F.L. Jahn und der Turnverein Steyr

Wenig später kann Kiderle den Mitgliedern der Jahnkneipe einen vollen Erfo lg melden: Nachdem sich die Generalversammlung mehrheitlich für den Arienparagrapben ausgesprochen hat, ist Dr. Julius Seid! als Vereinsvorstand zurückgetreten und er, Kider le, zu seinem Nachfolger gewäh lt worden. Aufgrund der vorhetTSchenden politischen Stimmung in der Eisenstadt bleibt die Satzungsänderung nicht ohne Folgen . Viele Vereinsangehörige sindn mit der Umstellung auf „vö lkische Grundsätze" nicht einverstanden und treten aus. Die Mitgliederzahl (nur ausübende Turner und unterstützende Mitglieder) sinkt von 230 im Vereinsjahr 1898/99 auf 123 im Vereinsjahr 1903/04, um dann bis 1909/10 wieder auf 180 anzusteigen. Eine gewisse Rolle für die Mitgliederentwicklung spie lt in all diesen Jahren allerdings auch die wirtschaftliche Lage der Stadt, insbesondere, ob die Waffenfabrik des JosefWerndl gerade Hochbetrieb hat oder das Geschäft eher flau ist. Eine weitere Folge ist die Spaltung der Turnerbewegung, wobei sich die beiden Teile jahrzehntelang auf das Heftigste befehden. Denn der gesamtdeutsche Dachverband Deutsche Turnerschaft (DTS) lehnt den radikalen (östen-eichischen) Antisemitismus ab und kann sich daher auch mit demA.rierparagraphen nicht anfreunden . Das verärgert die Mehrzahl der österreichischen Turnvereine so sehr, dass sie schließlich aus der großen deutschen Turnbewegung ausscheiden. Der Steyrer Verein sagt sich zusammen mit dem ganzen Turngau am 25. September 1904 vom Dachverband DTS los. Anlässlich des 25-jährigen Dienstjubiläums von Tw11lelu·erAugust Pichler bereitet der neue Vereinsvorstand Franz Kiderle diesem am 24. Mai 1900 im Kasinosaal e in großes Fest. Vereinsvertreter aus ganz Oberösterreich und Salzburg sind gekommen, ebenso der Lehrkörper der Steyrer Realschule unter Fülu-ui1g von Direktor Edmund Aelschker, und selbst der Bürgermeister der Stadt, Franz Redl, istr erschienen und überreicht dem Jubilar ein Ehrengeschenk. Nm fünf Jahre sind August Pichler dann noch vergönnt. Er stirbt am 8. August 1905, nachdem er bereits am 12. Jänner einen Schlaganfall erlitten hat. Seit 1869 ist er Mitglied, seit 1875 Turnlehrer, bald darauf Vereins- und Bezirksturnwart, schließlich von 1877 bis 1903 Gauturnwart. 42

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