64 Nationalsozialistengesetz 224 Darunter waren die Betätigung in SS, SA sowie jede Betätigung im nationalsozialistischen Sinne zu verstehen. Die Grundlage für die eigentlichen NS-Prozesse in Österreich bildete das Verfassungsgesetz von 26. Juni 1945 über Kriegsverbrechen. § 1 Abs. 1 und 2 des Kriegsverbrechergesetzes (KVG) betrafen kriegsbedingte Verbrechen, § 2 Kriegshetze, § 3 Quälereien und Mißhandlungen, § 4 Verletzungen der Menschlichkeit und Menschenwürde, § 5 Vertreibung aus der Heimat, § 6 mißbräuchliche Bereicherung, § 7 Denunziation und § 8 Hochverrat am österreichischen Volk. Von den 13.607 gefällten Urteilen wurden 4.559 mit Freiheitsstrafen unter einem Jahr, 8.326 Urteile mit Freiheitsstrafen von einem bis fünf Jahre, 381 mit Freiheitsstrafen von fünf bis zehn Jahren und 269 Urteile mit Freiheitsstrafen von zehn bis zwanzig Jahren geahndet. Lebenslange Freiheitsstrafen wurden lediglich in 29 Fällen und Todesstrafen in 43 Fällen verhängt. Tatsächlich wurden 30 Todesurteile vollstreckt. Die Verfahren wurden an den Volksgerichten verhandelt. Sie entschieden in erster und letzter Instanz, ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung war nicht vorgesehen. 1947 kam es bereits zur Einstellung der Verfahren wegen Verstöße gegen das Verbotsgesetz auf Grund eines Bundesverfassungsgesetzes vom 14. März 1947, demzufolge die Bestimmungen des Nationalsozialistengesetzes abgeändert oder aufgehoben worden waren. Als Folge dieses „NS- Amnestie-Gesetzes“ wurden die Straffegistereintragungen bereits Verurteilter gelöscht, Begnadigungen ausgesprochen und Verfahren eingestellt. 1949 sahen sich hunderttausende „Minderbelastete" wieder im Vollbesitz ihrer politischen Rechte und die Großparteien, ÖVP und SPÖ, kämpften um ihre Stimmen. „ (...) die Entnazifizierer von gestern waren nun die Werber von heute. "225 Bis 1948 wurden knappe 80 % der Kriegsverbrecherprozesse beendet, 10.694 Personen verurteilt. Nach 1948 wurde kein Kriegsverbrecherprozeß mehr mit dem Todesurteil beendet und nur mehr sechs Verurteilungen endeten mit lebenslänglichem Kerker. Der Leiter des „Historischen Institutes für Erforschung der Nazi-Kriegsverbrechen“, Tobias 224 Vig. Grabitz, Die Verfolgug von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik Deutschland, der DDR und Österreich, in: Steininger (Hg ), Der Umgang mit dem Holocaust, S 216. 225 pelinka, Der Verdrängte Bürgerkrieg, in: Das Große Tabu, Österreichs Umgang mit seiner Vergangenheit, Pelinka, Weinzierl (Hg), S 146.
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