F.L. Jahn und der Turnverein Steyr

Gleichzeitig wächst die Gegnerschaft, die sieb zunächst nicht gegen die Turnerei, sondern nm gegen die Person Jahns richtet, der mit Beginn des Jahres 1817 „Vorträge über deutsches Volkstum" zu halten beginnt, in welchen er derb, heftig und ausfallend seine Unzufriedenheit mit den politischen und sozialen Verhältnissen zum Ausdruck bringt. Der zunehmende Druck der Restauration unter Führung von Österreichs Kanzler Metternich bedingt, dass das Turnen in Preußen schon Anfang 1819 unter königliche Aufsicht gestellt und der Turnplatz auf der Hasenheide gesperrt wird; im Jänner 1820 folgt das generelle Verbot. Im Zuge der „Demagogenve1folgung" wird Jahn im Juli 1819 verhaftet und bis 1925 eingesperrt. Am 15. März 1825 endet sein Prozess zwar mit einem Freispruch, doch wird ihm strengste politischeAbstinenz LU1d ein Aufenthalt abseits von Universitäten und Gymnasien auferlegt. Er zieht sich nach Freyburg an der Unstrut zurück, wo er bis 1840 unter Polizeiaufsicht steht und sich ganz dem Landleben und dem Bücherschreiben widmet (z. B. ,,Merke zum Deutschen Volkstum", Hildbmghausen 1833). Aufgrund seiner Verdienste im Befreiungskrieg wird Jahn 1814 von der preußischen Regierung ein Ehrensold zuerkannt, der ihm bis an sein Lebensende erhalten bleibt. (Die Gefahr der Aberkennung hat sicher dazu beigetragen, dass sich Jahn den 1825 über ihn verhängten Freiheitsbeschränkungen widerstandslos unterwirft.) Dieses gesicherte Einkommen ermöglicht es ihm, am 30. August 1814 seine langjährige Braut Helene Kollhof zu heiraten . Der Ehe entstammen drei Kinder, 1815, 1816 und 1817 geboren. Die beiden jüngeren, ein Mädchen und ein Knabe, sterben aber bereits 1819 nach der Verhaftung des Vaters . Der 1815 geborene Sohn Arnold Siegfried wandert schließlich, sehr zum Missfallen des Vaters , nach Amerika aus, wo es noch heute Nachfahren Jahns gibt. 1823 stirbt Helene, die ihrem Mann in die Festungshaft nach Kolberg gefolgt ist, und 1825 heiratet Jahn in zweiter Ehe Emilie Hentsch, die beste Freundin seiner ersten Frau. Im Hause Jahn herrscht stets große Gastfreundschaft, die trotz der persönlichen Bedürfnislosigkeit des Hausherrn immer wieder zu finanziellen Engpässen führt; zumal in dem großen Haushalt, dem beide Frauen nicht immer gewachsen sind, zeitweise auch die Mutter, später noch der kranke Bruder der zweiten Frau lebt. 13

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