eheliche Geburt und der Nachweis ehrlicher Abstammung. Söhne fahrender Leute, von Quacksalbern, Spielleuten, Scharfrichtern und Abdeckern fanden niemals Eingang in die Zunft. Die Dauer der Lehrzeit betrug bei den meisten Berufen drei bis vier Jahre"", doch gab es auch Ausnahmen; so war bei den Steinmetzen eine fünfjährige Lehrzeit, bei den Goldschmieden um 1590 eine solche von sieben bis neun Jahren vorgeschrieben. Sie endete mit dem in feierlicher Weise durchgeführten Freispruch zum Gesellen und der Einhändigung des auf Pergament geschriebenen Lehrbriefes. Von den Gesellen oder Knechten verlangten die Zunftsatzungen bekanntlich eine mehrjährige Wanderzeit. Sie mußten in die Fremde ziehen, ehe sie das Meisterrecht erwerben konnten. In den fremden Herbergen fanden die Handwerksburschen gastliche Aufnahme, man ließ ihnen alle Unterstützung angedeihen. Wehe aber dem Gesellen, der wegen Unredlichkeit vom Handwerk gescholten oder aus diesem ausgeschlossen wurde. Er konnte seiner Bestrafung nicht entrinnen. Laufzettel eilten von Stadt zu Stadt, kein Meister nahm ihn in seine Werkstätte, er wurde „getrieben" von Ort zu Ort, bis er wieder redlich geworden war. Ein solcher Laufbrief, „Treibzettel" genannt, wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vom hiesigen Handwerk der Stuck- und Glockengießer ausgestellt: „Wir Meister und Gesellen in Steyr", so heißt es in diesem Schriftstück, „lassen Johann Alter von Nürnberg treiben und halten ihn nicht für gut, bis er bezahle die 2 Gulden 20 Kreuzer, welche er bei einem Wirt angesagt, und wir zwei Meister hievor gut gestanden." 1747 verbot der Landeshauptmann die „ärgerlichen Treibzettel", die er in einem Schreiben an das Steyrer Handwerk als „Handwerkspossen" bezeichnete"". Die väterliche Fürsorge des Meisters wurde nicht nur dem Lehrling, sondern nuch dem Gesellen zuteil. Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestand ursprünglich ein ideales familiäres Verhältnis, das jedoch zu bestehen aufhörte, als ein Großteil der Gesellen aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen das Meisterrecht nicht mehr erlangen konnte. Die Gesellen gründeten daher zur Sicherung ihrer Interessen eigene Standesorganisationen"'. In Steyr gab es, um nur einige zu nennen, die Zeche der Messerer-, Klingenschmiede-, der Tischler-, Metzger-, Schneider-, Zeug- und Leinwebergefellen und die Bruderschaft der Nadlergesellen"". Um angetanes Unrecht abzuwehren, griffen die Handwerksknechte auch zu schärferen Mitteln, sie verweigerten die Arbeit. Die Steyrer Klingenschmied-Ordnung mahnt die Gesellen, nicht aus Werktagen Feiertage zu machen. Falls sie von den Meistern ungerecht behandelt würden, mögen sie sich an die Fürmeister beziehungsweise an den Richter wenden"" Ab und zu wird auch über das ausgelassene Verhalten der Gesellen geklagt. Im Ratsprotokoll aus dem Jahre 1583 findet sich eine Beschwerde über das mutwillige Benehmen der Messerergesellen in Steyrdorf"', in jenem aus 1600 beanständet man die Kürschnergesellen, die mit Panzerhemden und Schwertern angetan, lärmend durch die Gassen der Stadt zogen"". Bei den Weißgerbern bestand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Brauch des „Abend-Ausfchenkens", wenn reisende Gesellen ankamen. Drei- bis viermal in der Woche zechten die Gesellen in der Herberge, was eine minderwertige Leistung in der Werkstatt und andere schlechte Handlungen zur Folge hatte. Auch in Deutschland war diese Sitte verbreitet, denn 1549 erkundigt sich der Breslauer Magistrat bei dem Steyrer Weißgerber-Handwerk, wie es in Oesterreich in dieser Hinsicht gehalten werde. Aber schon im folgenden Jahre wurde das Abend-Ausschenken durch eine kaiserliche Verordnung untersagt"". Die tägliche Arbeitszeit der Gesellen war nicht in allen Gewerben gleich. Im allgemeinen begann das Tagwerk schon recht zeitlich in der Früh und endete oft spät am Abend. Die Messerer und Hafner z. B. arbeiteten von 4 Uhr früh bis 7 Uhr abends, die Gürtler hingegen von 5 Uhr morgens bis 21 Uhr'". 9
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