F.L. Jahn und der Turnverein Steyr

Jahns Hauptverdienst besteht darin, das Turnen, dem er auch den vom lateinischen „tornare" (drechseln, runden) 4 l abgeleiteten Namen gegeben hat, volkstümlich und zu einem Erziehungsfaktor gemacht zu haben. Erwin Mehl5) kennzeichnet mit folgenden Worten, was das Jahn'sche Turnen ausmacht: ,, Dass dieses eine auf das Volk ausgerichtete Gemeinschaftserziehung ist, die neben dem rein leiblichen Inhalt auch einen mindestens ebenso starken geistig-sittlichen hat. " Ihren offiziellen Anfang nimmt die Turnbewegung mit der Eröffnung des Turnplatzes aufder Hasenheide im Frühjahr 1811, wobei Handwerkerkinder ebenso wie die Schüler des „Gymnasiums zum Grauen Kloster" und die Studenten der 1810 gegründeten Berliner Universität die ersten ausübenden Turner sind. Jahn wird in den ersten Jahren vor allem vorn Lehrer Karl Friedrich Friesen (1784 - 1813) unterstützt, der 1813 als Angehöriger des Lützow'schen Freikorps in den Ardem1en fällt. Auch der Lehrer Ernst Wilhelm Bernhard Eiselen (1792 - 1846) ist schon auf der Hasenheide dabei und kann als erster „Turnwa1t" der Geschichte bezeichnet werden. 1932 beginnt Eiselen mit dem Mädchenturnen. Jahn ist aber auch Pionier bei der Entwicklung von Turnübungen und Turngeräten. Der Banen und das Reck gehen direkt auf ihn zurück. Neben dem Gerätturnen stehen , schon wegen der zunächst vorherrschenden Freiluftanlagen, gleichberechtigt die Leichtathletik (Hoch- und Weitsprung, Laufen, Klettern) und der Mannschaftssport (z. B. Tauziehen). Jahns Turnbegriff ist ein durchaus vielseitiger. In einem Vorbericht zur „Deutschen Turnkunst" kündigt er ein späteres, größeres Werk über das Turnen an, das auch „Fechten, Schwimmen, Reiten, Tanzen, die Kriegsübungen für die Jugend, Kopfübern oder Luftspringen und das Schlittschuhlaufen" enthalten soll. Zur turnerischen Lebensform gehört auch eine einfache und gesundheitsbewusste Lebensführung sowie die Überwindung der zu jener Zeit noch außerordentlich stark betonten Standes- und Rangunterschiede. Am Tw-nplatz heITScht uneingeschränkt das b1üderliche „du" als Ausdruck jenes Zusammengehörigkeitsgefühls, aus dem schließlich die Einigung aller Deutschen in einem Reich e1wachsen sollte. Bevorzugte Kleidung ist die „altdeutsche Tracht" , die aus einem schlichten schwarzen Rock mit offenem weißem Halskragen besteht. 9

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