Der Kriegsverbrecherprozeß gegen Otto Perkounig vor dem Volksgericht Innsbruck im Jahre 1953

60 Frauen, die diese Erniedrigungen nicht mehr ertragen konnten, versuchten aus der Schmiede zu flüchten. Aber außer nicht zur Arbeit zu erscheinen, blieb ihnen kein Mittel, vor Müller zu flüchten. Verblieb eine Frau am Schlafplatz, suchte sie Müller dort auf und schlug sie grausam mit der Peitsche.206 Die Frauen waren ihm hilflos ausgeliefert. Auch Hilfeversuche jüdischer Männer blieben erfolglos. In der Vernehmung zur Hauptverhandlung gegen Perkounig führte der Werkschutzmann Guschelbauer auf die Frage, warum die Erschießung des Arbeiters Bernstein durch Müller nicht weiter verfolgt wurde, an: „Man stand damals schon auf dem Standpunkt, daß die Juden nicht Menschen in dem Sinne sind, daß sie berechtigt wären, eine Anzeige zu erstatten. "207 Die österreichischen Kommissare, wie sie sich von den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern bezeichnen ließen, wußten, daß sie von niemanden für ihr Verhalten gegenüber den Häftlingen zur Verantwortung gezogen werden würden. Darum konnte Müller den Frauen gegenüber auch behaupten, daß er mit ihnen „alles tun (darß, was er wiir2Q\ 5. Auflösung des Zwangsarbeitslagers Im Frühjahr 1944 verschlechterte sich die Situation der Wehrmacht an der Ostfront zusehends, denn den russischen Truppen gelang ein immer weiteres Vorrücken gegen Westen. Die Waffenfabrik und das Zwangsarbeitslager der SDP wurden aus diesem Grund geschlossen. Am 23.7.1944 wurden „1800 jüdische Arbeitskräfte der Steyr-Daimler- Puch AG Werk Radom nach Auschwitz "209 abkommandiert, wie das Kriegstagebuch nüchtern vermerkte. Die Häftlinge des Zwangsarbeitslagers mußten unter der Bewachung 206 Zeugenaussage Frydmann Bela, 13.5.1947, Verfahren Perkounig, TLA, LG Ibk, 10 VR 257/53. 207 Zeugenaussage Guschelbauer Edmund, 8.7.1953, Verfahren Perkounig, TLA, LG Ibk, 10 Vr 257/53. 208 Zeugenaussage Chlebowska-Stern Estera, 2.3.1947, Verfahren Perkounig, TLA, LG Ibk, 10 Vr 257/53. 209 KTB Rüko Radom, 23.7.1944, T 77/619/1807682.

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