese Zeit Nachweisen. Ebenso fraglich ist es, ob Hans Sachs anläßlich seines Welser Aufenthaltes auch Steyr besuchte. Erst im Jahre 1562 nennt uns Lorenz Wessel, ein Kürschner aus Essen, in einem zu Ehren der Steyrer Meistersinger gedichteten Liede, die zwölf Begründer des Meistergesanges in unserer Stadt, von denen allein zehn den eisenverarbeitenden Berufen angehörten. Im gleichen Jahre schrieb Wessel auch für die Steyrer Meistersinger das poetische Gesetzbuch, die Tabulatur^". Die Ratsprotokolle sowie einige Meistersinger-Liederhandschriften in den Bibliotheken von Göttweig, Wien, München und Dresden vermitteln uns die Namen und zum Teil auch die Dichtungen jener Handwerker, die in der Eifen- stadt ihrer „lieblichen Kunst" oblagen. Von den 34 Meistersingern, die sich in Steyr entweder dauernd oder nur vorübergehend aufhielten, seien hier nur erwähnt der Ahlschmied Severin Kriegsauer, der berühmteste Meistersinger Oesterreichs, der Nadler Peter Heiberger, bekannt durch zwei größere Liedersammlungen, der Messerer Lorenz Hagmair und der Bortenschlager Niklas Lindtwurm. In der einschlägigen Literatur wird als Versammlungsort für die feierlichen Singschulen^ neben der Spital- und Bruderhauskirche auch die Schulkirche (Dominikanerkirche) angesehen. Diese Vermutung mag für manche Singschulen zutreffen, doch wird in den Ratsprotokollen aus den Jahren 1599 und 1601 ausdrücklich die Abhaltung der Singschule im Rathaus erwähnt. In der damaligen Zeit fanden im Saal des Rathauses häufig Komödienaufführungen und Tanzveranstaltungen statt. Es dürften sich bei diesen Veranstaltungen der Meistersinger, die gewöhnlich um Ostern und Weihnachten durchgeführt wurden, auch manchmal Unzukömmlichkeiten zugetragen haben, da der Rat von jenen Meistern, die um 15
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