Der Kriegsverbrecherprozeß gegen Otto Perkounig vor dem Volksgericht Innsbruck im Jahre 1953

38 Vor der Okkupation lebten in der Stadt Radom selbst 32.000 jüdische Menschen, das entsprach einem Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner. Im April 1941 wurden in Radom zwei Ghettos für die jüdische Bevölkerung errichtet.106 Die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner mußten sich auf Befehl der SS in zwei Wohnbezirke der Stadt begeben, die mittels Stacheldrahtzaun von den übrigen Wohnvierteln abgezäunt wurden. Es entstand ein zahlenmäßig größeres Ghetto an der Wallowa Straße, die in der Innenstadt von Radom lag. Hier mußten etwa 27.000 Menschen wohnen. Das zahlenmäßig kleinere Ghetto lag im Radomer Vorort Glinice und die Bewohnerzahl betrug 5.000. Entsprechend ihrer Bewohnerzahl wurde der Wohnbezirk Glinice als „kleines Ghetto“ und der Wohnbezirk in der Innenstadt als „großes Ghetto“ bezeichnet. Die Ghettos wurden bewacht, kontrolliert und konnten nur mit Ausweisen und unter Bewachung verlassen werden. Wer die Sperrzone ohne Passierschein verlassen wollte, wurde sofort erschossen.107 Das Ghetto durfte nur mehr zum Zweck der Arbeit verlassen werden. Bereits am 26.10.1939 war eine Verordnung über die Einführung des Arbeitszwanges für die jüdische Bevölkerung ergangen. Derzufolge mußten sie Kohlen tragen oder auch an Projekten, wie der Trockenlegung von Sümpfen, mitarbeiten. Zum Teil wurden sie aber auch für persönliche Arbeiten von SS-Männern herangezogen. In Radom ließ sich der SS- Mann Blum von jüdischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern eine Kegelbahn und einen Garten anlegen.108 Die Lebensbedingungen der jüdischen Bevölkerung in den Ghettos war von der täglichen Angst geprägt, zu der Gruppe zu gehören, die deportiert werden sollte oder bei den immer wieder stattfindenen Massentötungen der SS getötet zu werden. Öfters kam ein 10 bis 15 Männer umfassendes Erschießungskommando in das große Ghetto. Auf der Suche nach arbeitsfähigen jüdischen Menschen schrien sie „Alles Raus!“. Wer von diesem 106 Krausnick, Judenverfolgung, in: Anatomie des SS-Staates von Buchheim, Broszat, Jacobsen und Krausnick (Hg.), S 608. 107 Zeugenaussage Matz David, 13.8.1947, Verfahren Perkounig, TLA, LG Ibk, 10 Vr 257/53. 108 Zeugenaussage Baum Charles, 7.2.1968, Verfahren Weinrich, 147 Js 3 8/65, TLA, LG Ibk, 10 Vr 257/53.

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