T.A. 02895 und 03095

Wenn Johannes Ange rbauer seine individuell konzipierten und stets auf das Thema Gold bezogenen „Hand lungen " gestaltet und diese teilweise in ein Kunstumfeld integriert bzw. diese von einem Kunstumfeld integriert werden , so steht seine spezifische künstlerische Haltung für einen sozi alen Prozeß „Kunst" , der sich spätestens sei t den von Josef Beuys in dem Diktum „jeder Mensch ist ein Künstler" schl agwortartig zusammengefaßten Kunstkonzeptionen der 60er Jah re logisch fortführt. So wie Johannes Angerbauer sich und sei n Kunstwo ll en als abso lut soziale Kategorie defini ert , so definiert sich auch ein heute aktue lles Kunstschaffen primär über gesell schaftliche Handl ungen. Während Josef Beuys vor allem von den kreati ven Möglichkeiten in j edem Menschen gesprochen hat, vom Potent ial der Kunst , so beschäftigen sich aktuell e Erscheinungsformen der Kunst, so auch Johannes Angerbauer, nicht nur mit diesen Möglichkeiten, sondern gestalten se lbst sozial akt ive Prozesse , die - quasi automatisch und se lbstverständ li ch - jeden integrierten Menschen zum Künst ler machen . Kunst wird so zu einem Prozeß, zu einem strukturi erten Ablauf. 1111 konkreten Fall der Handlungen von Johannes Angerbauer ist jeder einze lne der vie len Menschen, di e über se ine go ldenen Schwellen gehen, zum künstlerischen Mitgesta lter geworden. Er hat se ine ganz persönliche Spur hinterlassen, die zusammen mit vielen anderen einen Gesamtprozeß von Gestaltwerdung marki ert. Am konzeptuell vorstrukturierten Ende eines so lchen Prozesses steht ein Werkergebnis. Angerbauer konzipi ert und rea li s iert also keine pure Aktionskunst bzw. Performances, sondern er verschränkt Akt ion und Werk zu einer gemeinsamen Erfahrungskategorie. Bewußt setzt sich der im Werk des Künstlers so dominante Aspekt der sozialen Plastik in Gegensatz zum Hauptthema dieses Werkes, dem Materi al Gold: Gold ist nach trad iti onell er Interpretati on das Auratische, das abso lut Wertvo ll e, das die Beständ igkeit des We rtes signa lisi ert, - bei Angerbauer wird es jedoch als fragile Schichtung zur Abnutzung freigegeben. Gold als abstrakte Basis unserer Marktwirtschaft , Gold als Symbol von Macht und damit Hauptzie lvorste llung unserer Gesellschaft wird als Erdmateria l vorgestel lt , als ei n zu transformierendes Gestaltungsmittel , das weder symbo li sch noch fakt isch einen Ewigkeitswert darstell t , sondern wie j edes El ement in verändernde Bewegungsabläufe eingebunden ist. Angerbauer durchbricht aber nicht nur radika l die traditionelle Auratisierung des Goldes, er gestaltet Gold zudem als eine Art Spiegelbild, das die Aufmerksamke it des Betrachters auf ihn se lbst zurückführt. Überdeutlich werden wir mit der Frage nach dem Gleichgewicht zwischen Wertnehmen und Wertgeben konfront iert , mit der Frage nach einem sozialen, materiellen, geistig energet ischen Ausgleich . Di e goldene, sich permanent verändernde „Spiegelschicht" konfrontiert Angerbauer mit Bildern und Texten , die zumeist geistesgeschi chtliche Bezüge zum Material Gold herste ll en . Stets werden diese Bild- und Textzitate als Frage formuli er t; zug leich als Hinwe is auf vielfach festzementierte Wer tungs- und Zuordnungsha ltungen. Johannes Angerbauer führt in se inem künstlerischen Werk auf höchst intelligente Weise vor, wie mit den Mitteln der aktuellen Kunst eine kr it ische Reflexion dieser Zementierungen erfolgen kann. Seine Kunst versteckt sich nicht - im Gegenteil -, sie defini ert sich nicht als von außen wirkender Beobachter, sondern als direkt in der Gesell schaft auf vielfältige Art und We ise wirkendes Bewegungselement der Reflex ion. Zugleich exemp lifi ziert er auf höchst markante Weise , wie die volle Konzentration auf ein Hauptthema in gleicher Weise die Kraft der Öffnung vorgeprägter ., An-Schauungen" auf ein weites Themenfeld ermöglichen kann. Peter Assmann 5

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