Der Kriegsverbrecherprozeß gegen Otto Perkounig vor dem Volksgericht Innsbruck im Jahre 1953

73 Werke mieteten von dieser ihre Arbeiterinnen und Arbeiter. Durch die Arbeit in der Fabrik überlebten sie den Holocaust in Radom nur deshalb, weil sie sich als qualifizierte oder als schnell ausgebildete und angelernte Arbeiterinnen und Arbeiter bei der SDP unentbehrlich machen konnten und weil es ihnen gelang, die täglichen Gewalttätigkeiten im Werk und im Lager zu ertragen und vor allem zu überleben. Ein „kleine Häuflein Steyr-Leute“253 leitete die Gewehrfabrik von der Übernahme 1939 bis zur Räumung der Fabrik im Jahre 1944. Sie bildeten die kleine Facharbeiterinnen- und Facharbeiterstammbelegschaft, der eine minderqualifizierte, zumeist zwangsverpflichtete Belegschaft von ungelernten Arbeiterinnen und Arbeitern gegenüber. Die Facharbeiterschaft, „der nun eine große Zahl von ungelernten Arbeitskräften unterstand, bekam gegenüber dieser zunehmend Kontroll- und Führungsaufgaben und erlebte so eine Statusaufwertung. "254 So ließen sich die Werkmeister von den polnischen und jüdischen Beschäftigten beispielsweise nicht als Meister, oder Werkmeister, sondern als Kommissare ansprechen. Otto Perkounig war einer dieser „Kommissare“ Bei Otto Perkounig, der auf Grund seiner "Rauheit"255 von Steyr nach Radom versetzt wurde, handelte es sich um keinen der österreichischen „prominenten“ Naziverbrecher, sondern einen, der das Vernichtungssystem mittrug, es erst ermöglichte. Er erlernte ein Handwerk, meldete sich während der Zeit des Austrofaschismus zum Bundesheer und wurde auf Grund der angelaufenen Kriegswirtschaft und dem damit verbundenen erhöhten Arbeitskräftebedarfs von den Steyr-Werken zuerst u.k., dann wieder angestellt. In seiner Funktion als Werkmeister wurde er von Steyr nach Radom versetzt, wo er das nationalsozialistische Normensystem, „das auf Unterordnung, Anpassungsbereitschaft und Leistungserfüllung ausgerichtet war“256, erfüllte. Leistungsunfähige galt es auszumerzen. Darum erstellte Perkounig eine Liste, auf der all jene vermerkt wurden, die ihr Arbeitspensum entweder nicht erfüllen konnten oder die auf Grund einer Erkrankung nicht 253 Sechs dieses „Häufleins“ erhielten für ihre Verdienste um die polnische Gewehrfabrik das Kriegsverdienstkreuz. „Steyr im Osten“, Werkruf, 5. Jg., Folge 1/2, 1942, 254 Perz, Projekt Quarz, S 65. 255 Zeugenaussage Hütter, 4.11.1952, Verfahren Perkounig, TLA LG Ibk, 10 Vr 257/53. 256 Wysocki Gerd, Arbeit, Sozialpolitik und staatspolizeiliche Repression bei den Reichswerken "Hermann Göring" in: Kaienburg (Hg ), Konzentrationslager, S 122.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2