□ 31 □D beim Vermögenden gab es gegen Geld die Lösbarkeit einer verunglückten Ehe, beim Hermeren galt sie als ein Vergehen gegen den göttlichen Willen. Ist es nicht naheliegend, daß derartige Widersprüche den heller gewordenen Katholiken über den Ernit der geiftlichen Behauptungen über die Einsetzungen Chrifti Zweifel aufkommen lassen. So etwas sollte doch vermieden werden. Wenn man tatsächlich für Gleichheit ist, dann muß man dies wohl zu allererst dort betätigen, wo man selblt die Macht dazu hat, wie die Kirche in der Chefrage. Also wenn eine Hochadelige- oder Geldheirat gegen Lösegeld trennbar ist, dann muß auch für den Rermeren eine unglückliche Heirat ohne Lösegeld trennbar sein, denn es ist von Christus gewiß nicht anzu¬ nehmen, daß er die römisch-katholische Religion für Reiche und Arme ver¬ schieden eingerichtet habe. Genug an dem. Zweifellos ist es vom moralischen Standpunkte, den ja die Priefter in erster Linie zu berücksichtigen und zu verfechten haben, richtiger, daß den einmal gerichtlich Geschiedenen eine andere Verehelichung ermöglicht werde, statt daß man sie durch die sogenannte Trennung von Tisch und Bett geradezu zur Anbahnung oder Fortsetzung außerehelicher Verhältnisse drängt. Viel richtiger, als das Anklammern an wirklich für das Volk nicht günftig getroffene Einteilungen, erscheint es mir zweckmäßig, vernünftige, verbeifernde Renderungen vorzunehmen. Hat es einen Zweck, eine durch gerichtliche Scheidung als unhaltbar bezeichnete Ehe erzwungen weiterbestehen zu lassen und die geschiedenen Eheteile zu nötigen, ihr Glück — statt in einer rechtmäßigen neuen Ehe — in einem unmoralischen Konkubinate zu suchen? Wird dieses Verhältnis für etwa vorhandene Kinder erziehlicher wirken, als wenn sie unter die ernste Erziehung eines durch die neue Che legitimierten Ziehelternteiles kämen? ich denke „nein!“ Es erschiene wohl beiler und wichtiger, der Zertrümmerung von Ehen durch allmähliche Enffremdung der Eheteile funlichst entgegenzuarbeiten durch Schaffung eines in unserer Gesetzgebung bisher fehlenden Chegerichts¬ hofes, dessen Verhandlungen natürlich geheim sein müßten und der außer aus drei bis fünf Berufsrichtern, aus einem Ehebandsverteidiger und einem männlichen und weiblichen Loienrichter zu beftehen hätte. Zu letzteren wären gerichtsseits fallweise funlichlt aus dem sozialen Kreise der klägerischen Ehegatten stammende, ältere erfahrene Personen zu ernennen, welche durch ihre geordneten Eheverhältnisse, gute Kindererziehung und ordentliche Lebens¬ weise ein Ansehen genießen, die demnach eine gerechte und vernünftige Urteilsbildung gewärtigen ließen. Bisher war den Eheffandsteilen keine Gelegenheit geboten, hinsichtlich ihrer Eherechte Schutz und Rechtssprechung zu suchen und zu finden. Gar manche Ehe könnte gewiß gereftet werden, wenn sich einschleichenden Fehlern oder Mißachtung der übernommenen Ehepflichten beizeiten auf Klagen eines Eheteiles durch entsprechende Mahnungen, Verwarnungen und Strafen an den anderen Eheteil Abbruch getan würde, statt daß, wie bisher, das Gericht erft in Anspruch genommen wird, wenn die Entfremdung der Gatten schon zur Scheidungsklage vorgeschritten ilt. Trunksucht, Spiel, Vergeudung, ungenügende Wirtschaftsdotierung, schlechte Behandlung der Frau oder Kinder müssen der Frau, Verschwendungslucht, Mißwirtschaft, Unreinlichkeit, Un¬ ordnung, Verwahrlosung der Kinder müssen dem Manne, Untreue und schlechte Behandlung der Kinder beiden Eheteilen das Recht der Klageeinreichung und
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