Der Kriegsverbrecherprozeß gegen Otto Perkounig vor dem Volksgericht Innsbruck im Jahre 1953

36 Nationalitäten beispielsweise verboten, die Arbeitspausen zusammen in einem Raum zu verbringen oder gleichzeitig den Friseur oder die Badeanstalt zu benutzen.100 Aus diesem Grund aßen die österreichischen Angestellten zusammen mit den (Volks)Deutschen in ihrer eigenen Kantine, getrennt von der polnischen Belegschaft des Werkes. Auch die „Kameradschaftsabende" fanden ohne die polnischen Beschäftigten statt. Während die polnischen Arbeiterinnen und Arbeiter auf dem Fabriksgelände in jenen Wohnhäusern lebten, die bereits 1925 errichtet worden waren, wohnten die österreichischen und (volks)deutschen Werksangehörigen in zwei großen Wohnblocks, 150101 Schritte vom Werk entfernt, die „Kolonie" genannt wurden.102 Um den rassischen „Gefahren“ in Polen entsprechend begegnen zu können, war bei der Auswahl der österreichischen Angestellten nicht nur fachliche Kompetenz ausschlaggebend, sondern es wurde vor allem auf „charakterliche, physische und psychische Voraussetzungen,‘ geachtet, „um die Lasten, die das fremde Land, die fremden Menschen, die ferne Heimat und die fernen Angehörigen mit sich bringen, mit vorbildlicher Haltung zu tragen. "103 Die „vorbildliche Haltung“ der Österreicher zeigte sich in den fünf Jahren „Steyr im Osten“. Für die polnische Bevölkerung im Generalgouvernement gab es eine Arbeitspflicht, für die jüdische Bevölkerung einen Arbeitszwang. Die deutsche Kriegswirtschaft benötigte im Verlaufe des Krieges immer mehr Beschäftigte und die Naziführung begann aus diesem Grund über den Verbleib und die Beschäftigung der jüdischen Bevölkerung in der Rüstungsindustrie nachzudenken, wobei die Frage zunächst kontroversiell diskutiert wurde. Dabei war die Frage, ob die jüdische Bevölkerung vernichtet werden sollte, nie strittig, sondern ob sofort oder durch Arbeit die Vernichtung herbeizuführen wäre. Während die Industrievertreter immer mehr die Notwendigkeit der Beschäftigung von 100 Luczak, Polnische Arbeiter im nationalsozialistischen Deutschland während des Zweiten Weltkrieges. Entwicklung und Aufgaben der polnischen Forschung, in: Herbert (Hg.), Europa und der „Reichseinsatz“, S 100 ff. 101 Zeugenaussage Ing. Franz Janku, 26.4.1951, Verfahren Perkounig, TLA, LG Ibk, 10 Vr 257/53. 102 Zeugenaussage Perkounig Otto, 8.7.1953, Hauptverhandlung Perkounig, TLA, LG Ibk, 10 Vr 257/53. 103 Überblick des Dienststellenleiters über die in der Berichtszeit aufgetretenen wesentlichen Probleme, KTB Rüko Radom, O.D., T 77/619, Nr. 1807472.

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