F.L. Jahn und der Turnverein Steyr

Zur Gründungszeit der Urburschenschaft wird von den politisch wirksamen Jenenser Professoren ein selbstbewusster Patriotismus bürgerlicher Prägung gelehrt und vorgelebt. Der Deutsche Bund wird nicht als Lösung der nationalen Frage angesehen, sondern nur als Zwischenschritt zu einem künftigen Bundesstaat. DerAbsolutismus und alle damit verbundenen Methoden (z. B. Polizei- und Justi zwi llkür, Pressezensur, Berufsheer, Zollschranken) werden abgelehnt. Die Aufhebung der Leibeigenschaft wird begrüßt, das Geburts- und Standesvonecht des Adels abgelehnt, die aktive Mitbestimmung des Bürgertums im Rahmen einer Verfassung gefordert. Insbesondere wird das patriotische Turnwesen anerkannt und gepflegt, sowie den Volkstumsgedanken von Jahn und Arndt zugestimmt. So ergreift die Universität 1816 die Initiative zur Einrichtung des ersten Jenenser Turnplatzes und überträgt diesen in die Obhut der Burschenschaft. Damit war in Jena ein Prozess des Zusammenfließens von Studenten- und Turnbewegung abgeschlossen, der sich auch an anderen Universitäten vollzieht. Für die turnenden Burschenschafter prägt Jahn den Begriff „Burschenturner". Ein Kernanliegen der Burschenschafter ist es, das Studentenleben zu demokratisieren, das bisher gleich einem Spiegelbild des Absolutismus auf aristokratischen Prinzipien aufgebaut ist. Dazu gehört auch, dass die Burschenschaft den adeligen Studenten keine Vorrechte zubilligt. Das führt verschiedentlich zu harten Konfrontationen, doch spricht es für den fortschrittlichen Geist, dass viele adelige Burschenschafter sich noch im Verlauf ihrer Studienzeit zu Liberalen entwickeln. Einige verzichten als Studenten sogar auf ihr Adelsprädikat „von", darunter der spätere Präsident der Deutschen Nationalversammlung von 1848, Heinrich von Gagem. Der demokratische Wesenszug der Burschenschaft zeigt sich auch daran, dass nach dem Vorbild der Jahn'schen Turner das brüderliche ,,du" eingefülut wird, etwas völlig Neues im Studentenleben dieser Jalu-e. Sogar die Anrede „Genosse" wird von der Burschenschaft eingefülu1, um dem Gemeinschaftsbewusstsein Ausdruck zu verleihen. Auch die bisherigen Studententrachten werden verworfen und dafür Jahns ,,altdeutsche Tracht" eingeführt. 20

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